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Musiktheater
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Kiss Me, Kate

Musical in zwei Akten
Buch von Samuel und Bella Spewack
Musik und Songtexte von Cole Porter

Songs in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln, Dialoge in deutscher Sprache

Aufführungsdauer: ca. 3h 5' (eine Pause)

Koproduktion mit dem Theater Bonn

Premiere im Opernhaus Dortmund am 27. September 2015




Theater Dortmund
(Homepage)
Lektion für die Frauen

Von Thomas Molke / Fotos von Thomas Jauk (Stage Picture)

Obwohl Cole Porters Kiss Me, Kate zu den meistgespielten Musicals aller Zeiten zählt und auch bei der Uraufführung 1948 einen überwältigenden Erfolg erzielen konnte, neigte sich Porters Karriere zum Zeitpunkt der Entstehung eigentlich bereits dem Ende zu. Stücke wie Anything Goes oder Silk Stockings, die mit ihrer "Gute-Laune-Musik" in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts den Broadway beherrscht hatten, wurden mittlerweile von einer neuen Musical-Generation abgelöst, die mit den Werken von Rodgers & Hammerstein oder Leonard Bernstein eine neue Richtung am Broadway einschlugen. Hier standen die Melodien in einem inhaltlich engeren Zusammenhang zum jeweiligen Stück. Bei Kiss Me, Kate folgte Porter ebenfalls diesem Ansatz und schuf eine Musik, die einerseits nie den Bezug zur Handlung verlor, andererseits sich aber den Ohrwurm-Charakter seiner früheren Kompositionen bewahren konnte. Als besonders gelungen kann auch die Handlung betrachtet werden. Eine Theatertruppe bringt in Baltimore eine Musical-Fassung von William Shakespeares The Taming of the Shrew (Der Widerspenstigen Zähmung) zur Aufführung und lässt dabei die kleinen und großen Dramen hinter der Bühne mit viel Ironie in das Stück im Stück einfließen. So ist Kiss Me, Kate letztendlich ein Stück über das Theater.

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Lilli Vanessi (Emily Newton) als widerspenstige Katharina

Von daher gehen moderne Regietheateransätze bei diesem Werk in der Regel nicht auf. Martin Duncan vertraut folglich in seiner Inszenierung der Qualität des Stückes und bietet dem Publikum eine unterhaltsame Revue-Show. Die Kostüme, in die Francis O'Connor die Figuren bei der Aufführung des Stückes im Stück einkleidet, sind demnach absolut klassisch gehalten und passen exakt zum knallbunten Bühnenbild, für das ebenfalls O'Connor verantwortlich zeichnet. Die "wahre" Theaterwelt wirkt hingegen schon etwas realistischer, allerdings auch eher an der Zeit orientiert, in der das Musical entstanden ist. Wieso die Außenfassade des Theaters, die sich über vier Stockwerke erstreckt, leicht schräg nach hinten gekippt ist, erschließt sich nicht. Vielleicht soll damit eine größere Höhe suggeriert werden. Bespielt werden jedenfalls nur die beiden unteren Etagen. Aus dem Erdgeschoss lässt sich ein Teil der Wand herauslösen und verwandelt sich durch Drehung in die Kabinen von Lilli Vanessi und Fred Graham, die nicht nur auf der Bühne die schwierige Beziehung zwischen der widerspenstigen Katharina und Petruchio verkörpern, sondern auch ihre Trennung in den Streit auf der Bühne integrieren. So ist Lilli eifersüchtig auf ihre neue Kollegin Lois Lane, die hemmungslos mit Fred flirtet, und will eigentlich der Theaterbühne den Rücken kehren, um mit dem wesentlich älteren und konservativen General Harrison Howell den Bund der Ehe zu schließen.

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Lilli (Emily Newton) und Fred (Morgan Moody) streiten vor und hinter der Bühne.

Mit den Ensemble-Mitgliedern Emily Newton und Morgan Moody verfügt das Theater Dortmund über eine regelrechte Idealbesetzung für das streitende Paar. Newton begeistert mit kapriziösem Spiel und wunderbaren Starallüren, wobei sie allerdings immer wieder Lillis Verletzlichkeit durchschimmern lässt. Großartige Komik beweist sie in der Nummer "I Hate Men", wo sie kurzerhand dem Dirigenten Philipp Armbruster den Taktstock entwendet und durchbricht. In den Songs kommt es Newton natürlich entgegen, dass sie in ihrer Muttersprache singen kann, wobei sie allerdings auch in den gesprochenen deutschen Dialogen durch klare Diktion überzeugt. Ihr Sopran verfügt über strahlende Höhen und besitzt für die Musical-Nummern auch die erforderliche Leichtigkeit. Gleiches gilt für Morgan Moody, der den leicht überheblichen Fred mit einer Portion Selbstironie anlegt. Mit markantem Bariton schwelgt er in "Where is the Life that Late I Led?" in vergangenen Zeiten und sieht seine zahlreichen Eroberungen in einem Schattenspiel hinter der Bühne. Mit großem komödiantischem Talent eilt er im ersten Akt in die Katastrophe, wenn die Blumen mit dem Liebesbrief für Lois bei Lilli landen und diese den Brief dann auf der Bühne im Stück öffnet und Katharinas Widerspenstigkeit eine noch aggressivere Note verleiht. Regelrecht abgebrüht macht er sich dann die beiden Gangster zunutze, die gekommen sind, um die Spielschulden einzutreiben, die Lois' Geliebter Bill Calhoun unter Freds Namen gemacht hat.

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Fred (Morgan Moody, Mitte) mit den beiden Gangstern (links: Fritz Steinbacher, rechts: Karl Walter Sprungala)

Die beiden Gangster sind dann in Duncans Inszenierung vielleicht doch ein bisschen anders angelegt, als man sie gewöhnlich aus dem Stück kennt. Im Programmheft werden sie auch nicht als "Gangster" bezeichnet, sondern als "erster" und "zweiter Mann". Wen das noch nicht wundert, der dürfte dann allerdings staunen, wenn sie das erste Mal den Mund aufmachen und in breitem Wiener Schmäh sich durch das Stück bewegen. Sinn macht das zwar eigentlich nicht, aber das Publikum ist trotzdem begeistert, zumal Fritz Steinbacher und Karl Walter Sprungala bei ihrer Interpretation authentisch bleiben. Während Steinbacher mit wunderbarer Komik die Silben dehnt und auch inhaltlich den einen oder anderen Gag parat hat, begeistert Sprungala als absolutes Gegenstück. Kurz und knapp sagt er, was er zu sagen hat, und versprüht gerade durch diese spröde Trockenheit einen unheimlichen Humor. Ganz in diesem Sinne ist es dann auch, dass die beiden die berühmte Nummer "Schlag' nach bei Shakespeare" auf Deutsch singen, und wie in fast jeder Aufführung avanciert dieses Stück, natürlich auch bedingt durch Steinbachers und Sprungalas Interpretation, zu einem Höhepunkt des Abends.

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"Too Darn Hot": von links: Nico Stank, Andreas Langsch, Selina Mai, Frank Wöhrmann (dahinter), Eric Rentmeister (Paul), Andreas Wolfram (Bill), Lois (Nedime Ince), Yvonne Forster (dahinter), Jessica Hoskins und Johanna Schoppa (Hattie)

Musikalische und tänzerische Höhepunkte setzt allerdings auch das Ensemble aus jungen Musical-Darstellern, die für diese Produktion als Gäste engagiert sind. Wenn Eric Rentmeister als Ankleider Paul nach der Pause mit "Too Darn Hot" loslegt, brodelt der Saal. Rentmeister legt mit Yvonne Forster, Jessica Hoskins, Selina Mai, Andreas Langsch, Nico Stank und Frank Wöhrmann nicht nur eine atemberaubende Choreographie aufs Parkett, sondern begeistert auch stimmlich bei dieser großartigen Nummer. Auch der Chor ist bei diesem Lied kaum noch zu halten, allen voran Johanna Schoppa als Hattie, die wieder einmal ihre überbordende Bühnenpräsenz zum Besten geben kann. Ergänzt wird das Musical-Ensemble durch Nedime Ince als Lois Lane und Andreas Wolfram als ihr Geliebter Bill Calhoun. Ince und Wolfram stehen den übrigen tänzerisch und darstellerisch in nichts nach. Ince begeistert mit verführerischem Charme und lässt ihre große Nummer "Always True to You in My Fashion" sängerisch und tänzerisch zu einem weiteren Höhepunkt des Abends werden. Wolfram leitet mit einem bewegend vorgetragenen "Bianca" die Versöhnung der beiden ein.

Nicht vergessen werden darf Kammersänger Hannes Brock in der Partie des General Harrison Howell, der in seiner Darstellung mehr als deutlich macht, wieso Lilli sich am Ende gegen eine Ehe mit ihm und für die Bühne entscheidet. Hier kommt nun der einzige Moment, wo das Stück dramaturgisch ein bisschen abfällt. Wenn Lilli als Katharina am Ende "I Am Ashamed that Women Are so Simple" vorträgt, überlegt man, ob an dieser Stelle nicht doch eine ironische Brechung sinnvoll gewesen wäre. So kommt das glückliche Ende nahezu etwas farblos daher. Das Publikum scheint es nicht zu stören. Mit großem Jubel feiern sie das Ensemble auf der Bühne, die Dortmunder Philharmoniker im Orchestergraben unter der Leitung von Philipp Armbruster und das Regie-Team.

FAZIT

Diese Musical-Produktion dürfte in dieser Inszenierung ein Garant für ein voll besetztes Opernhaus werden. Großartige Solisten und eine spritzige Inszenierung bieten pure Unterhaltung für einen entspannten Theaterabend.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Philipp Armbruster

Regie
Martin Duncan

Bühne und Kostüme
Francis O'Connor

Choreographie
Nick Winston

Licht
Stefan Schmidt

Choreinstudierung
Manuel Pujol

Dramaturgie
Georg Holzer

 

Opernchor des Theaters Dortmund

Statisterie des Theaters Dortmund

Dortmunder Philharmoniker

 

Solisten

Lilli Vanessi / Katharina Minola
Emily Newton

Fred Graham / Petruchio
Morgan Moody

Lois Lane / Bianca
Nedime Ince

Bill Calhoun / Lucentio
Andreas Wolfram

Harry Trevor / Baptista Minola
Josef Hoffmann

Erster Mann
Fritz Steinbacher

Zweiter Mann
Karl Walter Sprungala

General Harrison Howell
Ks. Hannes Brock

Ralph, Inspizient
Christian Pienaar

Hattie, Freds Assistentin
Johanna Schoppa

Paul, Ankleider
Eric Rentmeister

Bühnenpförtner
Mario Ahlborn

Gremio
Frank Wöhrmann

Hortensio
Andreas Langsch

Ensemble
Yvonne Forster
Jessica Hoskins
Selina Mai
Andreas Langsch
Nico Stank
Frank Wöhrmann


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Theater Dortmund
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Da capo al Fine

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