SN.AT / Kultur / Kunst

Jubel für Doderers "Liliom" in München

Was Giacomo Puccini vor knapp 100 Jahren verwehrt blieb, durfte nun die österreichische Komponistin Johanna Doderer: den "Liliom" von Ferenc Molnar als Oper musikalisch verarbeiten. Von einem italienischen Schmachtfetzen wie "La Boheme" war die Uraufführung gestern, Freitag im Münchner Gärtnerplatztheater weit entfernt. Johanne Doderer gräbt tiefer.

Es dauerte eine Zeit, bis Molnars "Liliom" an den Theatern Gefallen fand. Ausgerechnet dann, als Alfred Polgars deutsche Übersetzung, die die Handlung vom Budapester Stadtwäldchen in den Wiener Prater verlegt, im Theater in der Josefstadt zur Aufführung kam, nahm der Erfolg seinen Lauf. Liliom, eine Geschichte, die besser in Österreich funktioniert? Die Beweggründe des Gärtnerplatztheaters bleiben im Ungewissen, dennoch hat man mit Johanna Doderer und Josef Köpplinger das Vertrauen in österreichische Hand gelegt.

Köpplinger hat das Libretto geschrieben und sich dabei an die Übertragung von Alfred Polgar gehalten. Trotzdem steht das Ringelspiel der Frau Muskat im Budapester Stadtwäldchen. Auch der Zug wird später nach Wien fahren, wie es Molnar im Original beschrieb. Sprachlich befindet man sich aber quasi Mitten in Wien. Liliom beschimpft Muskat als "alte Bissgurn" und gezahlt wird an der Kassa - auch in München. Alles ist eine Schau. Dazu braucht es nicht viele Requisiten. Bedrohlich wie ein Damoklesschwert hängt das Dach des Ringelspiels über der Bühne und dem Geschehen und die typischen Schausteller-Gestalten sitzen am Rand und sehen dem Spektakel zu.

Abgebrüht und kalt sind die Hauptcharaktere, gezeichnet vom Leben und Überleben. Der Schaukelbursche Liliom ist auf dem Ringelspiel ein Mann vieler Worte, über seine Gefühle hat er allerdings nicht viel zu sagen. Daniel Prohaska gibt den Hallodri, dem scheinbar wirklich alles egal ist, doch sein klarer weicher Gesang zeigt, dass es auch eine verletzliche Seite gibt. Diesem Macho erliegt der ganze Prater und allen voraus Frau Muskat. Angelika Kirchschlager singt zwar, dass sie noch nie jemanden gefressen hätte, in Wahrheit traut man genau das ihrer Frau Muskat in jeder Minute zu. So verliebt ist sie in ihren Liliom, dass sie allen anderen Frauen von vorne herein mit Missgunst gegenüber tritt.

Schon das Original ist ein Stück über das Nicht-Reden. Genau da setzt Johanna Doderers Musik an. Sie komponiert, was die Figuren auf der Bühne nicht zeigen wollen und dürfen: Gefühle. Das Beste Beispiel ist der Moment, in dem Julie Liliom erzählt, dass sie ein Kind von ihm erwartet. Hier lässt Doderer Prohaska ganz subtil zwischen Dur und Moll schaukeln, anschaulicher kann man seine Zerrissenheit kaum darstellen. Solche Momente gibt es viele und das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz unter der Leitung von Michael Brandstätter setzt sie gut um.

"Liliom" als Oper funktioniert, hauptsächlich aber wegen Johanna Doderers Musik, dem eigentlichen dramaturgischen Element. So bekommt die Komponistin auch am meisten Applaus von allen. Den hat sie sich ehrlich verdient.

KULTUR-NEWSLETTER

Jetzt anmelden und wöchentlich die wichtigsten Kulturmeldungen kompakt per E-Mail erhalten.

*) Eine Abbestellung ist jederzeit möglich, weitere Informationen dazu finden Sie hier.

KOMMENTARE (0)