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"Singin' in the Rain": Die Premieren-Kritik

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Singin' in the Rain
Ein energiegeladenes Ensemble bietet mitreißende Revuenummern in der Choreografie von Ricarda Regina Ludigkeit. © Marie Laure-Briane

München - Das Musical "Singin' in the Rain" hat im Münchner Prinzregententheater Premiere gefeiert. Die Kritik zur Gärtnerplatz-Produktion.

Nachdem man sich mit den „Gefährlichen Liebschaften“ zuletzt das Wagnis einer Uraufführung geleistet hatte, vertraute Gärtnerplatz-Intendant Josef E. Köpplinger bei der jüngsten Musical-Premiere nun wieder auf einen bewährten Titel und präsentierte im Prinzregententheater die begeistert aufgenommene Münchner Erstaufführung von „Singin’ in the Rain“. Der Klassiker aus der goldenen Ära des Filmmusicals, mit dem Regisseur Stanley Donen 1952 gemeinsam mit Choreograf und Hauptdarsteller Gene Kelly dem Genre ein eindrucksvolles Denkmal setzte, zählt ohne Zweifel zu den besten seiner Art und überzeugt ebenfalls in der Bühnenadaption durch Wortwitz und zeitlose Melodien.

So darf man sich für zweieinhalb kurzweilige Stunden zurückversetzt fühlen in jene Zeit, als Hollywood den entscheidenden Schritt vom Stumm- zum Tonfilm vollzog. Eine Ära, die viele neue Stars hervorbrachte, aber auch für viele Größen das Aus bedeutete, da ihre überlebensgroße, die Worte ersetzende Mimik auf einmal zu unfreiwilliger Komik wurde.

Was Billy Wilder in seinem düsteren „Sunset Boulevard“ ebenso bissig

Die Besetzung

Musikalische Leitung:

Jeff Frohner.

Regie: Josef E. Köpplinger.

Co-Regie und Choreografie:

Ricarda Regina Ludigkeit.

Ausstattung: nach Entwürfen von Rolf Langenfass.

Darsteller: Daniel Prohaska (Don Lockwood), Peter Lesiak (Cosmo Brown), Nadine Zeintl (Kathy Selden), Bettina Mönch (Lina Lamont), Erwin Windegger (R. F. Simpson), Dagmar Hellberg (Dora Bailey u. a.), Frank Berg (Roscoe Dexter), Susanne Seimel (Zelda Sanders).

wie tragisch verarbeitete, geht „Singin’ in the Rain“ von der humorvollen Seite an. Dem gefeierten Stummfilm-Duo Don Lockwood und Lina Lamont droht das Karriere-Ende, da Linas schrill lispelnde Stimme nur wenig mit der Leinwandschönheit zu tun hat, als die sie das Publikum verehrt. Rettung kommt in Gestalt der Revuetänzerin Kathy Selden, die Lina bei ihrem ersten Tonfilm synchronisieren soll. Doch ihr Ego ist dadurch gleich doppelt angekratzt, da sie durch Kathy bereits ihre (eher einseitigen) Heiratspläne mit Don gefährdet sieht. Linda fädelt eine böse Intrige gegen die Kollegin ein. Aber, keine Sorge, das Happy End steht hier ebenso im Drehbuch wie eine Reihe mitreißender Revuenummern, die Choreografin Ricarda Regina Ludigkeit von einem energiegeladenen Ensemble temporeich auf die imposante Revuetreppe von Rolf Langenfass zaubern lässt.

Regisseur Köpplinger, der das Stück bereits in Klagenfurt und Graz erfolgreich auf die Bühne gebracht hatte, bleibt auch bei der Münchner Neuauflage dem Vorbild verpflichtet und belässt die zwischen stimmungsvoller Ballade und großer Shownummer pendelnden Songs von Nacio Herb Brown und Arthur Freed zum Glück ebenfalls im Original. Denn wenn hier zum Pausenfinale tatsächlich der Bühnenregen zu prasseln beginnt und Don durch die Pfützen steppt, passt der titelgebende englische Song eben doch tausendmal besser als das sonst holprig übersetzte „Ich bin ja so verliebt“.

Daniel Prohaska hat gegen den Schatten eines großen Vorbildes anzuspielen. Und auch, wenn ihm die besondere Mischung aus Athletik und Eleganz, die Gene Kellys Tanzszenen stets auszeichnete, etwas abgeht, punktet er dafür mit sympathischer Bühnenausstrahlung und singt sich mit „You were meant for me“ wohl nicht nur in das Herz seiner Angebeteten. Große Gefühle zeigen darf ebenfalls Nadine Zeintl, deren selbstbewusst auftretende Kathy mit starker Stimme klar macht, dass sie ihren Weg in Hollywood gehen wird. Weniger Glück in der Liebe, aber umso mehr in der Gunst des Publikums hat Peter Lesiak, der als Dons bester Freund Cosmo in seiner großen Nummer „Make ‘em laugh“ ein atemberaubendes Slapstick-Feuerwerk abbrennt.

So sehr sich dieses Trio ins Zeug legt, die Abräumerin des Abend bleibt Bettina Mönch. Als bildhübsche, ordinär schrille Lina bedient sie alle Klischees der Sexbombe und kostet diese mit punktgenauem komischen Timing so genüsslich aus, dass kaum ein Auge trocken bleibt: sei es bei den nachgestellten Stummfilmszenen, in denen sie gemeinsam mit Prohaska ein grandios absurdes Paar abgibt, sei es in ihrem schrägen Solo. Derart falsch gegen das Orchester anzusingen, verlangt höchste Professionalität. Ebenso wie das verunglückte Sprechtraining mit Dagmar Hellberg, die mit herrlich trockenem Humor ebenfalls die Lacher auf ihrer Seite hat. Der einzige Wermutstropfen findet sich im Graben, in dem Jeff Frohner im Laufe der Spielserie etwas mehr Differenziertheit finden darf. Dem Spaß tut das aber letzten Endes keinen Abbruch.

Vorstellungen

bis 25. Mai, Karten unter Telefon 089/ 21 85 19 60.

Von Tobias Hell

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