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Pfingstfestspiele: Umjubelte Premiere von "West Side Story"

Frenetische Standing ovations belohnten am Freitag das Experiment, mit dem Cecilia Bartoli als Leiterin der Salzburger Pfingstfestspiele schon bei ihrer Ankündigung vor einem Jahr aufhorchen ließ: Leonard Bernsteins "West Side Story" in der Felsenreitschule aufzuführen.

Pfingstfestspiele: Umjubelte Premiere von "West Side Story"
Pfingstfestspiele: Umjubelte Premiere von "West Side Story"
Pfingstfestspiele: Umjubelte Premiere von "West Side Story"
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Pfingstfestspiele: Umjubelte Premiere von "West Side Story"
Pfingstfestspiele: Umjubelte Premiere von "West Side Story"
Pfingstfestspiele: Umjubelte Premiere von "West Side Story"
Pfingstfestspiele: Umjubelte Premiere von "West Side Story"

Überraschung über die Werkwahl mischte sich damals mit der Skepsis, wie eine so opernerfahrene und -geprägte Sängerin wie Cecilia Bartoli sich als Musicalheldin bewähren würde.

Noch nie war bei den Salzburger Festspielen ein Musical zu hören, noch nie war die Breitwandbühne zu einem "Broadway" geworden und noch nie hat Cecilia Bartoli selbst auf dieser Bühne eine Rolle gesungen. Jetzt hat sie sich, knapp vor ihrem 50. Geburtstag, den Jugendtraum erfüllt, in der tragischen Romeo-und-Julia-Adaption aus dem New York der 1950-er Jahre die Rolle der Maria zu übernehmen.

Das ist zunächst einmal eigentlich keine ausufernde Rolle, erfordert aber gleichwohl eine genau fokussierte Präsenz und typgemäße Glaubwürdigkeit. In der Konzeption wendet daher Regisseur Philip Wm. McKinley, der das Geschehen mit Sinn für Show und Timing, aber auch für berührende, verinnerlichte Momente souverän durch das spektakuläre Bühnenbild von George Tsypin steuert, einen dramaturgischen Kniff an.

Er schafft zwei Marias, das junge Mädchen (intensiv und authentisch: Michelle Veintimilla), das seine Liebesgeschichte mit Tony und die rassischen Auseinandersetzungen zwischen den Jets und den Sharks sozusagen real erlebt, und die ältere Maria (Cecilia Bartoli), die reife Frau von heute, die aus der Erinnerung auf dieses Geschehen, auf Liebe, Streit und Tod, zurückblickt.

Diese Maria ist immer auf der Bühne anwesend, geistert sozusagen durch ihre einst erlebte West Side Story, schaut den Handelnden zu in jener Geschichte, die sie bis zur bitteren Neige erleben musste, greift fallweise in den Dialog ein und singt die Nummern, die Leonard Bernstein für sie komponiert hat. Sie tut es mit kontrolliert geführter, aber doch im Verein mit den musicalgeeichten anderen Solisten und Ensembles fremd wirkender Opernstimme (was durch den Komponisten selbst durchaus beglaubigt ist), microport-verstärkt und dabei immer um etwas artifiziell wirkende Zurückhaltung bemüht. Sie bekommt den tragischen Tod ihres geliebten Tony (den Norman Reinhardt ebenfalls mit expansiven, aber schlanken "Operntönen" ausstattet) offenbar auch Jahre, nachdem er geschehen ist, nicht aus dem Sinn. Am Ende wird sie sich vor den Zug werfen - und in der Apotheose endlich mit Tony vereint sein können.

Man kann diesem Ansatz, der gleichsam aus dem Alter eine Tugend macht, eine intelligent gedachte Substanz nicht absprechen; er ist auf die Diva zugeschnitten und wird charakterlich behutsam modelliert. Gleichzeitig rückt der Stoff dadurch aber etwas zu gemütvoll in die Vergangenheit der 1950-er Jahre zurück, erhält einen nostalgisch-melancholischen Touch, den auch der Dirigent Gustavo Dudamel, als Feuergeist beliebt, mit seinem Simon Bolivár Orchester seltsam gezügelt und ungewohnt weich und schmiegsam abtönen lässt.

Dem imposanten Gesamteindruck, der exzellenten Ausführung durch das große und doch individuell typisierte Ensemble, dem schauspielerischen und tänzerischen Können, der rasanten Choreographie (Liam Steel), der raffinierten Lichtregie und der technisch meisterlichen Beherrschung des Ambientes, kann das nichts anhaben. Und deswegen waren die Ovationen letztendlich verdient. Sie wurden durch den Mambo, der längst zum Markenzeichen des venezolanischen Orchesters geworden ist, noch einmal befeuert, und auch auf der Bühne herrschte, trotz tragischem Ende, zuletzt ausgelassene Laune. Die zweite Pfingstaufführung und die sieben Wiederholungen im Sommer sind längst ausverkauft.

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