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"Romeo et Juliette" in der Grazer Oper

Für seine Grazer Inszenierung von Charles Gounods "Romeo et Juliette" hat Ben Baur das Liebespaar offenbar nach Downton Abbey verfrachtet, wo sich die Tochter des Hauses in einen Diener verliebt. Es endet auch im englischen Herrenhaus letal, davor dürfen aber die Sänger noch sehr gute Leistungen zeigen. Der optisch und musikalisch erfreuliche Abend fand am Samstag entsprechenden Anklang.

Eine halbrunde Steinmauer begrenzt die Bühne, darin ein langer Esstisch, silberne Kerzenleuchter und vor allem jede Menge Bedienstete. Adrett gekleidete Hausmädchen in schwarzen Kleidern und weißen Schürzen, die Diener machen im Anzug auch eine gute Figur. Das alles kennt man aus Filmen und vor allem Fernsehserien, man mag es oder auch nicht, auf jeden Fall ist es durchdacht und hübsch anzusehen. Die zeitlos-tragische Liebesgeschichte funktioniert auch in England zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Juliette ist hier die etwas überspannte, reizende Tochter der Familie, die bei einem steifen Abendessen ihren Verlobten kennenlernt und sich im Anschluss an das fade Treffen Hals über Kopf in einen neuen - vermeintlichen? - Diener verliebt. Man findet sich im Park, heiratet unter den strengen Augen der Hausdame und verbringt eine romanische Nacht im Schein unzähliger Kerzen. Dann trinkt Juliette den Schlaftrunk, und alles wird für sie zum Alptraum, aus dem sie erst im Tod wieder erwacht.

Plötzlich haben vertraute Personen verzerrte Gesichter oder tragen Geweihe, alles kippt ins Irreale. Sehr schön ist die Idee, das Liebespaar von einer Tänzerin und einem Tänzer spiegeln zu lassen, als Weiterführung, Doppelung, Verdeutlichung (Choreografie: Beate Vollack). Zuletzt liegen die beiden Liebenden allein auf der Bühne, der Rundhorizont hebt sich, es ist nur noch schwarzer Hintergrund zu sehen.

Regisseur Ben Baur, der auch für die Bühne verantwortlich zeichnet, zeigt schöne Bilder, Uta Meenen kleidete die Darsteller elegant ein. Die Personenführung ist nicht besonders ausgefeilt, die meisten Figuren agieren allein berührender als miteinander. Musikalisch setzte Dirigent Robin Engele auf kompromisslose Romantik und satte Klangbilder, die Details gingen oft ein wenig unter. Sophia Brommer erntete für ihre Juliette jubelnden Applaus, sie sang die Partie mit sicherer Stimme und intensivem Ausdruck.

Ebenso begeistert wurde Kyungho Kim als Romeo aufgenommen, er verfügte über strahlende Höhen ebenso wie über eine tragfähige Mittellage. Eine Klasse für sich war Dshamilja Kaiser (Gertrude) als Hausdame, die von der Haltung her sehr an Hitchcocks Mrs. Danvers aus "Rebekka" erinnerte und mit dunkel-samtiger Stimme eine starke Figur entstehen ließ. Aufhorchen ließen auch Dariusz Perczak (Mercutio), Markus Butter (Graf Capulet), Peter Kellner (Bruder Laurent) und - in einer einzigen, aber sehr einprägsamen Szene - Anna Brull (Stephano). Irena Panzenböck verlieh der alten Fürstin tänzerisch die drohende Gebärde der bösen Fee aus Tschaikowskys "Dornröschen". Alles in allem ein gelungener Abend auf Downton Abbey.

(S E R V I C E - "Romeo et Juliette" von Charles Gounod in der Grazer Oper. Regie und Bühnenbild: Ben Baur, Kostüme: Uta Meenen, Dirigent: Robin Engelen, Choreografie: Beate Vollack.. Mit: Sophia Brommer (Juliette), Anna Brull (Stephano), Dshamilja Kaiser (Gertrude), Kyungho Kim (Romeo), Taylan Reinhard (Tybalt), Manuel von Senden (Benvolio), Dariusz Perczak (Mercutio), Ivan Orescanin (Paris), Markus Butter (Graf Capulet), Peter Kellner (Bruder Laurent), Konstantin Sfiris (Der Herzog), Martin Simonovski (Gregorio), Irena Panzenböck (Fürstin), Lucie Horna (Tänzerin), William John Banks (Tänzer). Nächste Vorstellungen: 9., 17., 27. und 30.11., 10. und 22. Dezember 2016. Karten unter Tel. 0316/8000 oder mailto:tickets@buehnen-graz.com, http://www.oper-graz.com.)

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