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Händels "Xerxes" als bunter Barockklamauk in Graz

Das Kasperltheater zum Prinzip erhoben hat Stefan Herheim in seiner Inszenierung von Händels "Xerxes", die am Samstag in Graz Premiere hatte. Die Barockoper wurde zum Hintergrund für permanente Späße, die zwischen Derbheit und Ironie wechselten. Das Publikum hatte hörbar Spaß, die großteils hervorragenden musikalischen Leistungen gingen in den Heiterkeitsausbrüchen fast unter.

Händels "Xerxes" als bunter Barockklamauk in Graz
Händels "Xerxes" als bunter Barockklamauk in Graz

Wozu sich Gedanken über eine komplizierte Handlung rund um einen lang verblichenen Perserkönig machen, wozu eine logisch motivierte Personenführung erarbeiten, wenn ein Loch, das von einer Mini-Kanone in die Wand geschossen wird, für Szenenapplaus sorgt? Also ließ Stefan Herheim, der in Graz bereits mit "Carmen", "Rusalka" und "Manon Lescaut" bildgewaltige und erfolgreiche Inszenierungen gemacht hat, gleich alles weg, was den Spaß hätte vermindern können. Georg Friedrich Händels lange vergessenes Werk siedelte er in einem Barocktheater mit allerliebsten Kulissen und üppigen Kostümen an, die bunt und aufwendig ausstaffierte Truppe zeigte eine abstruse Liebesgeschichte.

Menschen, die Schafe spielen und dabei blöken, kommen bei den Zuschauern ebenso gut an wie vom Himmel geschossene Barockengel oder derbe Griffe jedweder Art. Konsequent ist Herheim allemal, und auch wenn man nicht so sehr mag, was passiert - es passiert immer im perfekten Einklang mit der Musik.

Genau die ist allerdings ein wenig das Stiefkind in dieser Barockshow, denn kaum eine Arie, die nicht von Gags unterbrochen wird und bei der es lärmend auf der Bühne rund geht. Und so singen die Sänger fast schon gegen sich selbst an, wenn sie nebenbei vom Publikum mit Begeisterung aufgenommenen Blödsinn machen müssen. Dabei ist das Orchester so hoch gelagert, dass viele Feinheiten hörbar werden, es ist ein Vergnügen, dem Grazer Philharmonischen Orchester unter der sorgfältigen Stabführung von Konrad Junghänel zuzuhören. Der zweite Teil ist etwas ruhiger - aber mit den Meeresszenen wirklich originell - und lenkt die Aufmerksamkeit stärker auf die musikalischen Leistungen.

Stephanie Houtzeel, früher Ensemblemitglied in Graz und seit Jahren an der Wiener Staatsoper, sang und spielte mit sprühender Energie den König Xerxes, der bei ihr zu einer Parodie mit strahlenden Tönen wurde. Ungemein warm und stark klang Dshamilja Kaiser als Arsamenes, sie begeisterte durch schöne Bögen und bruchlose Übergänge. Die selbstbewusste Romilda mit Hand zur Trotzigkeit war bei Margareta Klobucar gut aufgehoben, die neben Spitzentönen auch mit einer sagenhaften Mimik aufwartete. Tatjana Miyus verlieh der koketten Atalanta mit sauberen Spitzentönen Durchschlagskraft, und Xiaoyi Xu (Amastris) rundete das Damen-Quintett ansprechend ab. Den Männern waren an diesem Abend nur die Nebenrollen zugedacht, doch David McShane (Ariodates) als devoter Vater und Hagen Matzeit als ewig lustiger Crossdresser passten gut ins Gesamtbild.

Wenig ansprechend war die deutsche Übersetzung von Eberhard Schmidt, die mit wenigen Ausnahmen - einige Stellen blieben im italienischen Original - durchgehend verwendet wurde. Besucher, die vor allem unterhalten werden wollen, werden auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen.

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