„Der Zauberer von Oz“: Lustiges Hexensterben am Gürtel

FOTOPROBE VOLKSOPER: DER ZAUBERER VON OZ
FOTOPROBE VOLKSOPER: DER ZAUBERER VON OZ(c) APA/VOLKSOPER/BARBARA P�LFFY (BARBARA P�LFFY)
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Der Hollywood-All-Time-Klassiker „Der Zauberer von Oz“ sorgt in einer überzeugenden, kunterbunten Bühnenfassung für beste Musicallaune.

Die ganze Volksoper ist gerade auf der bösen Hexe des Ostens gelandet. Nur noch ihre Beine mit den roten Schuhen schauen aus dem Rasen vor dem Eingang in der Währinger Straße heraus. Auch drinnen, auf der Bühne, zerquetscht neuerdings das Häuschen von Dorothy bei seiner Landung in Munchkin City die Osthexe. Daraufhin darf das Mädchen aus Kansas die magischen roten Schuhe der Zauberin anziehen und sich, verfolgt von der bösen Hexe des Westens, ins Musicalvergnügen stürzen.

Vorweihnachtszeit bedeutet Kinderzeit in der Volksoper. Der traditionelle Klassiker dafür, Humperdincks „Hänsel und Gretel“, hat jetzt Konkurrenz bekommen. Aus Hollywood. Seit 1939 verzaubert die verfilmte Musicaladaption von L. Frank Baums Roman „The Wizard of Oz“, mit Text und Musik von Harold Arlen und E. Y. Harburg, ungebrochen, erst recht, wenn Judy Garland mit ihren Stoppellocken-Zöpfchen „Somewhere over the Rainbow“ trällert, um kurz darauf per Wirbelsturm dort hingeträumt zu werden. Mit ihrem Hund Toto begibt sie sich auf die Reise zum Zauberer von Oz, der sie wieder nach Kansas zurückbringen soll. Auf ihrem Weg trifft sie die Vogelscheuche, die sich ein Hirn statt Stroh wünscht, den Blechmann, der sich nach einem Herzen sehnt und den Löwen, dem der Mut fehlt. In der Volksoper hat man sich eine Bühnenfassung der Royal Shakespeare Company auf Deutsch zurechtgelegt. Henry Mason hat sehr geschickt und mit leichter Hand Regie geführt und Jan Meier sich eine fantasievoll bunte Ausstattung ausgedacht, die dezent jeglichem Musical-Kitsch ausweicht und mit allerlei Vorhängen und filmischen Mitteln raffiniert die fließende Verwandlung der vielen Schauplätze erlaubt.

Natürlich hat man sich am Film orientiert und dabei doch eine sehr eigenständige Bildsprache gefunden. Toto der Hund ist eine herzige, von einem Schauspieler (Daniel Jeroma) geführte Puppe, was schönen Effekt macht. Die Bühnenfassung erlaubt es auch, Szenen, wie den mitreißenden „Jitterbug“ (Choreografie: Francesc Abós), der aus dem Film herausgeschnitten wurde, zu zeigen.

Hausherr Meyer ist der Zauberer

Doch den Vogel schießen der Kinder- und Jugendchor der Volksoper ab (Einstudierung: Lucio Golino und Brigitte Lehr), deren Mitglieder als minierwachsene Bewohner von Munchkin mit ansteckender Begeisterung über die Bühne wirbeln und dazu so großartig singen und tanzen, dass man seinen Augen und Ohren nicht traut. Johanna Arrouas singt sich tapfer über den Regenbogen und darf noch etwas natürlicher und lockerer als kleine Dorothy werden.

Für Begeisterung sorgen Peter Lesiak als Vogelscheuche, Martin Bermoser als Löwe und Oliver Liebl als Blechmann. Christian Graf ist das giftgrüne Prachtexemplar von einer Hexe des Westens, während Regula Rosin als recht resche gute Hexe Glinda in ihrer Seifenblase vom Himmel schwebt. Hausherr Robert Meyer gönnt sich selbst den Auftritt als schnell entzauberter Zauberer, tapfer behütet von Wolfgang Gratschmaier als seinem Wächter. Lorenz C. Aichner sorgt gemeinsam mit Orchester und Chor für den rechten Schwung – und die Volksoper hat einen neuen Musicalhit für Jung bis Alt im Repertoire.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2014)

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