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Klangmischung

Traumhafte Klangmischungen

Kultur / Lesedauer: 3 min

Osterfestspiele in Baden-Baden: Simon Rattle und die Berliner Philharmoniker begeistern mit Opern von Hector Berlioz und Richard Strauss
Veröffentlicht:31.03.2015, 19:07

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Schon die Römer wussten den Ort am Westrand des Nordschwarzwalds wegen seiner heißen Thermalquellen zu schätzen. Im 19. Jahrhundert mauserte sich Baden-Baden zum mondänen Treffpunkt. Auch der französische Komponist Hector Berlioz hat hier oft eigene Werke dirigiert. Bei seinem ersten Auftritt hatte er 1853 die ersten beiden Teile seiner konzertanten Oper „La Damnation de Faust “ im Gepäck. Jetzt steht das Stück dort auf dem Programm der Osterfestspiele.

Zum dritten Mal gastieren die Berliner Philharmoniker als Hausorchester des Festivals in Baden-Baden. Neben szenischen Aufführungen der Oper „Der Rosenkavalier“ von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal leitet Sir Simon Rattle auch die konzertante Version von Berlioz’ Vertonung des Faust-Stoffs. Bei den Premieren beider Werke im Festspielhaus wurden die Interpreten enthusiastisch gefeiert.

„Fausts Verdammnis“ von Berlioz ist ein merkwürdig zwischen Oper und Vokalsinfonik angesiedeltes Stück. Der Komponist hat seine Goethe-Adaption als „Dramatische Legende in vier Teilen“ bezeichnet und offengelassen, ob sie konzertant oder szenisch gedacht sei. Zu seinen Lebzeiten gab es „nur“ konzertante Aufführungen. Szenen- und Spielanweisungen in der Partitur rechtfertigen jedoch die Annahme, dass es sich dabei um Kompromisslösungen gehandelt hat. Letztlich war Berlioz mit der Konzeption des Stücks als Soundtrack für einen imaginären Film seiner Zeit voraus.

In diesem Sinne bleibt die Szene der Fantasie des Publikums überlassen. Die von der Partitur geforderte Riesenbesetzung nimmt ohnehin die komplette Bühne in Anspruch. Die Berliner Philharmoniker füllen die ganze vordere Hälfte, links flankiert von vier (!) Harfen, rechts von acht Kontrabässen. Zum brillant singenden Staatsopernchor Stuttgart (Einstudierung: Johannes Knecht) gesellen sich die Herren vom Philharmonia-Chor Wien, der auch beim „Rosenkavalier“ im Einsatz ist. Beim „Faust“-Finale kommt noch der Kinderchor der Oper Stuttgart hinzu.

Regisseur des Kopfkinos

Das Kommando über dieses mächtige Musikeraufgebot führt Simon Rattle. Als umsichtiger Regisseur des grandiosen Kopfkinos von Berlioz behält er souverän die Fäden in den Händen. Die Berliner Philharmoniker folgen ihm exakt. Perfekte Synchronität bei rasanten Pizzicati oder farblich und dynamisch traumhaft abgetönte Klangmischungen lassen keinen Zweifel aufkommen, dass hier das in vieler Hinsicht beste Orchester nicht nur von Deutschland spielt.

Charles Castronovo (Faust) beeindruckt mit perfektem, bis in extreme Höhe unangestrengt voluminösem Heldentenor. Er interpretiert die Bravour-Arie „Nature immense, impénétrable et fière“ als Herzenserguss eines gealterten, von Lebensekel gequälten Zynikers, der in der Natur vergeblich Trost sucht. Joyce DiDonato (Marguerite) tönt machtvoll, lässt aber manchmal die letzte Kontrolle über Intonation und dynamische Dosierung vermissen. Ergreifend gelingt ihr die Arie „D’amour l’ardente flamme“ mit betörendem Englischhorn-Solo (Dominik Wollenweber). Großartig auch Ludovic Tézier (Méphistophélès) und Edwin Crossley-Mercer (Brander).

Strauss’ „Rosenkavalier“ hat Brigitte Fassbaender für die Osterfestspiele Baden-Baden neu inszeniert (Bühne: Eric Wonder). Als Solisten begeistern unter anderem Anja Harteros (Marschallin), Rattles Ehefrau Magdalena Kozena (Octavian) und Anna Prohaska (Sophie). Ergänzt wird das Programm durch „Meisterkonzerte“ mit Kammermusikensembles und einzelnen Musikern der Berliner Philharmoniker und Auftritte prominenter Gastsolisten wie Martha Argerich und Isabelle Faust. Außerdem stehen ein „Kleiner Rosenkavalier“ für Kinder und die Offenbach-Operette „Die Prinzessin von Trapezunt“ auf dem Programm.

Weitere Termine: „Rosenkavalier“ am 2. April; „Damnation de Faust“ am 5. April. Mehr Informationen:

festspielhaus.de