„Feuersnot“: Strauss' Rache an München

Feuersnot
Feuersnot(c) Volksoper - Barbara Palffy
  • Drucken

Oper. Mit einer konzertanten „Feuersnot“ ist der Wiener Volksoper ein höchst hörenswerter Beitrag zum Richard-Strauss-Jahr gelungen. Hintergrund des unterhaltsamen Einakters: Der Komponist war böse auf die Münchner.

„Da fiel mir die flämische Sage ,Das erloschene Feuer von Audenarde‘ in die Hand und gab mir die Idee, ein kleines Intermezzo gegen das Theater zu schreiben, mit persönlichen Motiven und kleiner Rache an der lieben Vaterstadt, wo, wie vor dreißig Jahren der große Richard I., nunmehr auch der kleine Richard III. (einen ,Zweiten‘ gibt es nicht, das hat Hans von Bülow einmal gesagt) so wenig erfreuliche Erfahrungen gemacht hatte“, erinnerte sich Richard Strauss an seine zweite Oper „Feuersnot“.

Die Schmach saß tief über den Misserfolg, den „Guntram“, der stark wagnernde Opernerstling, bei der Münchner Erstaufführung erlebt hatte. Nach einer Vorstellung wurde er abgesetzt. Als Strauss auch noch in der Nachfolge des Münchner Generalmusikdirektors übergangen wurde, verließ er 1898 die Vaterstadt Richtung Berlin.

Die Revanche folgte musikalisch. Im Satiriker Ernst von Wolzogen hatte er einen geeigneten Konspiranten für das „Feuersnot“-Libretto gefunden. Der Schauplatz wurde in die Sendlinger Gasse gelegt und der Text schwer bayerisch eingefärbt. Was Strauss bis Anfang 1901 dann vertonte, hat die Volksoper nun zu seinem Jubiläum in konzertanter Form gereicht. Ein Wagnis, denn der knapp zweistündige Einakter, ein „Singgedicht“, fordert alle Mitwirkenden gehörig. Zum einen die beiden Hauptpersonen: Kunrad, ein Außenseiter, der erst vor Kurzem in die Vaterstadt zurückgekehrt ist, in das Haus seines Lehrers Reichart, womit natürlich Wagner gemeint ist.

Licht aus in ganz München

Als er die Bürgermeistertochter Diemut übermütig am Sonnwendtag küsst, fühlt sich die bloßgestellt und sinnt auf Rache. Sie gibt vor, Kunrad zu erhören. In einem Korb soll er in ihr Zimmer gezogen werden, doch lässt sie ihn auf halbem Weg in der Luft hängen. Wütend löscht Kunrad alle Lichter der Stadt. Nur ein „heiß-jungfraulicher Leib“, der von Diemut, kann hier helfen. An ihm stillt Kunrad seine Liebesnot, an ihm entzündet sich wieder das Feuer der Münchner.

eIn der Volksoper hat man dafür das Orchester diesmal auf die Bühne transferiert und davor Platz für die zahlreichen Mitwirkenden, die auch in szenischen Andeutungen agieren, geschaffen. Das sorgt zwar für einen etwas dumpfen Orchesterklang, macht jedoch den Sängern das Leben leichter. Ein Glück jedenfalls für den wackeren Dietrich Henschel, der als Kunrad vor allem in der Höhe und der Tiefe an seine Grenzen gehen muss. Besonders, wenn Kunrad den Münchnern in seiner Brandrede die Leviten liest, in der auch direkt auf Wagner und Strauss angespielt wird.

Es bleibt bei Weitem nicht der einzige Verweis auf Wagner, von dem Strauss etwa aus „Ring“ und „Meistersingern“ gekonnt und lustvoll Zitate in seine Partitur einwirkte. Kein Wunder also, dass man bei den drei Gespielinnen (Birgid Steinberger, Elvira Soukop, Martina Mikelić) von Diemut, die Kristiane Kaiser mit schön dosierter dramatischer Leuchtkraft zu gestalten versteht, auch an die Rheintöchter denken darf. Rund um sie agiert ein sehr gutes Ensemble, liefert Roman Sadnik als Burgvogt eine besonders markante Charakterstudie ab, reüssiert auch der Chor.

Meisterhaft: Der Kinderchor

Ein Trumpf ist der Kinder- und Jugendchor der Volksoper, der von Lucio Golino einstudiert ein wahres Meisterstück abliefert. Bei Dirigent Hans Graf ist der Abend in allerbesten Händen, er spornt das Volksopernorchester zu einer ausgezeichneten Leistung an, hat hervorragend einstudiert und kann die finale orchestrale Vereinigung wunderbar steigern. An deren Klimax geht das Licht wieder an, die Feuersnot ist vorbei. Und das Wiener Strauss-Jahr hat einen sehr hörenswerten, unterhaltsamen Beitrag, der den Jubilar auf dem Weg zu seiner „Salome“ vorstellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.