Noch einmal eine andere Seite von Rossini: der Schöpfer der "ernsten" Oper. Mit dem 1816 entstandenen "Otello" (der sich von Verdis hochdramatisch-knappem Drama nicht nur stilistisch-musikalisch, sondern auch inhaltlich deutlich unterscheidet) als Gastspiel einer ursprünglich Züricher Produktion verabschiedete sich Cecilia Bartoli am Montag vom dritten Jahrgang ihrer Salzburger Pfingstfestspiele. Mit der Rolle der Desdemona zeigte die Primadonna, dass sie auch die zarten Töne lyrischer Verinnerlichung nicht nur wundersam beherrscht, sondern vor allem mit unnachahmlicher Innigkeit und fraulicher Wärme beseelt ("Lied von der Weide"). Die drei Tenorprotagonisten an ihrer Seite (John Osborn, Barry Banks, Edgardo Rocha) haben alle charakteristisches Material und beleben die umstandslos klar erzählte Inszenierung von Moshe Leiser und Patrice Caurier. Sehr gewöhnungsbedürftig war das trockene, im Großen Festspielhaus nachgerade dürr wirkende Spiel des Ensemble Matheus unter Jean-Christophe Spinosi. Da hätte man sich entschieden mehr Saft und auch steigerbares Brio gewünscht.
Wie auch immer: Die Pfingstfestspiele waren auch am letzten Tag ein bejubelter und vom Publikum gestürmter Erfolg. Die Bilanz: mehr als 14.000 Besucher an fünf Tagen, Platzauslastung: 96 Prozent. Cecilia Bartoli ist auch ein Kassenmagnet.