Dass Josef Köpplinger, der vormalige Intendant des Klagenfurter Stadttheaters, das sogenannte Singspiel "Im weißen Rössl" in seiner Eröffnungsinszenierung am Münchner Gärtnerplatztheater künstlerisch rehabilitiert hat, ist ein Irrtum: Es sollte doch ein Witz sein, dass ein österreichischer Intendant zu seinem Amtsantritt in Deutschland gerade dieses mit Powidl-Tatschkerln auf die österreichische Eigenständigkeit pochende Werk aus der Mottenkiste der Musikgeschichte geholt hat! Wenn danach die Grazer Oper und jetzt auch noch das Klagenfurter Stadttheater glauben, dieses Schnulzen-Arrangement lasse sich wirklich von den Toten auferwecken, ist das – sogar im Fasching – ein Missverständnis.

Von einem ehemaligen Assistenten Gerard Mortiers, der an diesem verstorbenen Theatermacher die Kompromisslosigkeit rühmt, darf man sich zum Glück bald wieder mehr erwarten. Die Spielplanabfolge sieht, eine Art Stress-Test für das Publikum, als nächstes die "Dialogues des Carmelites" von Francis Poulenc vor. Aber diesmal: Schon die Anzahl und das Format der Väter von Ralph Bernatzky über Robert Stolz bis Bruno Granichstaedten, Robert Gilbert und Hans Frankowsik deutet ja darauf hin, dass es dem "Weißen Rössl" von der Zeugung an hinten und vorne an Saft und Kraft gefehlt hat. Zu kläglich scheitert da Rezitativ um Rezitativ, die aneinander gestoppelten Schlager a la "Eine Kuh wie du" auch nur notdürftigst in einen Sinnzusammenhang zu bringen. Das Klagenfurter Programmheft verzichtet nicht zufällig auf jegliche Inhaltsangabe!

Dabei ist alles krampfhaft bemüht, komisch zu wirken. Den wunderbaren Kärntner Schauspieler Maximilian Achatz hat man noch selten so traurig outrieren gesehen wie hier als privatgelehrter Professor Hinzelmann. Tim Grobe (Fabrikant Giesecke) bleibt mitsamt dem Sessellift im Klischee des Preußen stecken und beschwert sich zurecht bei der Intendanz: "Scholz! Scholz! Hier ist alles nicht echt!" Harald Serafin, der so verdiente Künstler, spielt einen halb vertrottelten Kaiser, als würde er einer billigen TV-Serie nacheifern. Und bei aller Anstrengung von Christa Ratzenböck (Wirtin), Erwin Belakowitsch (Zahlkellner Leopold) oder Patrick Vogel (Rechtsanwalt Siedler) – alles bleibt leblos nachgestelltes Vintage. Und zu den punktuellen kabarettistischen Anstrengungen von Regisseur Aron Stiehl darf man vielleicht abschließend sagen: Kabarett will professionell gemacht sein, sonst sinkt man rasch noch unter das Niveau der weltweit gefürchteten ORF-Übertragungen vom Villacher Fasching. (Michael Cerha, DER STANDARD, 20.1.2015)