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Digitale Revolution

Konzeption und Entwicklung von Martina Veh
Musik von Johann Sebastian Bach (Auszüge aus der Johannespassion BWV 245 und der h-Moll-Messe BWV 232
kombiniert mit elektronischen Klängen von Gunnar Geisse

Gutenberg

Oper in einem Akt (9 Szenen)
Text und Musik von Volker David Kirchner


in englischer und deutscher Sprache mit Übertiteln mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Uraufführung im Großen Haus des Theaters Erfurt am 24. März 2016


Homepage

Theater Erfurt
(Homepage)

Auch der Himmel ist längst digital

Von Roberto Becker / Fotos von Lutz Edelhoff / © Theater Erfurt

Alle Jahre wieder lädt Generalintendant Guy Montavon nach Erfurt in das neue Opernhaus zu einer Uraufführung ein. Er macht das verlässlich und entgegen allen Mächten der Publikumsgewohnheit und Risiken, die Novitäten in der Oper so an sich haben. Seit das neue Haus 2003 mit einer Uraufführung von Peter Aderholds Luther eröffnet wurde, gibt es dort mindestens einmal im Jahr auch etwas Neues auf der Bühne. Jedenfalls etwas neu Komponiertes. Meist ohne jede Insider-Attitüde, manchmal aber auch etwas arg hausbacken.

Szenenfoto

Die digitale Revolution als Kaufrausch

Das reicht von der mit ziemlicher Verspätung 2012 uraufgeführten Oper Der Trank der Unsterblichkeit des auch komponierenden Dichters E.T.A. Hoffmann, die hier auf den Prüfstand gelangte (wenn auch mit dem Ergebnis, dass die Nachwelt mit ihrer Zurückhaltung im Hinblick auf dieses Werk wohl Recht hatte). Waiting for the Barbariens von Philipp Glass war 2006 ein solcher Erfolg, dass die Oper Erfurt damit auf Reisen ging und auch international Furore machte. In manchen Fällen (wie bei Der Richter und sein Henker 2008) blieben die szenische Verpackung (von Rosamund Gilmore), im Falle von Das Waisenkind von Jeffrey Ching die raffinierte Orchestrierungen in Erinnerung. Das Risiko einer Uraufführung einzugehen ist Dienst an der Gattung. Auch, wenn das Resultat - wie jetzt im Falle der neuen Gutenberg-Oper - eher mittelprächtig ausfällt.

Szenenfoto

Der Moderator zwischen den Verpackungskisten

In Volker David Kirchners Gutenberg, dem zweiten Teil des Doppelabends, dem die Regie ein fast gleichlanges Vorspiel mit dem leicht hochstapelnden Titel Digitale Revolution voran stellt, muss man manchmal an Bergs Wozzeck denken. Weil da Volksliedhaftes erinnernd aufscheint. Aber nicht wegen Bergs Musik, sondern nur wegen dieser Art von Melange. Mit seinem eigenen musikalischen Beitrag bleibt Kirchner in einem geschmeidig ariosen, dezidiert traditionellen Konversationstonfall. Er steuert also Musik der Marke "Keine Angst vor neuen Tönen" bei. Kirchner, Jahrgang 42, hat auch das Libretto verfasst. Für neun Szenen aus dem Leben(-sende) Johannes Gutenbergs, dem Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, der von 1400 bis 1468 lebte. Ein Mann des Fortschritts, mit Bewunderern und Neidern, aber auch mit entsprechend vehementen Gegnern - die Kirche schickt ihm wegen seines Bibeldrucks einen Probst (Julian Freibott) auf den Hals. Dass Kirchner Gutenberg mit dem Bewusstsein, eine Erfindung mit umwälzender Fernwirkung gemacht zu haben, ausstattet, macht Siyabuela Ntlade mit baritonaler Verve deutlich.

Szenenfoto

Gutenberg (vorne rechts) hat eine Marienerscheinung, die aussieht wie die Königin der Nacht

Im allzu schlicht geratenen ersten Teil müssen Teile der Johannes-Passion und der h-Moll-Messe von Bach einem von Gunnar Geisse live untergemischten Elektroniksound und einer platten Sprechblasen-Kommunikation ( Mensch, Masse, Konsum- und Smartphonesucht) standhalten. Der Moderator dieser Show (Schauspieler Mark Pohl) schafft es auch in die eigentliche Oper hinüber. Dort kehrt er als Apple-Gründer Steven Jobs zurück und diskutiert in der letzten Szene (im Cyberhimmel - wo sonst?) mit seinem Ahnherren in Sachen Kommunikationsrevolution die Vor-und Nachteile von Fortschritt im Allgemeinen.

Szenenfoto

Gutenberg hat es nicht leicht ...

Auch der Würfel (Gottes, wessen sonst !?) wird hier aufgeklappt zu einem metaphorischen Kreuz und ganz bühnenpraktisch zu einer Projektionswand. Für eine mittelalterliche Stube. Nicht radiert, sondern projiziert. Da geht man als scharfe Krankenschwester von heute hinein und kommt als gut verhüllte Nonne wieder heraus. Zum Beispiel. Was Torge Møller und Momme Hinrichs vom Videoduo fettfilm zu Martina Vehs Inszenierung und Christl Weins Ausstattung beisteuern, hat auch sonst Witz. Und illustriert hinreichend die überschaubare Handlungskost, bei der das Revolutionäre an Gutenbergs Entdeckung etwas zu kurz kommt. Samuel Bächli am Pult des Erfurter Orchesters, der Chor und die Protagonisten legen sich mächtig und mit der für die Erfurter Uraufführungen typischen Sorgfalt für diese Gutenberg-Oper ins Zeug.

FAZIT

Die Uraufführung von Kirchners Gutenberg hat ihren eigenen Reiz, der hinzugefügte Vorspann bleibt dagegen trotz der Anleihen bei Bach überwiegend platt.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Samuel Bächli

Inszenierung
Martina Veh

Ausstattung
Christl Wein
fettFilm

Chor
Andreas Ketelhut

Dramaturgie
Berthold Warnecke


Opernchor des Theaters Erfurt

Philharmonisches Orchester Erfurt


Solisten

Digitale Revolution

Moderator
Mark Pohl

Live Elektronik
Gunnar Geisse

Sopran
Daniela Gerstenmeyer

Mezzosopran
Katja Bildt

Bass
Gregor Loebel

Gutenberg

Gutenberg
Siyabulela Ntlale

Schwester (Nonne)
Katja Bildt

Knabe
Cornelius Joseph

Die Neuberin
Katja Bildt

Anführer
Reinhard Becker

Wirt
Gregor Loebel

Solo-Sopran
Daniela Gerstenmeyer

Drizehn
Won Whi Choi

Becher
Nils Stäfe

Henrici
Gregor Loebel

Geselle Ruppel
Julian Freibott

Hausdiener
Nils Stäfe

Verwundeter Mann
Won Whi Choi

1. Bürger
Julian Freibott

2. Bürger
Gregor Loebel

Emissär
Nils Stäfe

Haushälterin
Katja Bildt

Steve Jobs
Mark Pohl


Weitere
Informationen

erhalten Sie vom
Theater Erfurt
(Homepage)



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