Lustvolles Versinken bei Richard Wagner

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Mit „Tristan und Isolde“ reicht die Staatsoper wirkungsvoll und teils neu besetzt berauschenden Liebestrank.

So sinkt sie also wieder hernieder, die Nacht der Liebe. Im Garten von König Markes Burg, der eher der Mole eines Industriehafens gleicht, glimmt die von einem gewaltigen Mast durchdrungene, metallene Baumkrone lüstern dazu auf.

Solche, aus stilisierten Deko-Teilen gezimmerte Symbolik der banaleren Art in David McVicars Staatsopern-Inszenierung hat es schwer gegen die Kraft von Wagners Musik. Gut so. Denn so kann man getrost auch das Seemannen-Ballett vergessen, das im ersten Aufzug musicalhübsch vor die sich unter Ächzen drehende Bootskarkasse mit Kurs Cornwall wirbelt. Erst recht die Martial-Art-Truppe, die im dritten Aufzug Kurwenal niedermetzelt. Bleibt Isolde, die mit einer monströsen Liebes- und Blutrot-Schleppe zu ihrem sterbenden Tristan über den Ärmelkanal in die Bretagne schippert.

Im Staatsopern-Alltag haben sich Mc Vicars das Werk nicht weiter erhellende Einfälle eingeschliffen. Die Personenführung besteht zumeist aus Rampenstehen. Die musikalische Seite überzeugt. Peter Schneider erweist sich als Garant dafür, dass der orchestrale Kurs aufs Herrlichste stimmt. Da herrscht ideales Einvernehmen zwischen dem Orchester und dem Dirigenten, wird auf die Sänger Rücksicht genommen, ohne dass es der Spannung einen Abbruch tut. Die Musiker im Graben spenden, abgesehen von einer gelegentlich etwas bockigen Oboe, weltmeisterlich berauschenden Wagner-Klang.

Kraftvoll und lyrisch: Peter Seiffert

Wie bereits bei der Premiere dieser Produktion beweist Peter Seiffert, dass er immer noch der Tristan der Gegenwart ist, in ungebrochen lyrischer Emphase gepaart mit mächtiger Tenorkraft und Kondition bis zum allerletzten Fieberschub. Erstmals reichte ihm Iréne Theorin den vermeintlich tödlichen Trank. Die Schwedin hinterlässt deutlich stärkeren Eindruck als in ihrer bisher einzigen Wiener Partie, der „Tannhäuser“-Venus. Neben kraftvoll leuchtenden Spitzentönen findet sie auch zu sehr zarten, manchmal beinahe zu leisen Zwischentönen, und zeichnet so ein überzeugend nuanciertes Bild der tragischen Heldin. Als ihre Magd Brangäne vertauscht Michelle Breedt, die für die erkrankte Petra Lang einsprang, solide den Todes- gegen den Liebestrank.

Nach etwas bellendem Beginn steigert sich Tomasz Konieczny bei seinem ersten Wiener Kurwenal zu intensiver Leistung, während der Marke von Albert Dohmen einen eher fahlen Eindruck hinterließ. Das sind aber marginale Einwände bei einem Abend, an dem es sich musikalisch trefflich im Wagner'schen Liebestrank „versinken, ertrinken“ ließ. (mus)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.