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Ende gut, alles gut im Hühnerstall des Herrn Cimarosa

REST DER WELT / INNSBRUCK / IL MATRIMONIO SEGRETO

14/08/16 Kaum zu glauben, aber wahr. Domenico Cimarosas erfolgreichste Oper, „Il matrimonio segreto“, gefiel Kaiser Leopold II bei der Uraufführung im Wiener Hoftheater so gut, dass er sie gleich ein zweites Mal sehen wollte. – In Innsbruck wird sie drei Mal aufgeführt, aber an verschiedenen Abenden.

Von Oliver Schneider

Leopold hatte den in ganz Europa erfolgreichen, aus Kampanien stammenden Komponisten 1791 nach Wien geholt. Wenn das Werk strichlos gespielt wurde, waren das damals rund acht Stunden Liebeleien und Verwicklungen, zwei Pausen eingerechnet.

Aus der Sicht der Nachwelt kann man das nach Mozart und Rossini, zwischen denen Cimarosa eine (zusätzliche) Brücke bildet, nur teilweise nachvollziehen. So turbulent die Handlung ist, für die der Librettist Giovanni Bertati auf die sozialkritische Kupferstichfolge „Marriage à la mode“ von William Hogarth und die Komödie „The Clandestine Marriage“ von George Colman d. Ä. und David Garrick zurückgriff. Der Buchhalter des reichen Geronimo hat sich heimlich mit dessen Tochter Carolina verheiratet. Ihre ältere Schwester Elisetta soll ihrerseits den Grafen Robinson heiraten, der sich aber dummerweise in Carolina verliebt. Und Paolino wird zusätzlich zum begehrten Liebesziel ihrer Tante Fidalma.

Das Regie-/Ausstattungsduo Renaud Doucet und André Barbe verlegt die voraussehbaren Turbulenzen in einen Hühnerstall, in dem auf Schwarz-Weiss-Prospekten Strohballen, Mistgabeln, ausrangierte Bücher und ein Fauteuil – der Stall scheint zu einem herrschaftlichen Haus zu gehören – in den richtigen Dimensionen zum Hühnvervolk gezeigt werden. Die Herren sind natürlich die Gockel: der wichtigtuerische Geronimo, der sich schon in seiner Auftrittsarie als Erz-Buffonist beweisen darf (köstlich Donato Di Stefano) und der zu einer anderen Hühnerrasse gehörende, aber ebenso kunterbunte Graf (Roberto Girolami) mit Kilt, der dank Carolina zeitweise im siebten Himmel schwebt und zu Höchstform aufläuft, wenn er der ihm zugedachten Elisetta von seinem schlechten Charakter erzählt. Paolino ist neben ihnen nur ein „Hähnchen“ mit seinem bescheidenen Kamm. Jesús Álvarez agiert wie die beiden Kollegen mit vollem Einsatz, bleibt aber stimmlich matt und zu wenig geschmeidig. Und in der von einer einschmeichelnden Klarinettenmelodie eingeleiteten Entührungsarie kommt er bei den Fiorituren (noch) an seine Grenzen.

Spielfreudig und stilistisch souverän sind mit leicht ansprechenden Sopranen die beiden Schwestern: Klara Ek als koloratursichere Elisetta und vor allem Giulia Semenzato als Carolina. Die Fidalma hätte eigentlich Vesselina Kasarova übernehmen sollen, die aber wenige Tage vor der Premiere Opfer eines Raubüberfalls geworden war. Für sie ist die junge, rollenerfahrene Italienerin Loriana Castellano eingesprungen, deren Mezzosopran wunderbar mit den übrigen Stimmen harmonierte.

Das Regieteam lässt den Protagonisten und den zusätzlich Akrobatik-Einlagen zum Besten gebenden Käferchen und Insekten viel Raum, um sich auszutoben, sorgt aber auch für Konzentration auf die Musik in den zum Teil sehr anspruchsvollen Arien und Ensembles. Immerhin standen Größen wie die Malibran oder Rubini im 18. Jahrhundert auf der Bühne.

Intendant Alessandro De Marchi führt die Piemonteser Originalklangformation Academia Montis Regalis stilsicher durch den Abend. Mit federnder Eleganz und einfühlsam in den wenigen lyrischen Momenten, schmissig und beschleunigend vor allem im zweiten Akt und selbstverständlich in den beiden Finali als großen Höhepunkten jeder Buffo-Oper.

Dass der Glanz der heimlichen Ehe heute verblasst ist, wird allerdings auch diese rundherum gelungene Produktion nicht ändern. Schon die nicht enden wollende, repetitive Ouvertüre, dramaturgisch überflüssige Wiederholungen und zum Teil ungelenke, zu lange Rezitative zeigen deutlich, warum wir heute viele Werke von Mozart oder Rossini vorziehen.

Die Innsbrucker Festwochen für Alte Musik feuern heuer ihr vierzigjähriges Bestehen. Zweite szenische Produktion ist „Le nozze in sogno“, Pietro Antonio Cesti zugeschrieben, am 19., 21. und 22. August im Innenhof der Theologischen Fakultät. Enrico Onofri hat die musikalische Leitung. Am 23. August gibt es eine konzertante Aufführung der „Alceste“ von Christoph Willibald Gluck mit René Jacobs am Pult.

Weitere Vorstellungen von „Il matrimonio segreto“ heute Samstag (14.8.) und am 16. August – www.altemusik.at
Bilder: Festwochen der Alten Musik / Rupert Larl

 

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