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Tenoraler Gipfelsieg

FESTSPIELE / WERTHER / MOZARTEUMORCHESTER / PÉREZ

16/08/15 Die Geschichte spielt ja in einem Dörf oder einem Städtchen in Deutschen Landen. Die schillernde Harmonik von Jules Massenets Oper „Werther“ lässt freilich eher an ein Liebesdrama im Märchenland denken. Das Mozarteumorchester lieferte dem Ensemble eine ebenso klangfarbenreiche wie fein gesponnene Grundlage - ein klingendes Bühnenbild vom Feinsten. Eine überwältigende Leistung lieferte Piotr Beczala in der Titelrolle.

Von Heidemarie Klabacher

Friedhofslinden? Christbaum? Pistolenkasten? Nicht nötig in einer konzertanten Aufführung. Jules Massenets Drame lyrique „Werther“ birst ohnehin vor Emotion im Ton. Da braucht es keine Illustration.

Piotr Beczala sang in der konzertanten Aufführung am Samstag (15.8.) im Großen Festspielhaus die Titelrolle. „Durch ihren Blick beruhigt und von ihrer Stimme gewiegt“, schwärmt der junge Herr regie-anleitungsgemäß „in Ekstase“ beim Anblick der jugendlich-mütterlichen Charlotte. Nun. Piotr Beczala selber hat die überbordenden Emotionen und Ekstasen im Werther sozusagen „beruhigt und gewiegt“.

Mit der korrekten Haltung eines Offiziersanwärters beim Rapport gab Beczala seine Partie im Rahmen des Überschwanges geradezu „klassisch“. Seine technische Souveränität erlaubt es ihm, auch bei geforderter Ekstase, Linen und Töne selbst in exponiertesten Lagen mit Leichtigkeit und Lockerheit zu singen. Einfach nur zu singen. Dieser Ausnahmetenor scheint es nicht einmal nötig haben zu „gestalten“. Er gibt der Musik, gibt jeder Linie, jedem Ton, scheinbar selbstverständlich die rechte Klangnuance, jedem Vokal die rechte Färbung. Von Stimmsitz, Lagenausgleich oder rechter Lautstärke ganz zu schweigen. Seinen Spitzentönen eignet die nämliche beinahe liedhafte Intimität und Feinheit, wie seinen Linien in der Mittellage.

Ein Tenor macht trotzdem noch keinen „Werther“. Angela Gheorghiu gab, angesichts des zurückhaltenden Beczala, eine stimmlich und darstellerisch beinahe zu dramatische Charlotte. Da hätte ein Regisseur so manchen gestischen und der - immerhin vorhandene - Dirigent so manchen sängerischen Manierismus zurückstutzen können. Wie viele Vokale und Lagenwechsel Angela Gheorghiu allein jeweils im schlichten Wort „Werther“ untergebracht hat. „Kommen auch Sie zum Pastor?“, fragt Charlotte Werther: Nicht einmal eine Selbstmorddrohung oder eine Liebeserklärung sollte so forciert werden, wie diese banale Frage.

Glanzlichter im allerfeinsten Sopransinne hat Elena Tsallagova als Sophie gesetzt. Daniel Schmutzhard war in der gar nicht großen Partie des Albert dem Werther Beczalas ein souveräner Gegenspieler. Festspielwürdig gecastet auch die kleinen Partien mit Giorgio Surian als einem etwas steifen Amtmann, und Martin Zysset und Ruben Drole als weinseligen Kommentatoren Schmidt und Johann. Der Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor hatte einen charmanten Auftritt: Die Kinder proben im Juli Weihnachtslieder.

Bleibt das Mozarteumorchester Salzburg, am Pult Alejo Pérez, das den vielfältigen Emotionen - von der jubelnden Lebensfreude der Sophie bis zur Todessehnsucht und Todesangst des Werthers - die klang-farblich jeweils perfekt grundierte Basis gegeben hat. Spannend, wie genau die oft rasch und abrupt wechselnden Stimmungen in der Klangfarbe und Lautstärke untermalt, ja wie auf einer weiteren Ebene verdeutlicht worden sind. Extra-Verneigung vor allen Holz- und Blechbläsern, besonders vor den Hornisten!

Weitere konzertante Aufführung am 18. und 22. August – www.salzburgerfestspiele.at - Hörfunkübertragung am 22. August um 19.30 Uhr Ö1
Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

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