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Le nozze di Figaro
(Figaros Hochzeit)


Oper in vier Akten
Text von Lorenzo da Ponte nach Beaumarchais' Komödie La folle journée ou Le mariage de Figaro
Musik von Wolfgang A. Mozart


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3h 30' (eine Pause)

Premiere in der Hamburgischen Staatsoper am 15. November 2015


Homepage

Staatsoper Hamburg
(Homepage)

Wenn die Noten lebendig werden

Von Joachim Lange / Fotos von Karl Forster


Der Norweger Stefan Herheim ist ein Opern-Filou. Ein Wundertüten- Regisseur, der sich wie ein Kind über die verblüfften Gesichter freuen kann, auf die er ein unvermutetes Lächeln zaubert. Dessen Phantasie auf kongeniale Partner ausstrahlt und von da zurück wirkt. Als er in Essen seinen Don Giovanni inszenierte und sich der Sänger der Titelfigur verletzt hatte und nur noch singen konnte, sprang Herheim ein und legte einen Playback-Don-Giovanni aufs Parkett, den man nicht wieder vergisst. Mozart liegt ihm im Blut, war das Fazit.

Szenenfoto Aufforderung zum Tanz

Im Falle von Figaros Hochzeit sind Christof Hetzer (Bühne) und Gesine Völlm (Kostüme) seine Partner. Herheim macht sich aber auch klugen Dramaturgenrat (Alexander Meier-Dörzenbach) zu eigen. So war man denn bei den vielen Figaros landauf, landab (kurz davor in Berlin und Leipzig) auf den von Herheim in Hamburg besonders gespannt. Da nahm man sowohl Flimms altersweise gelassenen Ausflug in die Sommerfrische in Berlin als auch das Leipziger Treppen hoch, Treppen runter der Vorachtundsechziger im aufgemotzten Rokokoschloss als Anlauf und als Vorlauf.

Szenenfoto

Die Intriganten machen Wirbel

Musikalisch freilich war der Auftakt in Berlin schon das Ziel dieses Figaro-Marathons. Namentlich für die konkurrierenden Gräfinnen ist es halt Pech, wenn Dorothea Röschmann das Maß vorgibt. Gewiss hatte das Ensemble in Hamburg jede Menge Charme, spielerischen Witz und geizte nicht mit Selbstironie. Wovon sie besonders dank der barocken Notenkostüm- und Perückenpracht jede Menge brauchten. Doch im direkten vokalen Vergleich mit der Berliner, aber auch der Leipziger Besetzung war das eine eher ernüchternde Bestandsaufnahme für's Hamburger Ensemble. Wobei Christina Gansch als vielversprechende Barbarina aufhorchen ließ. Auch Wilhelm Schwinghammer mit seinem eine Spur zu vornehm geratenen Figaro und die geschmeidige Susanna von Katerina Tretyakova steuerten vokal ihren Teil zum Ensemblespiel bei. Ottavio Dantone am Pult der Philharmonischen Staatsorchesters bleibt gelegentlich hinter dem Feuerwerk, das auf der Bühne abgeht, zurück.

Szenenfoto Die Gräfin und Susanna

Dort veranstaltet Stefan Herheim aber keine Exkursion in die konspirativen Geistesnischen der revoluzzernden Aufklärer, die so unbewusst wie effektvoll die Große Revolution für Frankreich und Europa vorbereiteten. Er beschränkt sich auch nicht auf eine perfekt getimte Beziehungskomödie mit dem Déjà-vu-Bonus eines Heutzutage-und-Hierzulande-Effekts. Nein, er erfindet einfach diese längst 'rauf und 'runter interpretierte Buffa neu. Aus dem Geiste der Musik. Oder noch genauer aus der Sprengkraft der Noten. Dieser sowohl in Sachen Personenführung als auch Notentext perfektionistische Regisseur macht den Noten regelrecht Beine, ihre geheime obsessive Richtung deutlich, lässt sie zu Frauen und Männern werden, die suchen, lieben, enttäuscht sind, explodieren wir ein Feuerwerk, die das Licht im Saal angehen lassen und dann wieder hinter Mozarts genialisch hingeworfenen Notenblättern verschwinden. Und das ist alles keineswegs metaphorisch gemeint. Schon die Ouvertüre ist mit einer Video-Liebeserklärung von Momme Hinrichs und Torge Möller von fettFilm unterlegt, bei der einem das Herz aufgeht.

Szenenfoto

Und irgendwann explodiert die Musik

Da kriegen die Noten Beine, fangen an zu rennen, zu reiten zu werben, um am Ende zu einem Spermien-Schwarm zu werden. Will wirklich jemand behaupten, dass Mozart sich da nicht gebogen hätten von Lachen? Und so geht es dann in dem Bühnennotenkäfig weiter, der mit den Seiten der Partitur tapeziert ist, die dann auch mal herunterfallen wie Laub und alle beim ersten Finale unter sich begraben. Die aber auch als verräterischer Zettel oder Vertrag oder zur Orientierung dienen, hinter oder unter denen man sich aber auch verstecken kann. Bei Bedarf sind sie die Blätter im nächtlichen Park. Und so werden die Figuren aus und in den Noten lebendig. Sind aufgedonnert wie dem Ancien Régime entsprungen und prall von Leben und anzüglich frivol zupackend, eben so wie von Mozart und da Ponte erfunden. Jubel in Hamburg.


FAZIT

In Hamburg erfindet sich Stefan Herheim seinen Mozart neu und macht den Noten im wahrsten Sinne des Wortes Beine


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Ottavio Dantone

Inszenierung
Stefan Herheim

Bühnenbild
Christof Hetzer

Kostüme
Gesine Völlm

Licht
Andreas Hofer

Video
fettFilm

Chor
Eberhard Friedrich

Dramaturgie
Alexander Meier-Dörzenbach


Chor der Staatsoper Hamburg

Philharmonisches
Staatsorchester Hamburg


Solisten

Graf Almaviva
Kartal Karagedik

Gräfin Almaviva
Iulia Maria Dan

Susanna
Katerina Tretyakova

Figaro
Wilhelm Schwinghammer

Cherubino
Dorottya Láng

Marcellina
Katja Pieweck

Don Basilio
Jürgen Sacher

Don Curzio
Peter Galliard

Don Bartolo
Tigran Martirossian

Barbarina
Maria Chabounia

Antonio
Franz Mayer





Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Staatsoper Hamburg
(Homepage)



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