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Musiktheater
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Heute Abend: Lola Blau

Musical für eine Schauspielerin
Musik und Text von Georg Kreisler

in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 2 h 15' (eine Pause)

Premiere im Kleinen Haus des Musiktheaters im Revier am 13. Februar 2015

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Musiktheater im Revier
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Unverstandene Künstlerin

Von Thomas Molke / Fotos von Pedro Malinowski


In den vergangenen Spielzeiten hat Christa Platzer vor allem als Edith Piaf im Kleinen Haus für ausverkaufte Vorstellungen gesorgt. Nachdem sie zunächst mit unverwechselbarem Timbre in dem Lieder-Abend Edith Piaf von Dirk Schattner das Leben des "kleinen Spatzes von Paris" hatte Revue passieren lassen, folgte mit Texten des Intendanten Michael Schulz ein weiteres Programm unter dem Titel Non je ne regrette rien, mit dem sie durch ganz Deutschland tourte. Nun steht sie als Lola Blau in einem weiteren Ein-Personen-Stück auf der Bühne des Kleinen Hauses und auch dieses Mal erklingt mit "Hymne à l'amour" ein Lied von der Piaf, wenn auch nur konzertant. Inszeniert wird Georg Kreislers wohl bekanntestes Musical von Sandra Wissmann, die bereits für Kreislers Adam Schaf hat Angst vor vier Spielzeiten verantwortlich zeichnete.

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Lola Blau (Christa Platzer) freut sich auf ihr erstes Engagement am Landestheater Linz.

Georg Kreisler verarbeitete in Heute Abend: Lola Blau seine eigene Biographie mit der Geschichte der fiktiven jüdischen Sängerin Lola Blau, die 1938 aufgrund der Annektierung Österreichs durch das nationalsozialistische Deutschland ihr Engagement am Landestheater Linz nicht antreten kann und über Basel nach Amerika emigrieren muss. Wie Lola musste auch Kreisler als Sohn eines jüdischen Rechtsanwalts in die USA emigrieren. Während Kreisler Karriere als Unterhalter in einem Nachtklub machte, wird Lola als frivoler Star vermarktet, so dass sie froh ist, als sich nach dem Krieg die Möglichkeit bietet, wieder nach Wien zurückzukehren. Doch resigniert muss sie erkennen, dass sich in den Köpfen der Menschen nicht allzu viel geändert hat und der Weg auf die große Theaterbühne ihr weiterhin versperrt bleibt. So verdingt sie sich in einem kleinen Cabaret am Stadtrand und lässt dort ihrem Frust über die Gesellschaft freien Lauf. Uraufgeführt wurde dieses Stück 1971 am Kleinen Theater Wien mit Kreislers damaliger Ehefrau Topsy Küppers, die sich nach der Trennung von Kreisler als Autorin des Werkes bezeichnete. Erst nach einem 14 Jahre andauernden Rechtsstreit konnte sich Kreisler schließlich vor dem Obersten Gerichtshof in Wien als rechtmäßiger Schöpfer des Werkes behaupten.

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In den USA muss sich Lola (Christa Platzer) mit frivolen Songs durchschlagen (am Klavier: Thomas Rimes).

Platzer bewegt sich mit darstellerischer Intensität durch die zahlreichen Lebensstationen der Titelfigur, wobei das Bühnenbild von Britta Tönne mit jeweils einem Klavier auf der rechten und linken Bühnenseite und einer Künstlergarderobe in der Mitte der Bühne, die aus einem Wandschirm, hinter dem Platzer als Lola blitzschnell ihre Kostüme wechselt, einem mondänen Doppelsessel und einem beleuchteten Spiegeltisch besteht, Lolas Leben für die Bühne beschreibt. Dabei gelingt es Platzer, die unterschiedlichen Facetten glaubhaft zu durchleuchten, was vor allem im unterschiedlichen Stil der Lieder zum Ausdruck kommt. So ist Lola zu Beginn des Abends noch absolut optimistisch mit Blick auf ihre Karriere, wenn sie mit "Im Theater ist was los" von dem Ruhm träumt, den die Bretter der Welt bedeuten. Am Anfang überwiegen Songs mit bissigem Humor, wenn sie in "Die Wahrheit vertragen sie nicht" den Frauen einen Rat über den erfolgreichen Umgang mit Männern gibt. Auch auf der Überfahrt nach Amerika lässt sie sich noch nicht unterkriegen, wenn sie für die reiche Gesellschaft auf dem Schiff die Aufgaben der Dame in der Politik als den "zweitältesten Frauenberuf" beschreibt oder "ein herrliches Weib" besingt, dass zwar nicht kochen, lesen, schreiben, denken, singen oder tanzen kann, dafür aber andere Qualitäten besitzt.

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Die frustrierte Lola (Christa Platzer) in Amerika

Erst in den USA scheinen ihre Träume zu platzen. Während sie sich mit mondäner Perücke in einem aufreizenden roten Kleid präsentiert und von "Sex" singt, spürt man schon, dass das nicht die Karriere ist, die Lola sich vorgestellt hat, und so bleibt ihr nichts anderes übrig, als ihren Frust im Alkohol zu ertränken. Nun folgen die melancholischen Lieder, wenn sie über die diversen Männer, die sie mit Blumen-Bouquets überhäufen nur noch bemerken kann "Der Herr ist mir fremd". Insgeheim trauert sie immer noch ihrem damaligen Geliebten Leo Glücksmann nach, wobei auch hier die Erinnerungen sehr bitter sind ("Ich hab' dich zu vergessen vergessen"). Wenn Lola dann nach dem Krieg einen Anruf von Leo erhält, der sie veranlasst, wieder nach Wien zurückzukehren, keimt noch einmal Hoffnung in ihr auf. Hier zeigt Platzer beeindruckend ihre ganze Wandlungsfähigkeit, wenn sie beim Vorsingen im Theater ihr ganzes künstlerisches Spektrum von Operndiva über wienerische Soubrette und Berliner Kaltschnauze bis hin zur ungarischen Fürstin zum Besten gibt. Doch damit kann sie den Theaterdirektor nicht überzeugen. Die Menschen haben sich nicht geändert, und es gibt immer noch die unverwüstliche "Frau Schmidt", die für den Nationalsozialismus zwar nicht direkt verantwortlich ist, ihn aber dennoch getragen hat und von antisemitischen Ressentiments geprägt ist. So bleibt ihr nur das kleine Cabaret am Stadtrand, wo sie ebenfalls vergeblich auf Leo wartet, weil er auf dem Weg dorthin in eine Schlägerei verwickelt worden ist. Der Abend schließt mit der bitteren Erkenntnis "Zu leise für mich", in der Lola attestiert, dass ein erfüllendes Leben auf der Bühne für sie nicht möglich gewesen ist.

Thomas Rimes präsentiert sich am Klavier als kongenialer Begleiter für Platzer, der die unterschiedlichen Stimmungen auch in der musikalischen Interpretation großartig herausarbeitet. Die diversen Personen, die Lola auf ihrem Weg begegnen, werden über Tonband eingespielt, um Lolas Isolation zu unterstreichen. Auch die Überfahrt nach Amerika wird mit Meeresrauschen und Möwengeräuschen nur eingespielt, wobei eine Wendeltreppe auf der linken Bühnenseite den Unterschied zwischen der feinen Gesellschaft auf dem oberen Deck und der zweiten oder dritten Klasse weiter unten gut zum Ausdruck bringt. Mark Pearson hat für Platzer als Lola treffende Kostüme entworfen, die ihre jeweilige Stimmung und Lebenssituation nachvollziehen lassen. Sandra Wissmann verzichtet in der Personenregie auf jedwede Mätzchen und erzählt einfach die Geschichte der Lola, so dass der Abend dank Platzers hervorragender Bühnenpräsenz und Rimes' musikalischer Begleitung vom Publikum mit großem Applaus belohnt wird.

FAZIT

Christa Platzer erweist sich für die Lola Blau als hervorragende Sängerdarstellerin und dürfte dem Kleinen Haus im MiR mit diesem Abend weitere ausverkaufte Vorstellungen bescheren.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Thomas Rimes

Inszenierung
Sandra Wissmann

Bühne
Britta Tönne

Kostüme
Mark Pearson

Choreographie
Daniela Günther

Licht
Patrick Fuchs

Dramaturgie
Anna Grundmeier


Solisten

Lola Blau
Christa Platzer

Der Pianist
Thomas Rimes

Toneinspielungen
Franziska Hackel
Mark Pearson
Philipp Werner

 


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