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Kritik - "Arminio" in Karlsruhe Rehabilitierung einer unterschätzten Händel-Oper

"Arminio", Georg Friedrich Händels Oper über die Varusschlacht, war seinerzeit ein Flop. Nach nur fünf Aufführungen wurde sie 1737 wieder abgesetzt. Nun durfte sie bei den 39. Händel-Festspielen in Karlsruhe ihre Rehabiltitierung erleben: in einer Iszenierung des Countertenors Max Emanuel Cencic.

Szenenbild aus dem Staatstheater Karlsruhe | Bildquelle: Staatstheater Karlsruhe/ONUK

Bildquelle: Staatstheater Karlsruhe/ONUK

"Arminio" in Karlsruhe

Rehabilitierung einer unterschätzten Händel-Oper

Der geschichtliche Hintergrund: die Schlacht im Teutoburger Wald in der zweiten Hälfte des Jahres 9 n. Chr. zwischen dem Cheruskerfürsten Herrmann alias Arminius und dem römischen Feldherren Varus. Unter den mehr als 40 Opern des erfolgreichen Komponisten Georg Friedrich Händel war "Arminio" ein Flop. Sie erlebte nur fünf weitere Vorstellungen. Dann blieb sie lange liegen. Sie galt unter Fachleuten als "zu Recht vergessen". Auf der großen Bühne des Staatstheaters Karlsruhe wurde sie am Samstag rehabilitiert: in einer sinnbetörenden Inszenierung mit glanzvoller Besetzung, die der Gestalter der Titelrolle Max Emanuel Cencic selbst in die Hand genommen hatte.

In die Zeit der Französischen Revolution verlegt

Bei den ersten schroffen Takten hebt sich der Vorhang. Raumhohe Wände, gläsern-vergittert, drehen sich im Sog der Musik. Solisten, Statisten, Möbel und Requisiten scheinen ständig in Bewegung, gleiten in konzentrischen Kreisen durch den Bühnenraum, ineinander verschachtelt, in immer neuen Formationen und Lichteinfällen.

In der Anfangsszene steht alles still: Friedlich tafelt Arminio mit seiner Familie in Rokoko-Prachtkostümen, während Napoleons Soldaten seinen Palast umzingeln. Regisseur Max Emanuel Cencic hat die Handlung aus der Antike in die Zeit nach der französischen Revolution verlegt. Arminio ist hier ein Aristokrat und sein Gegenspieler Varo ein französischer Revolutionär. Arminio wird vom eigenen Schwiegervater Segeste an die Römer verraten und gefangengenommen, zum Tode verurteilt und schließlich befreit. Während die Figuren in ihre Rezitative und Arien über Liebe, Verrat, Wut oder Verzweiflung verstrickt sind, läuft jeweils stumm eine zweite Handlung ab: Statisten mimen eine Gerichtsverhandlung, Varus entwirft seine nächste Schlacht - jeder Bühnenauftritt wird nahtlos mit dem nächsten verwoben. Dabei greift Regisseur Cencic auch zu drastischen Darstellungsmitteln: zu Vergewaltigung, Androhung von Kastration oder Enthauptung.

Cencic meistert seine "Doppelrolle"

Der Countertenor Max Emanuel Cencic ist Regisseur und Protagonist der Oper. Die Belastung durch diese Doppelrolle ist ihm nicht anzumerken: Souverän beherrscht er Koloratur-Kaskaden, dramatische Ausbrüche und elegische Gesangslinien. Dabei zeigt er Bühnenpräsenz und natürliche Spielfreude.

Das griechische Orchester Armonia Atenea unter der Leitung von George Petrou unterstützt auf historischen Instrumenten schwungvoll und präzise das durchweg homogene und klangschöne Gesangsensemble. Helmut Stürmer hat das elegante Bühnenbild, die Kostüme und Lichteffekte geschaffen. Am Ende schließt sich der Kreis: Nach der siegreichen Schlacht versammelt sich Arminios Familie in Samt und Seide am gedeckten Tisch. Doch statt des üblichen Happy Ends dreht sich die Bühne, alle entschwinden dem Blick des Zuschauers. Dann ein letzter starker Theatermoment: Eine Riesen-Guillotine fährt nach vorn. Dem Verräter Segeste wird ein schwarzer Sack über den Kopf gestülpt. Sein Schicksal ist besiegelt.

"Arminio" bei den Händel-Festspielen in Karlsruhe

Weitere Vorstellungen: 15./17./19./23. Februar jeweils 19:00 Uhr. Am 21. Februar beginnt die Vorstellung um 15:00 Uhr - im Anschluss gibt es eine Autogrammstunde. Weitere Infos finden sie auf den Seiten der Händel-Festspiele Karlsruhe.

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