Elina Garanca als Octavian im "Rosenkavalier".

Foto: Michael Pöhn

Wien - Wenn sie auftritt, geht die Sonne auf. Na ja, fast. Aber Eliina Garanca ist eine Erscheinung, deren Bühnenpräsenz ans Magische grenzt, voller emotionaler Ausstrahlung in allen Schattierungen. Voller Natürlichkeit entströmt noch der kleinsten Geste große Wirkung. Dazu bräuchte sie nicht einmal zu singen.

Doch auch ihre Stimme und wie sie damit umgeht, ist eine Klasse für sich: Dass etwa Registerwechsel als solche hörbar werden müssten, entpuppt sich bei ihr als Theorie. Voll und warm in allen Lagen, kann sie die vollendetsten Phrasen formen, vor allem aber Farben hineinmischen, welche die verkörperten Charaktere erst lebendig machen. In der Rolle des Octavian - derzeit wieder an der Wiener Staatsoper - kommen dabei neben den seelenvollen Tönen vor allem komödiantische Anklänge zum Zug.

Unnachahmlich, wie Garanca den Buben spielt, der ein Mädchen spielt. Und köstlich der Wechsel zwischen noblem Tonfall und Derbheit in perfektem Wiener Dialekt. Auf hohem Niveau und voller Spielfreude agierten auch ihre Kolleginnen in Otto Schenks gut abgehangener Regie (manche nennen sie einen Schinken): Martina Serafin ist eine immer solide, in den melancholischen Teilen berührende, weil in der Trauer glaubhafte Marschallin, Wolfgang Bankl ein keineswegs eindimensionaler Ochs, sondern in seiner polternden Verletzlichkeit beinahe ein Mensch aus Fleisch und Blut.

Als Faninal liefert Jochen Schmeckenberger das scharf gezeichnete Porträt eines Mannes, dessen Überheblichkeit auf Verzweiflung beruht, als dessen Tochter Sophie mischt Erin Morley eine perfekte Jungmädchenidealisierung stimmlich und darstellerisch mit funkelnd herzhaftem Aufbegehren. Als italienischem Sänger gelingt es Norbert Ernst in seiner kurzen Einlage, das für diese Oper so wichtige Verhältnis von Ironie und Kitsch deutlich zu machen.

Und auch Adam Fischer arbeitet mit dem Orchester solche Zwischentöne heraus, lässt es opulent, aber stets durchhörbar schwelgen und - dort, wo es in der Partitur steht - ins Parodistische kippen. Langer Applaus, vereinzelte unverständliche Buhs. (Daniel Ender, DER STANDARD, 8.4.2015)