Paris, so wie es singt und lacht, ist diesmal keine Reise wert

Caroline Melzer als "Baronin von Gondermark" und Daniel Prohaska als "Raoul Gardefeu" Jacques Offenbachs "Pariser Leben" an der Volksoper in Wien.
Mit "Pariser Leben" von Offenbach passiert der Volksoper ein Malheur in leider vielerlei Hinsicht.

Ceci n’est pas une opérette" ("Das ist keine Operette") – so plakatiert es Regisseur Michiel Dijkema in seinem eigenen Bühnenbild. Und der niederländische Volksopern-Debütant hat recht. Mit Operette im klassischen Sinn hat das, was Dijkema bei Jacques Offenbachs "Pariser Leben" abliefert, nichts zu tun. Mit gutem, modernem Musiktheater allerdings auch nichts.

Misstrauen

Im Gegenteil: Im künstlerisch sonst meist so erfolgreichen Haus am Gürtel war ein Regisseur am Werk, der weder Offenbach noch das Operetten-Genre an sich ernst nimmt, der Musik und Text offenbar zutiefst misstraut.

Nicht ganz zu Unrecht, denn das 1866 in Paris uraufgeführte Werk rund um ein schwedisches Ehepaar, das in Paris nach amourösen Vergnügungen (allerdings getrennt) sucht, ist auch ein bisschen mit Patina (und brillanten Melodien) behaftet.

Doch Dijkema verlegt die ganze Chose in die heutige Zeit, will Sozialkritik üben, erkundet die Pariser Banlieues (Vororte), setzt auf Multikulti-Späßchen der Kategorie Bassena und degradiert alle Protagonisten zu peinlichen Abziehbildern ihrer selbst. Eine Personenführung? Kaum vorhanden. Eine Geschichte? Fast inexistent. Charme, Temperament, Sentiment, Esprit, Erotik? Nein! Hier regiert der plumpe Holzhammer. Auch in den (ungekürzten) Dialogen, die im nach oben offenen Dreh-Bühnenbild bereits rein akustisch zum Problem werden.

Szenenfotos der Operette

Paris, so wie es singt und lacht, ist diesmal keine Reise wert

ARCHIVBILD: FOTOPROBE "PARISER LEBEN"
Paris, so wie es singt und lacht, ist diesmal keine Reise wert

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Paris, so wie es singt und lacht, ist diesmal keine Reise wert

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Missverständnis

Ein trotz der poppig aufgemotzten Kostüme (Claudia Damm) und einer guten Choreografie (Bohdana Szivacz) untauglicher Versuch, Offenbach krampfhaft ins Heute zu ziehen. Ein Missverständnis.

Die musikalische Seite? Dirigent Sébastien Rouland müht sich am Pult des couragierten Orchesters redlich; zünden will das ganze Unternehmen dennoch selten.

Das aber liegt nicht an den Sängern, die alles geben. Kurt Schreibmayer etwa holt sich als schwedischer Baron von Gondermark alle Pointen, die ihm die Regie zubilligt und zeichnet einen echten " Operetten"-Charakter. Caroline Melzer bringt als dessen Frau sogar eine tragisch-liebende Note mit ein; ein Genuss ist Helga Papouschek als einer amourösen Affäre nicht abgeneigte Dame. Und auch Johanna Arrouas zeigt, was alles möglich wäre.

Weniger leicht haben es da Daniel Prohaska und Rasmus Borkowski, die als Pariser Dandys zu Opfern der Regie werden; souverän agiert Annely Peebo als Luxus-Callgirl. Auch vokal sehr erfreulich: Elisabeth Schwarz. Das übrige Ensemble (u. a.: Christian Drescher, Boris Pfeifer, Sulie Girardi, Karl-Michael Ebner) schlägt sich sehr tapfer. Insgesamt aber ein Flop.

In die Seine gesetzt

Werk Jacques Offenbachs „Pariser Leben“ wurde 1866 erfolgreich uraufgeführt und zählt zu den Klassikern des Operettenfachs.

Regie Krampfhaft heutig, ohne Esprit, Sentiment, Witz oder Charme. Ein einziges, großes Missverständnis.

Dirigat Bemüht, das Prickeln bleibt aus.

GesangKurt Schreibmayer führt ein Ensemble an, das sich zumeist gegen die Regie wehren muss.

KURIER-Wertung:

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