Kammeroper: Heiteres aus der Altwiener Voliere

(c) Theater an der Wien/Herwig Prammer
  • Drucken

Die Wiener Fassung von Gassmanns – zunächst in Venedig vertonter – Opera buffa „Gli uccellatori“ wurde aus der Versenkung geholt. Mit hübschem Erfolg.

Vögel fangen kann gefährlich sein. Sogar in einer Opera buffa. Dann nämlich, wenn gleich drei Frauen um die Gunst eines Vertreters dieses Berufsstandes buhlen und ein eifersüchtig gewordener Kavalier jemanden für einen Mord dingt. So passiert es in einem Opernlibretto von Carlo Goldoni, das Florian Leopold Gassmann erstmals 1759 für Venedig unter dem Titel „Gli uccellatori“ („Die Vogelfänger“) vertont hat. Die Kammeroper hat dem Werk in einer späteren Wiener Fassung jetzt neues Leben eingehaucht.

Gassmann wurde 1729 im heutigen Tschechien geboren, machte Karriere als Opernkomponist in Venedig, bevor er nach Wien kam. Bald genoss er hier die Gunst von Joseph II., der ihn 1772 sogar zum Hofkapellmeister ernannte. 1768 arbeitete er für Wien seinen früheren Buffa-Erfolg der „Uccellatori“ stark um. Er übernahm nur sieben Nummern aus der früheren Version, ließ sich einige Arientexte neu schreiben und bereicherte die Orchesterbesetzung um Oboen und Hörner.

Dass man in der Kammeroper diese spätere Version auf die Bühne bringen konnte, verdankt sich einem Projekt des Wiener Instituts für Musikwissenschaft: Es erforscht in die einstige Residenzstadt gebrachte Buffa-Opern von Komponisten wie Galuppi, Piccinni, Anfossi und Paisiello und rekonstruiert deren Wiener Bearbeitungen.

Man darf von einer gelungenen Ausgrabung berichten. Gewiss, diese „Vogelfänger“ sind keine sensationelle Wiederentdeckung, der qualitative Abstand zu wenige Jahre später entstandenen Meisterwerken von Mozart und selbst zu den Opern Haydns ist beträchtlich. Sie sind ein leichter Spaß, der musikalisch kurzweilig zwischen barocker Vergangenheit und klassischer Zukunft pendelt, gekonnt, aber nicht weiter nachhaltig in seinen Erfindungen. Ein herzlicher Schwank um die Liebe, um Verwechslungen, Irrungen und auch Verkleidungen, wenn etwa Kammermädchen, als Richter und Notar verkleidet, Mozarts Despina zuvorkommen.

Zickenkrieg der Mädchen vom Lande

Stefan Gottfried leitet dafür am Pult und am Cembalo das animiert folgende Bach Consort Wien hervorragend, mit viel Geschmack, Sicherheit und schöner Vitalität. Auch stimmlich findet sich das junge Ensemble blendend in der entstaubten Partitur zurecht: Nobel- wendigen Sopranglanz verbreitet die Contessa von Viktorija Bakan, während ihr Kammermädchen, Roccolina, dank Natalia Kawalek feinen dunklen Mezzoklang in die Schlacht um den von allen geliebten Vogelfänger Cecco wirft. Das führt zum Zickenkrieg mit dem anderen Mädchen vom Lande, Mariannina, die Frederikke Kampmann mit höhensicherer Koketterie gibt. Tobias Greenhalgh führt als Cecco dank seines geschmeidigen Baritons am Ende doch noch die Richtige zum Altar. Genauso wie sein Kollege Toniolo, den Julian Henao Gonzalez mit rund-properem Spieltenor singt, und der sein kernig lyrisches Tenormaterial erfolgreich einsetzende Vladimir Dmitruk als verklemmter Marchese. Nur Pierotto, den der Bass Christoph Seidl etwas zu druckvoll und eng führt, bleibt am Ende allein. Als Sinnbild der immer wieder aus Libretto und Orchester hervorschwirrenden Vögel tänzelt der ausdrucksstarke Martin Dvořák den Abend lang durch die Handlung.

Regisseurin Jean Renshaw gelingt es, das weitgehend geschmackssicher, in guter Balance zwischen flotter Aktion und poetischen Ruhepolen in Szene zu setzen. Christof Cremer hat die praktikable Bühne in dezentes Barock getaucht, dafür mit den etwas schrilleren Kostümen entsprechend aufgepeppt, womit ein altes Stück Wiener Heiterkeit unter großer Zustimmung ins Heute gebracht wäre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.