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Musiktheater
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The Rocky Horror Show

Musical von Richard O'Brien
Book, Music and Lyrics: Richard O’Brien
By Arrangement with BB Group GmbH and The Rocky Horror Company Ltd.



in deutscher Sprache, Songs in englischer Sprache, keine Übertitel

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Premiere im Kleinen Haus des Musiktheater im Revier am 20. Februar 2016 (rezensierte Aufführung: 26. Februar 2016)


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Musiktheater im Revier
(Homepage)

Die wollen doch auch nur geliebt werden!

Von Stefan Schmöe / Fotos: Pedro Malinowski

Es gehört zum guten Ton, in der Rocky Horror Show die Auftritte des Erzählers mit einem beherzten "langweilig" oder "boring" zu kommentieren. Wir wissen nicht, wie Joachim G. Maaß damit umgegangen wäre, Haudegen aus dem Ensemble des Musiktheater im Revier und für diese Rolle gesetzt, denn in der hier besprochenen Aufführung war der Sänger und Schauspieler erkrankt. Für ihn sprang Klaus Nierhoff ein, der die Rolle schon oft gespielt hat, und der besitzt eine solche Bühnenpräsenz, dass er die Zwischenrufe lässig unterbinden kann. Sei es mit gezielten Kommentaren dazu ("da müssen Sie jetzt durch" oder "schöne Stimme"), mit seiner fesselnden Art des Sprechens oder einfach durch Körpersprache - Niehoff hat sein eigentlich auf Interaktion getrimmtes Publikum fest in der Hand und bringt es dazu, ihm zuzihören. Dabei ist er schwer beschäftigt, kommt in jeder Szene mit anderem Outfit, hat seine Auftritte an immer wieder überaschenden Orten. Er wäre der Star der Aufführung - wäre da nicht Henrik Wager.

Szenenfoto kommt später

Frank N. Furter und sein Geschöpf Rocky

Wager ist Frank N. Furter, wie vor ein paar Jahren schon in Hagen (unsere Rezension), und er wird nach seinem Abschiedslied "Going home" zurecht frenetisch gefeiert. Regisseur Johannes Reitmeier setzt ihn beinahe ungeschminkt in Szene, deutlich abgegrenzt gegenüber Filmikone Jim Curry. Dieser Gelsenkirchener Frank N. Furter ist ein zerrissenes Wesen, ist nicht nur grelle Ikone eines von Sex, Drugs und Rock'n-Roll geprägten Lebensgefühls, sondern hat eine verletzliche Seite. Man ahnt eine Wesensverwandtschaft mit dem übersensiblen Albin aus dem Cage aux folles. Bei allem tollen Lärm und brutalem Macho-Gehabe mit Strapsen und Kettensäge sucht da jemand nach Liebe, und diese Doppelseitigkeit bringt Wager faszinierend zum Ausdruck, stimmlich wie darstellerisch.

Szenenfoto kommt später

Geburtstagsparty für Rocky

Dann ist da noch Rüdiger Frank, als Riff-Raff, zunächst Diener und letztendlich Mörder von Frank N. Furter und mit seiner Körpergröße von nur 1,34 m und wildem Aussehen (schon sein Augenrollen ist den Besuch der Aufführung wert, aber Achtung: Er spielt nicht in allen Vorstellungen) naturgemäß ein Ausgestoßener und dadurch ebenfalls Verletztbarer, wie auch die leicht depressive Columbia (Annika Firley, auch sie mit vielen Zwischentönen). Und Sina Jacka als Janet und Peter Rembold als Brad, beide Mitglieder des hauseigenen "Jungen Ensemble am MiR", geben nicht nur ein sehr attraktives und nur anfänglich biederes Paar ab, sondern spielen auch überzeugend ihre zunehmende Lust an den sexuellen Verwandlungen aus. Christian Funk als bronzeüberzogenes Muskelpaket gibt den von Frank N. Furter erschaffenen Lustknaben Rocky als verunsichertes Wesen, das man sich durchaus als gutbürgerlichen Ehemann von Janet vorstellen kann. Kurz: Hier suchen alle nach ein bisschen Liebe.

Szenenfoto kommt später

Im Schattenriss sieht man: Es läuft anders als geplant für Frank N. Furter

Die ambitionierte Regie spielt allerlei Möglichkeiten der sexuellen Selbstfindung durch, und das in einem verfallenden Fabrikhallenambiente, wie man es sich im Ruhrgebiet gleich nebenan vorstellen kann, und das Personal kommt zunächst in bergmännischer Verkleidung zur Bühne, sodass man die hier ausgelebten mehr oder weniger geheimen Sehnsüchte wohl regional und zeitaktuell verorten darf. Das hätte leicht danebengehen können, pädagogisch wertvoll zwar, aber am Stück vorbei - doch dem Regieteam gelingt die Gratwanderung gut, weil das Konzept von einem hervorragenden Ensemble getragen wird und auch nie die Nähe zur Travestieshow abstreitet. Gleichzeitig baut der Regisseur noch etliche Filmzitate ein, mitunter etwas aufdringlich wie die Auftritte des Dr. Scott als Wiedergänger von Stanley Kubricks dämonischem Zyniker Dr. Seltsam (wenngleich Thomas Möwes das hinreißend spielt), was dann in der Summe doch etwas viel ist, über das sich aber leicht hinwegsehen lässt.

Szenenfoto kommt später

Bereit zur Rückkehr auf den Planeten Transsexual: Riff-Raff und Magenta

Nein, langweilig ist das ganz und gar nicht, weshalb die Zwischenrufe verhallen (andere kollektive Verbalattacken wie das "uuhhh" bei der Erwähnung von Dr. Scott funktionieren in dieser Aufführung nur ziemlich mau). Natürlich ist die Rocky Horror Show immer auch fröhliches Mitmach-Theater, und dafür verkauft das MiR eine "Rocky-Bag" mit "Survival Kit" - Blütenblätter, (gefüllte) Wasserspritze, Gummihandschuh, Toilettenpapier etc. samt Gebrauchsanweisung, wann und wie das jeweils einzusetzen ist. Gemessen am stolzen Preis von 6€ muss man den Inhalt freilich als homöopathisch dosiert bezeichnen ("Anarchie mit Stil" nennt sich das in der Sprache des MiR). Mit dem flotten Bühnengeschehen ( bei dem einzig die überraschungsarme Choreographie Wünsche offen lässt) kann das Spektakel im Zuschauerraum des kleinen Hauses nicht mithalten. Der durch die gute fünfköpfige Band befeuerten guten Stimmung tut das spärliche Toilettenpapierfeuerwerk keinen Abbruch.


FAZIT

Tatsächlich gelingt der Versuch, hinter die schrillen Masken der Figuren zu schauen und die Show trotzdem nicht kaputt zu machen: Tolle Aufführung, der es bestenfalls an ausreichenden Mengen fliegenden Toilettenpapiers mangelt.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Wolfgang Wilger

Inszenierung
Johannes Reitmeier

Bühnenbild
Michael D. Zimmermann

Kostüme
Andreas Meyer

Choreographie
Seân Stephens

Licht
Andreas Gutzmer

Sounddesign
Dirk Lansing

Dramaturgie
Anna Grundmeier



Statisterie des Musiktheater im Revier


Band:

Keyboard
Wolfgang Wilger

Gitarre
Drazen Zalac

E-Bass
Ian Stewart

Saxophon
Karsten Scheunemann

Drums
Andy Pilger


Solisten

* Besetzung der rezensierten Aufführung

Brad Majors
Tim Al-Windawe /
* Peter Rembold

Janet Weiss
* Sina Jacka /
Bele Kumberger

Frank 'n' Furter
Henrik Wager

Riff-Raff
* Rüdiger Frank /
Mark E. Murphy

Magenta
Christa Platzer

Columbia
Annika Firley

Rocky
Christian Funk

Eddie
Lars-Oliver Rühl /
* Philipp Werner

Dr. Scott
Thomas Möwes

Erzähler
Joachim G. Maaß /
* Klaus Nierhoff

Phantome
Katrin Bewer
Andrea Graf
Anna-Lea Knubben
Iris Oppatja
Arvid Assarsson
Philipp Georgopoulos



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Da capo al Fine

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