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Musiktheater
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Salome

Musikdrama in einem Aufzug
Libretto vom Komponisten nach Oscar Wildes gleichnamiger Dichtung in deutscher Übersetzung von Hedwig Lachmann
Musik von Richard Strauss


In deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 1h 30' (keine Pause)

Premiere an der Sächsische Staatsoper Dresden am 25. September 2016
(rezensierte Aufführung: 27. September 2016)


Homepage

Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)
Schutzraum Kinderzimmer

Von Roberto Becker / Fotos © Forster

Die Salome von Oscar Wilde ist schon pure Poesie. Eiskalt funkelnd. Bei Richard Strauss wird die Geschichte der Prinzessin von Judäa als Operneinakter zu einem schwül überhitzten Stück über Begehren, Verweigerung und Blutrausch. Mit diesem genialen Opus startete der Bajuware durch, um dann an der Moderne vorbei, seine Musik als eigenständiges Feuerwerk am Opernhimmel zu zünden und funkeln zu lassen. Ganz gleich, was derweil zu seinen Füßen mit der Welt geschah. Nach der Salome (1905) jedenfalls und der folgenden Elektra (1909) hätte er auch zu den Protagonisten der Moderne vordringen können. Er machte aber 1911 auf dem Rosenkavalier-Fuß kehrt in sein eigenes Reich des post-spätromantischen Schwelgens. So schummelte sich der zeitweilige Reichsmusikkammerpräsident auch an den Forderungen des Nazireiches vorbei. Und in die Herzen der an der Moderne Ermüdeten. Allein was tut's, um es mit Salome zu sagen.

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Jochanaan und Salome

Die Story aus dem Palast des auf die eigene Stieftochter geilen Herodes und der Herodias, die viel mehr Männer viel näher kennt, als ihrem Ruf gut tut, um den fanatischen Propheten, der nur seinen Gott an sich heran und die Prinzessin abblitzen lässt, die ihn küssen will, treibt auf die Enthauptung zu und kulminiert im Liebesspiel der außer sich geratenen Göre mit dem blutigen Kopf und ihrer eigenen Hinrichtung. Das bleibt ein Skandalstück - man hat sich nur daran gewöhnt. Allein an der Semperoper, an der es uraufgeführt wurde, gibt es nur wenige Jahre ohne eine Salome im Programm. Dass Michael Schulz und sein Bühnenbildner Dirk Becker sie in ein Kinderzimmer verlegen, macht durchaus Sinn. Niemand wird mit Neigung zu abgeschlagenen Männerköpfen geboren. Dass es hier um eine verquere, gleichsam fundamentalistische Reaktion auf ein Missbrauchstrauma geht, liegt quasi auf der Hand. Und so weigert sich diese Salome, erwachsen zu werden. Der sie anschmachtende schöne junge Syrer Narraboth etwa (Daniel Johansson) tritt hier als Teddybär auf.

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Herodias, Herodes und Salome

Wenn er sich umbringt, sieht das nur nach kaputtem Spielzeug mit heraushängender Holzwolle aus. Gegen die geschäftsmäßig mit dem Hausherrn streitenden, konferierenden, feiernden, sich vergnügenden Männer freilich hilft diese Autosuggestion Salomes nicht. Die sind wirklich da, wie Eindringlinge, die im Kinderzimmer nichts zu suchen haben. Und schon gar nicht, um dem Auftritt des halben Dutzend Nackttänzerinnen sabbernd zuzusehen, der hier anstelle von Salomes Schleiertanz die ganze Perversität der Situation eher ins kleinbürgerlich Spießige verharmlost als illustriert. Intellektuell ähnlich matt bleibt auch der Auftritt des Jochanaan. Dafür fährt das Kinderzimmer wie durch einen Tunnel aus Lichtertoren in den Hintergrund der Bühne und mit Markus Marquardt taucht ein ziemlich zauseliger, kein bisschen attraktiv wirkender Ideologe der reinen Morallehre am Schreibtisch sitzend aus der Versenkung auf.

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Nach dem Schleiertanz hat sich Herodes ein Kleid übergezogen

Auch hier bleibt der Funke, der laut Musik zünden müsste, blanke Behauptung. Am überzeugendsten folgt noch Herodias dem Regieansatz. Nicht nur weil Christa Mayer ihr gesamtes Charisma für eine Königin einbringt, die in der einen Hand am liebsten ein Sektglas hält und mit der andere das Hinterteil ihres smarten Lustknaben tätschelt. Der ist auch gleich noch als Henker engagiert und geht am Ende, wenn Herodes aus der Tarnung des Kleiderschrankes seinen "Man töte dieses Weib" - Befehl gegeben hat, mit dem noch blutverschmierten Schwert auf das Bett zu, in dem sich Salome neben den hindrapierten Kopf des Propheten gelegt hat.

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Salome hat den Kopf, den sie wollte

Man spürt die Absicht der Regie, aber sie geht nicht auf. Was besonders auffällt, weil sich Dirigent Omer Meir Wellber voll auf das Untergründige, auf die falsche kalte Schönheit der Musik und ihre gefährlichen Klippen einlässt. Die Säschsische Staatskapelle liefert den Strauss der Luxusklasse, den man vor ihr erwartet. Überraschend gut kommt Lance Ryans Herodes vokal gegen die Brandung aus dem Graben an. Jennifer Holloway kann ihre schöne Stimme und das Potenzial für eine wirklich packenden Salome immerhin vorführen. Insgesamt bleibt sie zu sehr die Bewohnerin des metaphorischen Kinderzimmers. Kämen da ein paar Herren in weißen Kitteln, wäre man nicht erstaunt. Immerhin.


FAZIT

Omer Meir Wellber und Michael Schulz versuchen sich in Dresden an einer neuen Salome, gehen dabei aber unterschiedliche Wege. Der Dirigent mit mehr Überzeugungskraft als der Regisseur.


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Omer Meir Wellber

Inszenierung
Michael Schulz

Bühne
Dirk Becker

Kostüme
Renée Listerdal

Choreographie
Koko La Douce

Licht
Fabio Antoci

Video
Philipp Contag-Lada

Dramaturgie
Anna Melcher



Sächsische Staatskapelle Dresden


Solisten

Herodes
Lance Ryan

Herodias
Christa Mayer

Salome
Jennifer Holloway

Jochanaan
Markus Marquardt

Narraboth
Daniel Johansson

Ein Page der Herodias
Christina Bock

Erster Jude
Aaron Pegram

Zweiter Jude
Tom Martinsen

Dritter Jude
Simeon Esper

Vierter Jude
Gerald Hupach

Fünfter Jude
Michael Eder

Erster Nazarener
Tilmann Rönnebeck

Zweiter Nazarener
Khanyiso Gwenxane

Erster Soldat
Martin-Jan Nijhof

Zweiter Soldat
Luciano Batini?

Ein Cappadocier
Alexandros Stavrakakis

Ein Sklave
Menna Cazel

Tänzerin 1
Fräulein Clara

Tänzerin 2
La Viola Vixen

Tänzerin 3
Golden Treasure

Tänzerin 4
Koko La Douce

Tänzerin 5
Tronicat la Miez

Tänzerin 6
Banbury Cross



Weitere Informationen
erhalten Sie von der
Sächsische Staatsoper Dresden
(Homepage)



Da capo al Fine

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