Die Bellini-Oper, vom Regie-Duo Moshe Leiser und Patrice Caurier in die Zeit der Resistance verlegt, wurde gestern, Freitag, Abend vom Salzburger Festspielpublikum erneut stürmisch gefeiert.

Als eines der ersten Stücke ausverkauft

Dieser "Schöngesang" eignet sich wenig für eine schnulzige Gesangsparade, vor dem klug gewählten aber erdrückend grauen Hintergrund der französischen Besatzungszeit der 1940er Jahre bliebe einem eine Nummernrevue schnell im Hals stecken. Stattdessen erzählt das Regie-Duo - aber vor allem Cecilia Bartoli - die ebenso mitreißende wie grauenvolle Geschichte einer starken, schwachen, rasenden Frau. Zu Pfingsten 2013 feierte die Produktion in Salzburg Premiere, wurde noch im selben Sommer übernommen und war seither an mehreren Opernhäusern zu Gast, die heurige Wiederaufnahme war als eines der ersten Stücke ausverkauft.

Das Liebesdreieck aus der Priesterin Norma, dem heimlichen, aber langjährigen Geliebten Pollione und dessen neuer Liebe Adalgisa geht trotz geringer Personenführung und vieler stoischer Szenen unter die Haut. Normas ausweglose Verzweiflung, gegenüber ihren Kindern, ihrem Verrat an ihrem Volk - oder in diesem Fall: am Widerstand - und ihre rasende Wut auf den ehemaligen Geliebten legt Bartoli mit solcher Inbrunst in ihren frenetischen Koloraturgesang, dass die Luft im Haus für Mozart physisch zu beben beginnt.

Große Momente

Die Pfingstintendantin, die sich in jede ihrer Rollen mit leidenschaftlichem Forschergeist stürzt, ist also ohnehin eine Klasse für sich. Aber auch die Mexikanerin Rebeca Olvera als glockenhelle Adalgisa kann problemlos mithalten - der Mischklang ihres Soprans mit Bartolis Mezzo gehörte zu den Höhepunkten des Opernabends. John Osborn als Pollione überzeugte stimmlich, blieb darstellerisch allerdings blass. Michele Pertusi als Anführer der Widerstandskämpfer und als gebrochener Vater Oroveso sorgte für große Momente.

Eine Feierstunde war diese Wiederaufnahme auch erneut für das Schweizer Originalklangensemble La Scintilla. Unter Dirigent Giovanni Antonini entfaltete sich eine musikalische Parallelhandlung von immenser Transparenz, ein in allen Strukturen sichtbares Geflecht aus Melodie um Melodie, die auch neben dem Bühnengrau schwungvoll, zartbitter und immer vollgepackt mit Emotion sind. Große Begeisterung für alle Beteiligten.