Regisseur Uwe Eric Laufenberg legt seine "Götterdämmerung" - anders als die stringenten vorangegangenen Teile des "Rings" - gleichsam als Schaukasten möglicher Inszenierungsschienen an. Der Walküren-Felsen ist ein kühles Designerloft und weist auf eine Verortung des Geschehens im Heute hin. Die Nornen sind im Archaischen angesiedelt, die Rheintöchter treten als billig gezeichnete Huren im trashigen Puff "Zum Rheingold" auf, während die Halle der Gibichungen im minimalistischen, zeitlosen Nichts gehalten ist. Und schließlich weisen ab und an Videoprojektionen die Möglichkeit einer technoiden Inszenierung im Stile von La Fura dels Baus auf.

Vieles weiß zu überzeugen, ist eine stimmige Deutung des Geschehens, vieles bleibt aber auch im Beliebigen stecken. Das Herausstellen der mannigfaltigen Möglichkeiten kann auch als Unfähigkeit, sich für einen Weg zu entscheiden, gelesen werden. Ähnlich variantenreich gestaltete sich dann auch der Umgang mit der Personenregie. Streckenweise fein ausgearbeitete Interaktionen zwischen den einzelnen Charakteren auf der Bühne wechselten sich mit althergebrachtem Stehtheater ab. Momente wie die Idee, Hagens gleichsam proletarische Herkunft im Kreise des dekadenten Gibichungen-Adels durch die stumme Ankunft seines Elternpaares samt kleinbürgerlichem Habitus und Jausensackerl als Sinnbild einzusetzen, zeugen aber von der Kreativität Laufenbergs, der im kommenden Jahr in Bayreuth den "Parsifal" inszenieren wird. Auch dass Siegfried während seiner Mission, Brünnhilde für seinen Blutsbruder Gunther zu entführen, die Walküre vergewaltigt, fügt dem dunklen Spiel eine stimmige weitere Ebene des Verrats hinzu.

Wie schon in der "Walküre" zeigte die Russin Elena Nebera als Brünnhilde mit warm-schellendem Sopran in den Höhen schöne Momente und offenbarte zugleich virulente Probleme mit der Tiefe ihrer Partie. Hier war meist kein Durchkommen gegen die Klangwand des Orchesters. Der schwedische Tenor Lars Cleveman bot eine solide Leistung, war aber nicht der Held auf der Bühne. Diese Rolle blieb diesesmal den tiefen Partien: Albert Pesendorfer zeigte als diabolischer Hagen seinen gewohnt monumentalen Bass, dem als Entdeckung des Abends Ensemblemitglied Seho Chang in der Rolle des Weicheis Gunther zur Seite stand.

Harte Kontraste gab es auch im Graben, wo Generalmusikdirektor Dennis Russell Davies sein Bruckner Orchester durch das Geschehen führte. Weiche Übergänge oder ein gewaltiges Klangamalgam sind seine Sache nicht. Stattdessen sucht er in einzelnen Sequenzen Transparenz und Durchsichtigkeit. Zugleich darf sich das Blech immer wieder in bester Heavy-Metal-Manier austoben und die überschaubar warmen Streicher deklassieren. Der Linzer "Ring" ist aus Stahl, nicht aus Weichgold.

Die "Ring"-Tetralogie gleich zu Beginn der Ära des neuen Musiktheaters auf die Bühne zu stellen war ein maßloses Unterfangen, aber ein Stahlbad, das sein musste. Mag der Linzer "Ring" in seiner Gesamtheit ob der unterschiedlichen Stoßrichtungen der Einzelteile nicht unbedingt eine runde Sache sein, hat das "Rheingold" in der Stahlstadt eine würdige Heimat gefunden - auch wenn Regisseur Laufenberg seine Inszenierung als Intendant des Wiesbadener Staatstheaters im kommenden Jahr nach Hessen mitnehmen wird.