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Wexford Festival Opera
21.10.2015 - 01.11.2015


Portraits de Manon

Oper in einem Akt
Libretto von Georges Boyer als Epilog zu Jules Massenets Oper Manon
Musik von
Jules Massenet

In französischer Sprache

Aufführungsdauer: ca. 1 h 5' (keine Pause)

Premiere im Whites Hotel in Wexford am 22. Oktober 2015
(rezensierte Aufführung: 25.10.2015)



 

 

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Ein Mann erinnert sich

Von Thomas Molke / Fotos von Paula Malone Carty

Die flatterhafte Manon, deren Schicksal sich durch die Novelle Histoire du Chevalier Des Grieux et de Manon Lescaut des Abbé Prévost im 19. Jahrhundert großer Bekanntheit erfreute, hat genauso Einzug auf die Opernbühne gehalten wie Dumas' Kameliendame Violetta. Im Gegensatz zu Verdis Traviata haben es bei Manon aber direkt zwei Komponisten geschafft, die unglückliche Liebesgeschichte im Repertoire der Opernhäuser zu etablieren.  Während Giacomo Puccinis Fassung Manon Lescaut lange Zeit dabei der Vorzug gegeben worden ist, findet sich mittlerweile auch die neun Jahre früher komponierte Version Manon von Jules Massenet immer wieder auf den Spielplänen. Weniger bekannt hingegen dürfte sein, dass Massenet zehn Jahre nach seinem grandiosen Erfolg unter dem Titel Le Portrait de Manon eine Art Fortsetzung geschrieben hat, in der er zu dem mittlerweile alten Des Grieux zurückkehrt, der immer noch in der Erinnerung an seine verstorbene Geliebte lebt. Da es sich um einen kurzen Einakter handelt, scheint dieses Stück geradezu prädestiniert zu sein, in Wexford im Rahmen der "Short Works" präsentiert zu werden.

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Der alte Des Grieux (Ian Beadle, vorne im Sessel) erinnert sich an den Streit, den er (Stephen Anthony Brown, Mitte hinten) einst mit Manon (Eunhee Kim) hatte.

Die Geschichte beginnt viele Jahre später. Des Grieux ist mittlerweile ein alter Mann und fristet sein Leben in Einsamkeit. Das einzige Bindeglied zur Gesellschaft ist sein Neffe Jean de Moncerf. Als dieser ihm gesteht, dass er sich in eine junge Frau namens Aurore verliebt habe, die er heiraten wolle, ist Des Grieux sehr misstrauisch. Schließlich ist das Mädchen weder wohlhabend noch von vornehmer Herkunft. Folglich verbietet Des Grieux seinem Neffen die Verbindung, um zu verhindern, dass Jean die gleichen traurigen Erfahrungen machen muss, die er selbst mit Manon erlitten hat. Doch Jean will sich seine Liebe nicht verbieten lassen und plant mit Aurore die heimliche Flucht. Dabei stoßen sie auf ein Portrait Manons und stellen eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen Aurore und Manon fest. Aurores Pflegevater Tiberge lüftet schließlich das Geheimnis. Aurore ist die Tochter von Manons Cousin Lescaut und damit Manons Nichte, was Des Grieux schließlich dazu bewegt, der Vermählung seinen Segen zu geben.

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Des Grieux (Ian Beadle) lebt in seinen Erinnerungen.

Dass in Wexford die Produktion den Titel Portraits de Manon trägt, liegt daran, dass der Regisseur Rob Kearley dieser Geschichte noch eine Sequenz aus dem zweiten Akt der Oper Manon voranstellt. So tritt Manon hier folglich, wenn auch nur in Des Grieux' Erinnerung, in dieser Inszenierung leibhaftig auf. Während Ian Beadle als alter Mann auf der rechten Seite der Bühne in einem Sessel sitzt, durchlebt er gewissermaßen noch einmal den Streit mit Manon, der damals zum ersten Bruch zwischen den beiden führte. Stephen Anthony Brown tritt aus dem Hintergrund als junger Des Grieux auf und warnt parallel zu Beadle, der die Worte mit geschlossenen Augen ebenfalls mitspricht, Manon vor dem luxuriösen Leben, das sie seiner Liebe vorzuziehen scheint. Eunhee Kim überzeugt wie schon am Tag zuvor als Floria Tosca auch in Manons großer Arie "Adieu, notre petite table", in der sie beschließt, Des Grieux für den Wohlstand des Guillot de Morfontaine aufzugeben, mit dramatischem Sopran und innigem Spiel. Am Ende bedeckt sie ihren Kopf mit einem schwarzen Tuch, um ihren Tod anzudeuten und verschwindet hinter einem schwarzen Vorhang, durch den sie im Verlauf des Stückes immer wieder sichtbar wird.

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Des Grieux (Ian Beadle) gibt seinem Neffen Jean (Emma Watkinson) und Aurore (Maria McGrann) seinen Segen.

Kearley setzt im nun folgenden Einakter Le Portrait de Manon Tiberge, der das glückliche Ende für Jean und Aurore herbeiführt, mit dem Komponisten Massenet gleich und lässt Stephen Anthony Brown durch den Zuschauerraum auftreten und bei der musikalischen Leiterin die Noten für das folgende Stück hinterlegen. Ein Problem der Produktion ist, dass auf eine Übertitelung des gesungenen Textes verzichtet wird, obwohl ein Großteil des Publikums sicherlich nicht besonders vertraut mit der unbekannten Geschichte ist und wahrscheinlich auch nicht über ausreichende Französisch-Kenntnisse verfügt, um dem Geschehen exakt folgen zu können. So bleibt einiges unverständlich. Schon zu Beginn wird ein Zusammenhang zwischen Aurore und Manon angedeutet. Aurore erscheint hinter dem schwarzen Vorhang in dem gleichen Umhang, in dem Manon zuvor die Bühne verlassen hat. Zu diesem Zeitpunkt ist Des Grieux allerdings noch gegen eine Verbindung seines Neffen zu dieser Frau. Wieso er später dann einlenkt, wenn sich herausstellt, dass Aurore wirklich mit Manon verwandt ist, erschließt sich eigentlich nicht.

Ian Beadle überzeugt als alter Des Grieux mit markantem Bariton und intensivem Spiel. Emma Watkinson stattet seinen Neffen Jean mit dunklem Mezzo aus und wirkt in der Hosenrolle absolut glaubhaft. Maria McGrann verfügt als Aurore über einen mädchenhaft leichten Sopran. Ihr inniges Duett mit Watkinson, in dem die beiden ihre Flucht planen, gehört zu den herausragenden musikalischen Momenten dieses Stückes. Marie-Ève Scarfone lotet mit differenziertem Spiel am Klavier Massenets betörende Musik wunderbar aus. Einziges Ärgernis ist das permanente Klingeln eines Handys im Besucherraum. Obwohl vor der Vorstellung persönlich darum gebeten worden ist, die Mobiltelefone abzuschalten, hat sich dieser Zuschauer dieser Bitte nicht nur verweigert, sondern das Telefon auch noch fast durch die ganze Arie der Manon läuten lassen. Aber auch später klingelte das Handy noch mehrere Male. Dankenswerter Weise wurde es dann aber jeweils bereits beim zweiten Schellen abgestellt.

FAZIT

Massenets Epilog zu seiner großen Oper Manon wird szenisch und musikalisch gut umgesetzt. Dennoch verwundert es nicht, dass dieses Werk aufgrund seiner dramaturgischen Schwächen in Vergessenheit geraten ist.

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Marie-Ève Scarfone

Regie
Rob Kearley

Kostüme
Frances White

Licht
John Crudden


Solisten

Scene from Manon

Des Grieux
Stephen Anthony Brown

Manon
Eunhee Kim

Le Portrait de Manon

Des Grieux
Ian Beadle

Tiberge
Stephen Anthony Browne

Jean de Moncerf
Emma Watkinson

Aurore
Maria McGrann


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