BR-KLASSIK

Inhalt

"Freischütz" in Hannover CDU kritisiert "verfälschende" Operninszenierung

Eine umstrittene Inszenierung des "Freischütz" sorgt in Hannover für Unruhe. Regisseur Kay Voges hatte sich so weit von Webers Vorlage gelöst, dass die örtliche CDU den Kulturdezernenten der Stadt nun auffordert, an der Staatsoper durchzugreifen.

Szenenbild | Bildquelle: Thomas M. Jauk

Bildquelle: Thomas M. Jauk

Was ist ein "Freischütz" ohne Wald? Eine Inszenierung ohne Brautkranz? Wieviel bleibt von Webers Oper übrig, wenn anstelle des teuflischen Samiel ein seltsames Wesen mit Knollnase über die Bühne wuselt, das vor allem daran interessiert ist, die deutsche Nationaloper ins Leben zu rufen? Regisseur Kay Voges wollte mit seiner Inszenierung in Hannover provozieren. Das ist ihm gelungen. Allerdings ging er so weit, dass die CDU-Ratsfraktion nun hartes Durchgreifen fordert.

Das ist ein unsäglicher Kulturverlust.
Oliver Kiaman, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion

Buhrufe und Applaus

Am Wochenende feierte die neue Inszenierung von Webers "Freischütz" an der Staatsoper Hannover Premiere. Schon vor der Pause gab es des wütende Zwischenrufe. Am Ende waren sowohl heftige Buhstürme als auch kräftiger Applaus zu vernehmen. Nun reagiert auch die Politik auf die Inszenierung. Der kulturpolitische Sprecher der CDU-Ratsfraktion Oliver Kiaman stellt die Frage in den Raum "wo der staatliche Bildungsauftrag hier überhaupt noch geblieben ist und wozu man ernsthaft Theaterpädagogik verhält, wenn sich Regieleistungen mittels Verstümmelung, Verzerrung und Verfälschung ohnehin nur auf Provokation reduzieren."

Altersempfehlung erst ab 16 Jahren

Bereits im Vorfeld wurde viel über die Regiearbeit von Kay Voges diskutiert. Teil der Inszenierung sind auch Videoinstallationen von Voxi Bärenklau, die Gewalt und Krieg darstellen. Es gebe Szenen, die an die Attentate von Paris erinnerten, sagte Staatsoper-Sprecher Olaf Roth. Außerdem tauchten Nazi-Transen und Pegida auf. Damit habe die Staatsoper jüngere Schüler nicht konfrontieren wollen. Deshalb erhöhte die Staatsoper die Alterempfehlung kurzfristig auf 16 Jahre. Daraufhin sagten viele Lehrer aus Hannover die Schulbesuche ab. Ursprünglich hatte die Staatsoper das Stück sogar für Kinder empfohlen. Der "Freischütz" steht für viele Achtklässler auf dem Lehrplan. Allerdings dürften diese die Inszenierung nun nur mit einer Sondererlaubnis ihrer Eltern sehen. Und sie hätten zudem, kritisiert die CDU, keine Chance, das Werk hier im Original kennenzulernen.

Beim großen Thema Integration reden wir ständig über Wertevermittlung, schaffen sie aber bei uns selbst bereits nicht.
Oliver Kiaman, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion

Appell an Kulturdezernenten

Nun fordert die hannoversche CDU-Ratsfraktion den neuen städtischen Kulturdezernenten Harald Härke auf, durchzugreifen. Härke ist Aufsichtsratmitglied der Oper und hat als einen seiner Schwerpunkte herausgestellt, Hannover als "Standort für besondere Jugend-Kultur-Formate" etablieren zu wollen.

Oliver Kiaman, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion:

"Ich empfehle ihm in seiner Funktion als Aufsichtsratmitglied der Oper dringend, in diesem Sinne dort durchzugreifen und bei aller Freiheit für die Kunst dafür Sorge zu tragen, dass die Schätze, die uns Dichter und Komponisten hinterlassen haben, lebendig bleiben und nicht ins Niveaulose und Beliebige gezogen werden. Sonst braucht er weder besondere Formate und ab 2019 auch keine neue Intendanz, sondern kann die Oper ganz schließen!"

Die Kommunalpolitiker sehen die "Freischütz"-Inszenierung von Kay Voges als "symptomatisch für den Verfall eines ganzen Hauses". Kiaman sieht vor allem den parteilosen Kulturdezernenten Harald Härke in der Verpflichtung, der Hannover als Standort für besondere Jugend-Kultur-Formate etablieren wollte. Ein Kulturdezernent habe gar nicht das Recht, in die Programmgestaltung der Oper einzugreifen, erwidert Belgin Zaman von der SPD-Ratsfraktion:

Belgin Zaman, SPD-Ratsfraktion

"Es gibt immer Altersbeschränkungen. Es gibt Filme, wo man sagen kann: Mensch, das ist schade, ist ein toller Film – warum sollen da Kinder nicht hingehen? Trotzdem gibt es die Altersempfehlungen. Ich finde, da sollte nicht von vorneherein gesagt werden, welche Stücke nun besonders gut geeignet für Kinder sind und welche nicht. Da macht man ja im Grunde genommen von vorneherein eine Zensur. Das finde ich schwierig an der Stelle."

Staatsoper reagiert gelassen

Keine der beiden Partei plädiert für eine Vor-Zensur von Inszenierungen. Die Staatsoper Hannover selbst beharrt auf der völligen Autonomie und Kunstfreiheit der engagierten Regisseure, betont deren Pressesprecher Olaf Roth. Insgesamt reagiert die Staatoper Hannover gelassen auf die Vorwürfe der CDU. "Wir haben ein breites Angebot und zum Beispiel auch eine 50 Jahre alte 'Hänsel und Gretel'-Inszenierung im Programm." Nicht alle Regisseure bürsteten so kräftig gegen den Strich wie Kay Voges.

Olaf Roth, Sprecher der Staatsoper Hannover

"Die Produktion wurde natürlich während des Probenprozesses intensiv hier am Haus diskutiert und man hat sicherlich über das eine oder andere gesprochen – ob man das nicht besser weglässt. Aber die Freiheit der Kunst steht natürlich letztlich oben an und steht dann im Ermessen des Regisseurs."



Kommentare (6)

Kommentieren ist nicht mehr möglich.

Donnerstag, 17.Dezember, 19:52 Uhr

Roland Wagenführer

Freischütz in Hannover

Ich frage mich immer wieder warum Herr Harald Härke (Kulturdezernent der Stadt Hannover) zu einem "Eingreifen" aufgefordert wird. Dieses liegt überhaupt nicht in seinem Kompetenzbereich.
Die Staatsoper Hannover ist ein Betrieb des Landes Niedersachsen und die Dienstherrin ist in diesem Fall die Ministerin Gabriele Heinen-Kljajic.

Donnerstag, 17.Dezember, 14:43 Uhr

Hajo Schneider

Freischütz-Inszenierung Hannover

Es ist entsetzlich und traurig, in welche Tiefen "moderne" Regisseure hinabsteigen. Bei jeder neuen Katastrophenmeldung aus dem Theater- und Opernbereich denkt man, "schlimmer geht's nimmer" - es geht aber doch, wie man am Beispiel Hannover mit dem Freischütz sieht.
Ich habe den Verdacht, dass dieser Kay Voges sich auch noch auf die Schulter klopft ob dieser Fehlleistung, die er da abgeliefert hat. Hätte man das für diese unterirdische sogenannte Regiearbeit verpulverte Geld mal lieber für Flüchtlingsbetreuung ausgegeben ...

Donnerstag, 17.Dezember, 11:30 Uhr

Achim Linck

Operinszenierung

Blamabel, so etwas auf die Bühne zu bringen. Da muss man sich nicht wundern, wenn manche Theaterfreunde die Vorstellung vorzeitig verlassen. Viele gehen schon gar nicht mehr ins Theater, weil man eine niveauvolle Aufführung und nicht diese Kasperei erwartet. Kultur und Kust - ja, aber doch nicht so!

Mittwoch, 16.Dezember, 19:04 Uhr

christian rudert

geistesgestörten OPERN - WAHN-IRRSINN

eine der größten UNVERSCHÄMTHEITEN , und für sowas zahle ich Steuern, wird doch subventioniert ......

Mittwoch, 16.Dezember, 18:51 Uhr

Silvia Rudert

scheußliche Bühnenbilder

Ich geh schon lange nicht mehr in die Oper in Deutschland weil die Bühnenbilder grauenhaft sind, da Lob ich mir USA und Kanada. Das ist noch ein optischer Genuß.
Ausländische Besucher können das gar nicht verstehen warum wir in D so modern, oder was auch immer, sein wollen.
So wird ein großer Teil des Puplikums vergrault.
Diese Häßlichkeit sollte nicht subventioniert werden.

Mittwoch, 16.Dezember, 11:56 Uhr

exil-berliner

ist es nicht ein deutscher wert, dass kunst prinzipiell erstmal alles darf?

Mehr zum Thema

    AV-Player