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Zwei Schaustücke im OpernmuseumVon Joachim Lange / Fotos von Kirsten NijhofDer Bajazzo von Roggero Leoncavallo ist eine ganz große kleine Oper. Seit ihrer Uraufführung 1892 unverwüstlich. Da kocht die Eifersucht hoch und aus dem Spiel auf der Bühne um eine Frau auf Liebesabwegen wird blutiger Ernst. Das große melodiöse Pathos und die berühmte Fallhöhe mit Musiknummern in Ohrwurmqualität. Alles da. Der Bajazzo ist Leoncavallos Platzhalter im Repertoire. Für den Komponisten war der Erfolg auch ein Fluch. Da ging nämlich nichts mehr drüber. Und dann trägt der Verismo-Hit mit seinen 75 Minuten alleine eben keinen Opernabend. Also muss er immer kombiniert werden. Meistens mit Mascagnis Cavalleria rusticana. Opulente Optik für das SpukschlossIn Leipzig machen sie es anders, da bekommt er einen nagelneuen Einakter zur Seite. Der freilich weder neu aussieht noch neu klingt. The Canterville Ghost des 81-jährigen Gordon Getty ist dem Eifersuchtsdrama vorgeschaltet. Er verhilft Oscar Wildes gleichnamiger Erzählung aus dem Jahr 1887 zu Opernehren. Die Gruselgeschichte ist nett. Ein Geist will den neuen amerikanischen Hausherren des Schlosses das Gruseln lehren. So wie es halt die (Nach-)Lebensaufgabe eines Geistes ist. Klappt aber nicht. Wo Ketten rasseln, wird Schmieröl angeboten. Wo Blut Flecken macht, hilft Putzmittel. Auch von einem gespenstischen Outfit ist vor allem der Nachwuchs im Hause Otis nicht zu erschrecken. Die beiden geben lieber selbst das Gespenst. Er kann einem leid tun dieser Geist. Kein Beifall (sprich Entsetzen), so sehr er sich auch anstrengt. Der US-Amerikaner Getty hat das mit einem romantisierenden Parlando vertont. Ihm geht es damit (bewusst) wie dem Geist in der Geschichte - keine Verblüffung oder gar Erschrecken vor etwaiger Neutönerei. Nirgends. Eine reine Seele, die das Gespenst erlöst, findet sich immer. Bei dieser ersten Leipziger Uraufführung seit 2006 hätte der Komponist sein Gespenst lieber mit seiner eigenen Oper Der Untergang des Hauses Usher nach Edgar Allan Poe auf der Bühne gesehen. Dass er sich dennoch auf den Vergleich mit dem Welthit einlässt, spricht für ihn und seine erklärte Sympathie für die Stadt seiner Idole Bach, Mendelssohn, Schumann und Wagner. Nötig hätte er das nicht, denn ein waschechter Milliardär wie er könnte sich notfalls ein Festspielhaus für seine Opern kaufen oder bauen lassen. Das Kleingeld hätte der Sohn des US-Öl-Magnaten Jean Paul Getty dafür. Bei Regisseur Anthony Pilavachi und Ausstatterin Tatjana Ivschina gibt es für die nette, familientaugliche Spukgeschichte eine opulente Portion von romantischem Realismus. Hinter der tollen Fassaden-Kulisse des Schlosses gibt es Bibliothek, Speise- und Schlafzimmer und ein Turmgemäuer fürs hauseigene Gespenst. Alles auf zwei Etagen links und rechts neben dem üppigen Treppenhaus verteilt. Alles very british. Matthew Treviño ist der Canterville-Ghost, der natürlich von der mitfühlenden Virgina (Jennifer Porto) erlöst wird. Theater auf dem DorfplatzNach der Pause reicht ein Vorplatz mit ein paar Treppenstufen vor grauen Wänden. Für die Eifersucht des alternden Schauspielers Canio (mit Melone Oberlippenbart im Komiker-Habit und mit schönem Schmelz: Raymond Very), die Liebelei seiner jüngeren Lebensgefährtin Nedda (deftig lebensdrall: Marika Schönberg) mit dem Fremden und die fiese Intrige des schmierigen Tonio, der Nedda nachstellt. Bei der von einer Hochzeitsgesellschaft bestellten Aufführung der Geschichte vom Bajazzo und jener Colombine, die ihrem Mann Hörner aufsetzt, fällt Canio aus der Rolle direkt ins Leben und Nedda seiner Eifersucht zum Opfer. Canio fällt ins wirkliche Leben und rastet aus. Das Gespensterschloss in England und der Dorfplatz in Italien liegen weit voneinander entfernt. Einen gemeinsamen Nenner gibt es allenfalls, wenn man die beiden Titelhelden als zwei unterschiedliche Exemplare eines sensiblen Künstlers sieht, die sich in ihrer Existenz bedroht fühlen. Matthias Foremny gibt am Pult des Gewandhausorchesters den lustbetonten Museumsführer. Am Ende heisst es nur noch: "La Commedia è finita."
In Leipzig gibt es mal ein neues Stück an der Seite von Pagliacci. Aber so neu sieht The Canterville Ghost nicht aus und irgendwie neu hört es sich bei Gordon Getty auch nicht an. Ein vergnüglicher Opernabend ist es allemal geworden. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Chor
Kinderchor
Dramaturgie
Chor und Kinderchor der Oper Leipzig
Nedda
Virginia
Mrs. Otis
1st Twin/ Boy/ Tapestry
2nd Twin/ Boy/ Tapestry
Silvio
Hiram Otis
Canio
Cecil Cheshire
Tonio
Canterville
Ghost
Peppe
Ein Bauer
Ein anderer Bauer
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