Bremen - Gaetano Donizetti schrieb drei historische England-Opern: „Anna Bolena“ (1830), „Maria Stuarda“ (1834/35) und „Roberto Devereux“ (1837) behandeln das 16. Jahrhundert bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts in England. Inszeniert von Anna-Sophie Mahler, hatte „Maria Stuarda“ am Sonnabend im Theater am Goetheplatz in Bremen Premiere. Die musikalische Leitung hatte Olof Boman.

Anna-Sophie Mahler macht aus der Donizetti-Oper nach Schillers „Maria Stuart“ einen Psychothriller, indem sie sich ganz auf das Duell zwischen Maria und Elisabetta konzentriert. Das Bühnenbild von Duri Bischoff verzichtet komplett auf historisches Kolorit, es ist eine Art Verhörraum mit Lamellen-Fenstern. Bevor der erste Ton erklingt, sagt Elisabetta: „In meinem Ende liegt mein Anbeginn.“ Sie trägt dabei die Augenbinde, die sie später Maria bei der Hinrichtung anlegen wird.

In Mahlers Sicht geht es mehr um die Psyche als um einen Machtkampf, der bei Donizetti eher ein Kampf um einen Mann ist, nämlich um den Grafen Leicester, den beide lieben. Leicesters Entscheidung für Maria gibt letztlich den Ausschlag, dass Elisabetta ihre Rivalin zum Tode verurteilt.

Die szenische Reduktion intensiviert die psychologisch geschickt aufgebaute Spannung. Wie zwei Raubtiere kreisen die beiden Frauen umeinander beziehungsweise um Leicester. Sie sind vom Charakter zwar sehr verschieden – Elisabetta setzt auf die Ratio, Maria auf das Gefühl –, aber Mahler sieht darin zwei Seiten einer Medaille. Das verdeutlicht sie mit einer ausgefeilten Personenführung, bei der jede Geste, jeder Ausbruch passgenau erarbeitet ist. Der Bühnenraum verwandelt sich unmerklich in ein raffiniertes Spiegelkabinett.

Theresa Kronthaler war in Gesang und Ausdruck eine ungewöhnlich starke Elisabetta und stellte ein expressives, bezwingendes Porträt auf die Bühne. Patricia Andress konnte mit eher verhaltenem, weichem Sopran in ihren langen Abschiedsarien tief berühren. Hyojong Kim gab mit kräftigem Tenorstrahl der Verzweiflung Leicesters lebendigen Ausdruck. Christoph Heinrich gab mit sattem Bass den Grafen Talbot, Loren Lang den bösen Cecil.

Olof Boman ließ die Bremer Philharmoniker teilweise auf historischen Instrumenten spielen und erzeugte ein geschärftes Klangbild. Die dramatischen Zuspitzungen musizierte er geradezu atemberaubend aus. Ein großer Abend!