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Im Getriebe der
Maschinen Von Thomas Molke / Fotos von Pedro Malinowski
E. T. A. Hoffmann (Rüdiger Frank) bringt die Maschinen zum Laufen. Dabei dürfte den meisten zwar der verwachsene Zwerg Klein Zaches aus Offenbachs Oper Les Contes d' Hoffmann bekannt sein, da dieser Figur direkt zu Beginn der Oper eine der bekanntesten Arien aus dem Werk gewidmet ist. Die Geschichte des Zwergs erzählt Hoffmann in Offenbachs Oper allerdings nicht. Klein Zaches ist der missgestaltete Sohn des armen Bauernweibs Liese und kann weder sprechen noch laufen, so dass er für seine Mutter eine ständige Last darstellt. Da hat eine Fee Mitleid mit ihm und belegt ihn mit einem Zauber, der ihn fortan allen Menschen schön, liebenswert und begabt erscheinen lässt. So gelangt er später in der nahe gelegenen Stadt Kerepes zum Professor Mosch Terpin, der ebenso wie seine wunderschöne Tochter Candida begeistert von ihm ist. Nur der junge Student Balthasar, der ebenfalls in Candida verliebt ist, erkennt, dass hier irgendein Zauber im Spiel ist. Als Klein Zaches Balthasar ein Gedicht stiehlt und es Candida als sein eigenes vorträgt, beschließt Balthasar, dem Treiben des hinterlistigen Zwerges ein Ende zu setzen. Gemeinsam mit seinem Freund Fabian sucht er den Zauberer Prosper Alpanus auf. Gemeinsam entdecken sie, dass der Zauber in einem Kamm liegt, mit dem die Fee Zinnobers Haare kämmt. In einer wilden Verfolgungsjagd versucht Alpanus, der Fee den Kamm zu entwenden, wobei der Kamm zerbricht. Damit ist der Zauber gebrochen, und Balthasar kann die bevorstehende Hochzeit zwischen Klein Zaches und Candida in letzter Sekunde verhindern. Der schwärmerische Balthasar (Bastille) ist verliebt (im Hintergrund von links: Fabian (Comte Caspar), Max Coppella und Mosch Terpin (Sissy Voss)). Sebastian Schwab, der gemeinsam mit der Band Coppelius die Geschichte für die Bühne dramatisiert hat, lässt als Rahmenhandlung E. T. A. Hoffmann persönlich auftreten. Zu kosmischen Klängen der Neuen Philharmonie Westfalen, die an diesem Abend hinter der Bühne positioniert ist, wird Rüdiger Frank als Hoffmann in einem kleinen Karren aus dem Schnürboden herabgelassen, während er versucht, in der Luft schwebende riesige Zahnräder zum Laufen zu bringen. Doch dieser Versuch ist zunächst nicht von Erfolg gekrönt. So muss sich Frank im wahrsten Sinne des Wortes erst das Herz aus der Brust schneiden und die Maschinen damit füttern, bevor die ganze Apparatur in Bewegung gerät. Aus dieser Maschine gehen dann auch die Bandmitglieder hervor, die von einem Teil der Zuschauer mit frenetischem Jubel begrüßt werden. Nun schlüpft Frank / Hoffmann selbst in die Rolle des Klein Zaches, und die eigentliche Erzählung beginnt. Wieso Graf Lindorf bei den Zuschauern einen Hype auslöst, wenn er sein Cello verlässt, um in die Rolle der Liese zu schlüpfen, lässt sich wohl nur nachvollziehen, wenn man ein Anhänger der Band ist. Gleiches gilt für den Schlagzeuger Nobusama, der als Gehilfe von Prosper Alpanus nur die Bühne betreten muss, um die Anhänger jubeln zu lassen. Candida (Ulrike Schwab) mit Max Coppella (links), Nobusama (hinten) und Comte Caspar (rechts) Musikalisch bietet der Abend einen Mix zwischen romantischer klassischer Musik, die durch moderne Technik verstärkt und variiert wird, und modernen Klängen, die zwar teilweise sehr laut, dabei aber dennoch wesentlich harmonischer klingen als manch andere zeitgenössische Opern. Die Bandmitglieder treten dabei einerseits als Musiker auf und schlüpfen andererseits in die diversen Figuren der Geschichte, während die Neue Philharmonie Westfalen aus dem Hintergrund neben den klassischen Elementen auch einen elektronischen Sound beisteuert. Dass sich das Ensemble dabei selbst nicht immer ganz ernst nimmt, wird an einer Szene deutlich, wenn Balthasar auf dem Weg zum Zauberer Prosper Alpanus seinen Freund Fabian fragt, woher die merkwürdige Musik denn komme, und dieser ganz lapidar antwortet: "Vom Orchester da hinten." Die Band Coppelius scheint an diesem Abend genau die Erwartungen der zahlreichen Fans zu bedienen, was sich in lautstarkem Zwischenapplaus und stehenden Ovationen am Ende des Abends äußert. In wahnsinnigem Tempo wechseln die Bandmitglieder zwischen Musiker und Figur im Stück und spielen bisweilen auch im Kostüm ihr jeweiliges Instrument. Bastille begeistert als empfindsamer und melancholischer Balthasar, der um die geliebte Candida kämpft, kann aber auch auf der Bühne mit wallender Mähne richtig abrocken. Comte Caspar gibt seinen Studienkollegen Fabian mit trockenem Humor, der deutlich macht, dass er weitaus bodenständiger als sein schwärmerischer Freund ist. Graf Lindorf begeistert als Prosper Alpanus vor allem bei der Verfolgungsjagd durch großartige Slapstick-Einlagen. Auch Max Coppella verfügt als Pfarrer und Sbiocca über großes komisches Talent. Klein Zaches / E. T. A. Hoffmann (Rüdiger Frank) am Ende der Geschichte (im Hintergrund von links: Prosper Alpanus (Graf Lindorf), Pfarrer (Max Coppella), Candida (Ulrike Schwab), Gehilfe von Prosper Alpanus (Nobusama), Balthasar (Bastille), Fabian (Comte Caspar) und Mosch Terpin (Sissy Voss))
Für Rüdiger Frank bietet die
Partie des Klein Zaches eine absolute Paraderolle. Mit der ihm ganz eigenen
Bühnenpräsenz beherrscht er das Geschehen und macht aus dem Zwerg einen
absoluten Fiesling, der die Gesellschaft genauso beherrscht wie Hoffmann die
ganze Bühnenmaschinerie. Mit wallender Rokoko-Perücke beschimpft er das Publikum
aufs Äußerste, bevor er im Anschluss mit "We will rock you" den Saal zum Toben
bringt. Ulrike Schwab überzeugt mit leichtem, frischem Sopran und zeigt in der
Darstellung der beiden Figuren große Wandlungsfähigkeit. Während sie die
begehrte Candida als leicht naives und dümmliches Mädchen anlegt, wirkt sie als
gute Fee wesentlich berechnender und lässt sich den Zauberkamm von Prosper
Alpanus nicht abschwatzen. Bei der Verfolgungsjagd beweist sie großes
komödiantisches Talent. Witzig ist auch, dass sie zu Beginn die Arie der Gräfin
Almaviva aus Mozarts Le nozze di Figaro, "Porgi amor", singt, wenn sie
auf Klein Zaches als missgestaltetes, hilfloses Bündel stößt, und beschließt,
seinem Leben durch den Zauber eine Wendung zu geben. Ganz großes Lob verdient
auch Britta Tönne für das überwältigende Bühnenbild, das mit zahlreichen
Maschinenteilen Hoffmanns Begeisterung für Apparate jeglicher Art widerspiegelt.
FAZIT Nach dem Schalke-Oratorium zu Beginn
der Spielzeit versucht das Musiktheater im Revier nun, mit einer Steampunk-Oper
neues Publikum ins Haus zu locken. Für die Premiere ist dieses Konzept
aufgegangen. Es bleibt zu hoffen, dass es noch zahlreiche weitere
Coppelius-Anhänger gibt, die in die Folgevorstellungen strömen und für eine
vergleichbare Stimmung im Publikum sorgen. Der Anhänger des "klassischen" Opern-
und Operetten-Repertoires kann hier ebenfalls auf seine Kosten kommen, wenn er
sich ein bisschen aufgeschlossen zeigt, zumal hier mit Sebastian Schwab jemand
inszeniert, der das Stück selbst mitentwickelt hat, und somit keine moderne
Regietheater-Umdeutung vorliegt.
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ProduktionsteamMusikalische Leitung Stückfassung und Inszenierung Bühne und Kostüme Licht Sounddesign Dramaturgie
Neue Philharmonie Westfalen
SolistenE. T. A. Hoffmann / Frl. Rosenschön / Die Band "Coppelius": Balthasar Fabian Liese / Prosper Alpanus Pfarrer, Sbiocca Mosch Terpin Gehilfe von Prosper Alpanus
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