Wichtiger Augenblick: Der Stahlmanager (Renatus Mészár, re.) stellt der Mama aus Amerika (Sulie Girardi, li.) den Schwiegersohn (David Sitka, M.) vor, der Melody (2. v. re.), den Kopf verdreht hat.

Foto: Barbara Pálffy/Volksoper

Wien - "So kurz kann eine Oper gar nicht sein, dass sie nicht zu lang ist", poltert der Stahlmagnat Richtung Komponist. Trotz offensichtlicher Operntraumatisierung sucht er den sich zierenden Tonsetzer jedoch zu überreden, ein heiteres Alterswerk zu verfassen. Am Ende von Onkel Präsident sitzen beide wieder zusammen, etwas aber hat sich geändert: Der Wirtschaftsmensch rät davon ab, zur Opernfeder zu greifen. Der Komponist (klangvoll Walter Fink) jedoch hat längst zu schreiben begonnen.

Allein dieses Duo hätte ein reizvolles Werk ergeben. Es hätte sich mit dem Operngenre befasst, mit dem Schaffensprozess als solchem, der Kulturszene, ihren Mitspielern und womöglich mit dem Leben an sich. Es bleibt jedoch Rahmenhandlung, melancholisches Vor- und Nachspiel zur heiter-turbulenten Schilderung eines stressigen Tages im Leben des Wirtschaftszampanos.

Auch dieser ist in der Verarbeitung von Friedrich Cerha und Librettist Peter Wolf (er adaptierte das Bühnenstück Eins, zwei, drei von Ferenc Molnár) dann aber prall gefüllt mit Erhellungen von Mechanismen der Gesellschaft und deren Typen: Dem Manager ist die Tochter eines Geschäftspartners zur Obsorge anvertraut. Doch Melody (tolle Höhen Julia Koci) verliebt sich in den Fahrradboten Josef Powolny (solide David Sitka) und ist schwanger. In Windeseile muss aus dem Dreadlocks-Träger ein geschniegelter Ehekandidat werden - und der Stahlpräsident (glänzend Renatus Mészár) geht ans Werk: Er zieht alle Korruptionsregister, kauft Adelstitel und Senatorenwürde und implantiert Powolny ins Unternehmen, nachdem er den Generaldirektor (intensiv Marco Di Sapia) gefeuert hat. Auch willfährige Aufsichtsräte, ein werteelastischer Geistlicher und ein gieriger Adeliger (witzig Thomas Sigwald) sind Teil des grellen Spiels um die Erschaffung eines Karrierebluffs, dessen Genese Regisseur Josef Ernst Köpplinger (an dessen Staatstheaters am Gärtnerplatz wurde das Werk uraufgeführt) pointiert inszeniert.

Cerha (der Magnat will im Stück bei ihm um 6000 Euro telefonisch Musik bestellen) bedient sich eines textgerechten Parlandotons, der sich in Momenten des Amourösen zur lyrisch-kantablen Linienführung emporschwingt. Im Orchestralen vernimmt man quasi langsam vereisende Streichergesten ebenso wie ruppig-pointierte Bläserenergie wie auch perkussive Rufzeichen.

Nur kurz wird die Dramaturgie gebrochen: Da streitet der Stahlmanager mit dem Dirigenten oder fordert der Fahrradbote resolut seine Arie ein. Herrscht auf der Bühne Heiterkeit, ist der orchestrale Part - profund umgesetzt von Orchester und Dirigent Alfred Eschwé - allerdings frei von Blödeleien. Raffiniert verspielt ist sie aber doch, was man an den vielen harmonisch verfremdeten Zitaten entnehmen kann, die selbst vor der US-Hymne nicht haltmachen. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD, 13.10.2014)