Nürnberg
Musical zur Filmkomödie

Nürnbergs Oper wagt den Vergleich mit "Manche mögen's heiß"

31.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:06 Uhr

Vergnügt-verrücktes Trio: Joe-Josephine (Andreas Köhler), Daphne (Sophie Berner) und Jerry-Daphne (Oliver Severin, von links) im Musical "Sugar" in Nürnberg. - Foto: Missbach

Nürnberg (DK) Doch, es gibt Bühnenadaptionen, die mit sehr guten Filmen mithalten können. Der unsichtbare Hase in "Mein Freund Harvey" bezaubert bei feinsinniger Inszenierung sehr wohl - trotz James Stewart im Film. Die "Rocky Horror Show" oder "Ein Käfig voller Narren" toben über viele Bühnen.

Warum also nicht Billy Wilders überragende Filmkomödie "Manche mögen's heiß"?

Am Broadway lief die Musicalfassung von der Ukelele spielenden und singenden "Sugar" alias Marilyn Monroe und den sich als "Josephine" und "Daphne" in eine Frauen-Tanzkapelle einschleichenden Tony Curtis und Jack Lemmon ab 1972 relativ erfolgreich. Mit einem in "leichter Muse" erfahrenen Team wagte sich nun Nürnbergs Oper an die seit 1989 existierende deutsche Fassung.

Es gab viele Lacher, und viele Nummern wurden beklatscht. Doch es sind die urkomischen Situationen und Verwicklungen des singulären Filmdrehbuchs, die beim Wiedererkennen im hoch engagierten Bühnenspiel erneut amüsieren. Denn so deftig Dirigent Volker Hiemeyer und in Big-Band-Besetzung aufspielenden Nürnberger Philharmoniker auch loslegten: Die von Bob Merrill und Jule Styne geschriebenen Songs, Duos und Ensembles haben keine "Mitsumm-" oder "Ohrwurm-" oder "Hit-Qualität". Regisseur Thomas Enzinger, Ausstatter Toto und Karl Wiedenmann (Licht) ließen in flüssig und gekonnt wechselnden Hängedekorationen, hübschen Showkostümen und stimmiger Lichtatmosphäre alles ablaufen. Der erste Auftritt von "Josephine und Daphne" mit "Hier steckt Feuer unterm Kleid" besaß Pep, doch ihre Szenen im Zug waren schon zu lang und die intendierte Vertiefung - beider Skrupel, dass man die naive Sugar nicht durch neue Lügen unglücklich machen dürfe - gelang nicht. Dabei standen mit Sophie Berners Sugar, die "I Want To Be Loved By You" sehr gut servierte, sowie Andreas Köhler (Joe-Josephine) und Oliver Severin (Jerry-Daphne) Könner auf der Bühne - doch die Musicalhandlung blieb zu eng am Filmablauf: Prompt dominierte die Erinnerung an die einzigartige Trias Monroe-Curtis-Lemmon die Bühnenrealität.

Zweimal löste sich das Musical vom grandiosen Vorbild. Gangsterboss "Galaschen-Colombo" und seine fünf Killer verfeuerten ihre Kugeln als Knallen ihrer Step-Schuheisen - eine gespenstisch pfiffige Idee und von den sechs Tänzern auf höchstem Niveau hingefetzt - rauschender Szenenbeifall. Und aus der Knallcharge des alten, leicht vertrottelten Milliardärs Osgood samt seinen vergreisten Artgenossen machte Richard Kindley die gelungenste Szene des Abends: Am Strandabschnitt "Life's a Beach" rappelten er und die Herren sich mühsam aus ihren Liegestühlen hoch und führten dann ein von Ramesh Nair hinreißend geriatrisch choreografiertes Gehstock-Ballett vor - das überwiegend silberhaarige Premierenpublikum brach gleichsam vor seinem Spiegelbild in Jubel aus. Und als Kindley dann noch unter Beweis stellte, dass er in einer "Vesti la giubba"-Einlage mit Caruso tenoral mithalten konnte, kannte die Begeisterung keine Grenzen. Doch für einen ganzen Abend war das zu wenig - der Theater- wie der Musical-Freund verlässt die Aufführung mit einem gedehnten: "Na ja!"

Weitere Vorstellungen u.a. am 4., 6., und 23. November Infos unter www.staatstheater-nuernberg.de" class="more"%>.