Angela Brower (li.) als Dorabella, ihr zur Seite Julia Kleiter als Fiordiligi: So machen sie‘s in der Felsenreitschule.

Foto: APA/Barbara Gindl

Salzburg – Die Höllenfahrt der Gefühle, die in Così fan tutte an der Oberfläche als heiteres Verstelldichein daherkommt, endet in der Felsenreitschule mit Flucht. Womöglich müssen sich die Teilnehmer dieses Experiments, zu dem sie Don Alfonso (grandios Michael Volle) mit seinen (wie die Geheimbündler in Stanley Kubricks Eyes Wide Shut) Maskierten mehr gewaltsam zwingt als verführt, gleich übergeben. Nachdem sie in die Abgründe ihrer Wankelmütigkeit geblickt hatten, graut ihnen vor der Selbsterkenntnis und den Wechselpartnern.

"Nichts wie weg!", schreit ihnen die Regie von Sven-Eric Bechtolf zu. Das Entsetzen und die Ratlosigkeit, die Julia Kleiter (als Fiordiligi vokal mitunter mit kostbarster Lyrik), Angela Brower (spielfreudig als Dorabella), Mauro Peter (klangschön, aber ein Ferrando mit Intonationstrübungen) und Alessio Arduini (ein vokal bisweilen deftig orgelnder Guglielmo) befallen, lassen jedoch Regiequalität aufblitzen. Zum Schluss zeigt sich also jene Gestaltungseleganz, die Bechtolfs Arbeiten prägen kann.

Zuvor allerdings eine vergebliche Suche nach dem Mehrwert dieses Transfers einer intimen Oper in den Riesenraum. Bechtolf, diesmal auch für das Bühnenbild zuständig, dekoriert die Felsenreitschule mit ein paar ramponierten Fuhrwagen und einem Studierraum. In der Mitte wartet eine Spielfläche, die drei bemalte Leinwände begrenzen, ohne jedoch auch den Handlungsradius der Figuren zu verengen.

Nichts Neues

Die Herren grimassieren nicht nur gerne. Soll‘s recht ausgelassen zugehen, wird an der Rampe derb getanzt. Schließlich verabschiedet Despina (witzig Martina Jankova) alle – ein Käsebrot schmatzend – in die Pause. Klamauk dröhnt also im Riesenraum. Und wenn die Figuren über dem Orchester herumhüpfen (es befindet sich in einer Schwimmbeckenposition), geht die letzte – auch instrumentale – Feinheit verloren.

Das alles erinnert zwar nicht mehr an Bechtolfs Così, die im Haus für Mozart zu sehen war und ihrerseits eher frech an Bechtolfs Züricher Così erinnert hatte. Es zeigt jedoch, dass ein aus logistischer Verlegenheit gewählter Riesenraum alles banalisiert.

Nichts Neues. Auch ein Nikolaus Harnoncourt hat hier mit seinem Concentus bei der Zauberflöte wenig Strahlkraft entfaltet. Und Dirigent Ottavio Dantone und das Mozarteum Orchester mögen sich um historisch informierte Feinheiten bemühen. Wirkliche Präsenz ergab sich nur an dramatischen Stellen; der Rest war harmlos schön, unscheinbar. (Ljubisa Tosic, 31.7.2016)