Der Seltenheitswert dieser Aufführung besteht auch darin, dass "McTeague" nach der Uraufführung 1992 nur noch eine weitere Inszenierung vor 20 Jahren in Amerika erlebt hat - ein internationaler Durchbruch sieht anders aus. Dabei gibt die Story durchaus was her, und auch musikalisch weiß Bolcom zu punkten.

Die Handlung spielt in San Francisco, um 1900, nach dem Ende des legendären Goldrausches. Die Gier der Menschen nach dem Edelmetall ist freilich ungebrochen. Der Titelheld Mac, ein etwas grobschlächtiger, einfältiger Mann, betreibt eine florierende Zahnarztpraxis - bloß: er hat keinen Befähigungsnachweis, weil er den Job einst nur von einem Kurpfuscher gelernt hat.

Er spannt dann seinem besten Freund dessen Freundin aus, die beiden heiraten und das Glück scheint vollkommen, als die Frau unerwartet einen Lotto-Gewinn in Goldstücken erhält. Von da weg geht's allerdings abwärts: Mac muss seine Ordination behördlich schließen, die Frau rückt das Geld nicht heraus - von dem der einstige Freund auch einen Anteil haben will - und McTeague wird schließlich zum Mörder, der in der Wüstenhölle des kalifornischen Death Valley selbst zu Tode kommt. Ein Lehrstück nach dem im Libretto mehrfach vorkommenden "Gold can kill you!"

Bolcom wurde zu seiner dritten Oper durch Erich von Stroheims legendären Stummfilm "Greed" (Gier, 1924) - der wiederum auf eine Romanvorlage von Frank Norris zurückging - angeregt. Man hört es seiner Musik an, dass sie den im Film fehlenden Dialog ersetzen will. Liebe und Leidenschaft zwischen Mac und seiner Frau Trina kommen aus dem Orchestergraben besonders lyrisch, Konflikte und dramatische Steigerungen ertönen umso heftiger. Insgesamt nützt Bolcom verschiedene musikalische Stile geschickt und farbig instrumentiert. Manche Melodien - vor allem in den Volksszenen - vermeint man schon gehört zu haben. Leider zieht sich die Handlung im zweiten Akt allzu sehr in die Länge. Das ist aber schon der einzige Einwand gegenüber der ansonsten akzeptablen Begegnung mit dieser Oper.

Musikalisch und szenisch war die Premiere auf hohem Niveau. Dennis Russell Davies am Pult des famos musizierenden Brucknerorchesters kennt die Oper: Er hat einst auch die Uraufführung geleitet. Die Solisten und der Chor des Landestheaters waren mit Feuereifer bei der Sache und trugen zum Erfolg des Abends wesentlich bei: Der amerikanische Heldentenor Corby Welch brillierte als Gast in der Titelpartie in stimmlicher Hochform und mit überzeugender Darstellung. Cigdem Soyarslan als weitere Gastverpflichtung gestaltete die große Sopranpartie von Macs Frau Trina hörens- und sehenswert. Beiden standen die Ensemblemitglieder des Hauses nicht nach: Michael Wagner als Macs dämonischer, von Goldgier getriebener Gegenspieler Schouler, Karen Robertson, die die nicht eben kleine Partie der Haushälterin zu einem extra Erlebnis macht, William Mason mit einer besonderen Charakterstudie und alle übrigen. Eine Ensembleleistung ohne jede Schwachstelle.

Regisseur Matthias Davids weiß als Leiter der Linzer Musicalsparte mit dem Genre umzugehen. Die musikalischen Längen des zweiten Teiles der Oper kann er aber auch nicht mildern. Mathias Fischer-Dieskau ermöglicht durch eine geschickte Konstruktion auf der von einer riesigen Sonnenscheibe überhöhten Bühne den raschen Schauplatzwechsel zwischen den Behausungen der von Susanne Hubrich stilgerecht eingekleideten Menschen und der tödlichen Umgebung des Death Valley.

Der bei der Premiere anwesende Komponist freute sich sichtlich über die Zustimmung des Publikums, das sich besonders applausfreudig gegenüber den Ausführenden auf der Bühne und im Orchestergraben zeigte.