Tödliche Begegnung: Alain Coulombe (Il Commendatore), Carmela Remigio (Donna Anna) und Ildebrando D'Arcangelo (Don Giovanni).

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Salzburg – Im Nobeletablissement, nennt es Hotel zum steinernen Gast, geht ein Duo – mit Teufelchenmasken anonymisiert – seinem Spielchen nach. Diener Leporello hält sich gestresst im Hintergrund, während Herr Giovanni wieder versucht, einer Dame seine Vorzüge näherzubringen. Dass mit Donna Anna alles ein bisschen sehr schiefgeht und ihr Vater lästigerweise vorbeikommt, um im Duell seinen finalen Atemzug zu absolvieren (Giovanni führt mit Annas Hand den Messerstich durch)? – eine Petitesse.

Es dient und leidet zwar Leporello an seinem umtriebigen Brötchengeber. Don Giovanni ist hier mehr als nur der Schwerenöter mit Bodenhaftung. Die nie tiefgründige, aber immer elegante Inszenierung von Salzburg-Intendant Sven-Eric Bechtolf definiert Giovanni (in dieser Wiederaufnahme aus 2014) als Prinzip, als elementare Energie des Freiheits- und Rauschdranges, der nicht beizukommen ist.

Wieder unterwegs

Nach Giovannis letaler Züchtigung durch den erdolchten, dann skulptural-versteinert wiederkehrenden Commendatore (vokal eher blass Alain Coulombe) nimmt der Bestrafte seine Mission denn auch wieder auf. Während es gesanglich für seine Verfolger und ihre Moralpredigt ins Finale geht, erhebt sich der begehrende Giovanni. Es gilt abermals, ein Mädchen zu überzeugen.

Bis dahin muss eine turbulente Hotelnacht mit allerlei Hindernissen und Ausweglosigkeiten überstanden werden; und Bechtolfs Handwerk ist hierbei in seinem hilfreichen Element. Besonders Luca Pisaroni (als vokal guter Leporello) findet zu einer komödiantischen Differenzierung, die sowohl Slapstickwünsche bedient, als auch einen Blick in die Psyche eines seinem Arbeitgeber mit Faszination ebenso wie mit Ekel begegnenden Bediensteten.

Ildebrando D'Arcangelo ist da eher auf der distanziert-noblen Seite. Sein Don Giovanni schwebt galant durch Probleme, ruht grübelnd in Posen und ist vokal zwar mit imposantem Grundsound unterwegs. Flexibilität und Nuancen abseits des quasi Mezzoforte-Duktus bekommen keinen Auftritt. Bezeichnenderweise besonders im Ständchen. Im Vergleich zu der flatterhaften Gesangsart, den Carmela Remigio (als Donna Anna) und besonders Layla Claire (als Donna Elvira) zelebrierten, war dieser Giovanni allerdings zumindest nervenschonend. Wie auch Valentina Nafornitas Pianissimi galt (als Zerlina), obwohl bei ihr zunächst seltsam Fragiles zu hören war. Klanglich am kultiviertesten wirkte über weite Strecken Paolo Fanale (als Don Ottavio), solide Iurii Samoilov (als Masetto).

Dem singenden Prinzip Freiheit hauchten die Wiener Philharmoniker unter Dirigent Alain Altinoglu durchgehend glutvoll und luxuriös Sinn und Leben ein. Harmloser Schönklang war das nicht. Auf opulenter Grundlage gab man sich differenziert, impulsiv und überzeugend pointiert im Detail. Reichlich Applaus für alle. (Ljubisa Tosic, 5.8.2016)