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Von Selbstverwirklichung zur Selbstzerstörung Von
Thomas Molke /
Fotos von Martin Becker Bonnie (Abla Alaoui) und Clyde (Philipp Büttner) träumen von einer besseren Zukunft. Das Musical erzählt die Geschichte von Bonnie Parker und Clyde Barrow, dem berühmt-berüchtigten Gangsterpaar der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts, das zum Zeitpunkt der großen Weltwirtschaftskrise mit zahlreichen Raubüberfällen den südlichen Mittleren Westen der USA in Atem hielt und dem in der legendären Verfilmung mit Faye Dunaway und Warren Beatty ein Denkmal gesetzt wurde, das zwischen Bewunderung für den Freiheitsdrang und Entsetzen über die Skrupellosigkeit der beiden schwankt. Ausgehend von der verhängnisvollen letzten Autofahrt am 23. Mai 1934, als Bonnie und Clyde im Kugelhagel der Polizei den Tod fanden, wird das Leben der beiden in einer Rückblende gezeigt. Bonnie kommt als junges Mädchen nach dem Tod ihres Vaters in die ärmliche Gegend von West Dallas und arbeitet dort als Kellnerin, ohne dabei ihren Traum von einer Karriere als Schauspielerin und Dichterin aufzugeben. Clyde muss mit seinem Bruder Buck und seinen Eltern in die Barackensiedlung von West Dallas ziehen und will sich ebenfalls nicht mit einem Leben am Rand des Existenzminimums abfinden. Gemeinsam erkennen die beiden, dass sie ihren Traum von einer besseren Zukunft nicht mit legalen Mitteln erreichen können und ziehen bald raubend durch das von der wirtschaftlichen Depression in die Knie gezwungene Land. Dabei finden sie in der Bevölkerung zahlreiche Bewunderer, während die Ordnungshüter verzweifelt überlegen, wie sie die beiden stoppen können. Clydes Bruder Buck schließt sich gegen den Willen seiner Frau Blanche den beiden an, und macht mit ihnen fortan als Barrow-Gang das Land unsicher, bis er bei einem Angriff der Polizei erschossen und Blanche verhaftet wird. Danach ist es eine Frage der Zeit, bis der auf Bonnie und Clyde angesetzte Scharfschütze auch die beiden zur Strecke bringen wird. Blanche (Navina Heyne, links hinten) versteckt ihren Mann Buck (Udo Eickelmann, Mitte hinter der Zeitschrift) vor dem Sheriff (Ulrich Allroggen, links) und dem Deputy (Bernard Niemeyer, Mitte) (vorne links: Stella (Tina Haas), rechte Seite von links: Trish (Michaela Duhme) und Eleanor (Jessica Krüger)). Jens Göbel zeichnet in einer kurzweiligen Inszenierung die unterschiedlichen Lebensstationen des Paars nach. Auf der linken Bühnenseite ist dabei ein schicker schwarzer Wagen zu sehen, der Bonnie und Clyde häufig als Fluchtauto dient und in dem sie direkt zu Beginn des Stückes niedergeschossen werden. Julia Hattstein hat eine riesige Brücke mit zwei Bögen schräg über die Bühne gebaut. Durch die beiden Bögen werden mittels der Drehbühne die unterschiedlichen Spielorte hereingefahren, die mit wenigen Requisiten beispielsweise die Wohnungen von Bonnies Mutter oder von Buck und seiner Frau Blanche, den Friseursalon, in dem Blanche arbeitet, oder das Gefängnis, aus dem Clyde mit Bonnies Hilfe fliehen kann, andeuten. Zwischen den beiden Bögen befindet sich eine große Projektionsfläche an den Stützen der Brücke, für die Konrad Kästner beeindruckende Bilder für die Treffen im Wald oder die heimlich gefilmten Besuche von Bonnie und Clyde bei ihren Familien nach ihrer Flucht findet. Für die Kirchenszenen wird jeweils ein großes graues Kreuz auf die Bühne gefahren. Die Kostüme von Julia Hattstein fangen den Zeitgeist der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts glaubhaft ein. Bonnie (Abla Alaoui) besucht Clyde (Philipp Büttner) im Gefängnis. Musikalisch enthält das Stück einen trefflichen Stil-Mix aus Swing, Jazz, Balladen, Gospel, Country-Musik bis hin zu rockigen Tönen, wobei die einzelnen Nummern größtenteils sehr eingängig sind. Zu erwähnen ist hier die romantische Nummer "Nur ein Tanz", wenn Bonnie und Clyde das erste Mal aufeinander treffen und Clyde, der gerade aus dem Gefängnis ausgebrochen ist, Bonnie überreden kann, ihn mit nach Hause zu nehmen. Bewegen können auch die Songs "Was gut genug für dich" und "Zu spät um umzukehr'n". Im ersten Song machen Bonnie und Clyde getrennt voneinander deutlich, dass sie sich mit dem Leben ihrer Eltern niemals zufrieden geben können und von einem anderen Leben träumen, wobei ihnen im zweiten Song dann schon klar wird, dass dieser Weg der Selbstverwirklichung über kurz oder lang in der Selbstzerstörung enden muss. Doch Bonnie tröstet sich mit dem Song "Sterben ist nicht so schwer". Rockige Töne schlägt Clyde an, wenn er erkennt, dass ihm der Weg in den Himmel sowieso verwehrt sein wird und er sich deswegen durch die Hölle schlagen will. Später nimmt er diesen Song mit seinem Bruder Buck erneut auf. Ein weiterer musikalischer Höhepunkt stellt das Duett zwischen Clyde und Ted dar, in dem beide der Meinung vertreten, für Bonnie die bessere Partie zu sein. Auch Bonnie und Blanche erhalten ein Duett, in dem sie trotz ihrer gegensätzlichen Lebensvorstellungen bekennen, bedingungslos zu ihrem Geliebten beziehungsweise Gatten zu stehen. Für Bonnie (Abla Alaoui) und Clyde (Philipp Büttner) gibt es nun kein Zurück mehr. Eher komischen Charakter hat der Song, in dem Blanche gemeinsam mit ihrer Arbeitskollegin Trish und den beiden Kundinnen Eleanor und Stella versucht, ihren Gatten Buck zu bewegen, seine Reststrafe im Gefängnis abzusitzen. Dabei wirken gerade Eleanor und Trish, deren Männer ebenfalls im Gefängnis sitzen, nicht gerade glaubwürdig, was ihre Treue den abwesenden Männern gegenüber betrifft. Dass Buck da ins Zweifeln kommt und von Blanches Vorschlag nicht begeistert ist, ist gut nachvollziehbar. Recht zynisch wirkt die Nummer "Made in America", in der die Amerikaner unter Anleitung des charismatischen Priesters der von der Weltwirtschaftskrise verursachten Armut trotzen. Das Selbstvertrauen, das hier an den Tag gelegt wird, zeichnet ein absolutes verkehrtes Bild vom American Dream. Da wundert es nicht, dass die gleichen Menschen kurz darauf Bonnie und Clyde beim Überfall einer Bank zujubeln. Was die Besetzung betrifft, hat man in Bielefeld ein hochkarätiges Musical-Ensemble zusammengestellt. Abla Alaoui und Philipp Büttner bilden optisch, darstellerisch und stimmlich als Bonnie und Clyde ein Traumpaar, das beim Publikum sicherlich mehr Sympathien genießt als es eigentlich aufgrund seiner Taten haben dürfte. Auch Navina Heyne und Udo Eickelmann harmonieren als Blanche und Buck wunderbar zusammen. Dabei überzeugt Heyne als gottesfürchtige Blanche, die bis zum Ende versucht, ihren Mann Buck auf den Weg der Tugend zurückzuführen, seine Entscheidung, sich der Gang anzuschließen, aber dennoch mitträgt und dafür am Ende ins Gefängnis geht. Michaela Duhme und Jessica Krüger glänzen als Friseuse Trish und Kundin Eleanor vor allem durch komödiantisches Spiel. Auch die weiteren Partien sind trefflich besetzt. Einziges kleines Manko ist, dass bei der Premiere die Aussteuerung der Headsets noch nicht optimal ist. Wenn parallel gesungen und gesprochen wird, ist nicht immer alles akustisch zu verstehen. Auch die Abstimmung mit dem Orchester könnte an einigen Stellen noch verbessert werden. William Ward Murta erweist sich erneut als Meister am Pult der Band, und auch der Chor unter der Leitung von Hagen Enke überzeugt durch große Spielfreude, so dass es am Ende lang anhaltenden Applaus und stehende Ovationen für alle Beteiligten gibt. FAZIT Dem Musical-Komponisten Frank Wildhorn könnte hierzulande durchaus etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das Theater Bielefeld hat erneut einen erfolgreichen Versuch unternommen, das Publikum für Wildhorns Musik zu begeistern.Ihre Meinung ? Schreiben Sie uns einen Leserbrief |
Produktionsteam Musikalische Leitung Inszenierung Bühne und Kostüme Video Choreographie Kampf-Choreographie Choreinstudierung Dramaturgie
Bielefelder Opernchor Statisterie Live-Band
Solisten*Premierenbesetzung Bonnie Parker Clyde Barrow Emma Parker, Bonnies Mutter Ted Hinton, Bonnies Jugendfreund Cumie Barrow, Clydes Mutter Henry Barrow, Clydes Vater Die junge Bonnie / Ensemble Der junge Clyde / Mann 2 / Richter / Priester Trish / Gouverneurin "Ma" Ferguson Eleanor / Frau Stella Sheriff Schmid Deputy Bud Russel /
Joe, Trishs Ehemann / Wache 2 / Mr. McGuire / Kunde / Kassierer /
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E-Mail: oper@omm.de
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