Henrik Ibsens Drama "Peer Gynt" durchmisst das gesamte Leben eines Mannes, der sich vor sich selbst in immer neue Abenteuer rund um den Erdball flüchtet, bevor er sich endlich nach Hause wagt, wo eine Frau auf ihn gewartet hat. Zum ohnehin schon sehr langen Versdrama hat Edvard Grieg noch eine üppige Schauspielmusik geschrieben, die nun in der Oper aufgeführt wurde. Das mittlerweile selten gespielte Werk wurde kombiniert mit Texten aus dem Drama, die von Sunnyi Melles und Cornelius Obonya gestaltet wurden.
Dirigent Dirk Kaftan brachte die Musik mit dem Grazer Philharmonischen Orchester richtig zum Aufblühen, die schroffe Bergwelt wurde ebenso hörbar wie die schlichte Schönheit von Solveigs Gesang, die berühmte Morgenstimmung ließ er satt leuchten, die Halle des Bergkönigs wirkte düster und bedrohlich, als würde sich das Unheil der ganzen Welt darin verbergen. Unterstützt wurde das ambitioniert spielende Orchester von einem hervorragend agierenden Damenchor, der selten so fein aufeinander abgestimmt und homogen zu hören ist.
Als ungemein wandlungsfähig und in jeder Rolle glaubhaft erwies sich Sunnyi Melles, die alle Personen bis auf die Titelfigur sprach. Dabei muss man wohl eher von verkörpern reden, denn sie verlieh allen deutliches Profil. Ob Peers alte Mutter, ein quirliges Trollmädchen, ein Bauernbursche oder der Bergkönig, Melles sprang von einer Figur zur anderen und glitt doch nie ins Lächerliche. Als Solveig rührte sie die Zuschauer zu Tränen, was nicht zuletzt an ihrem Bühnenpartner Cornelius Obonya lag. Dieser schuf einen Peer Gynt in wenigen Sätzen so ganz und gar, so schroff und doch liebenswert, wie es oft in mehrstündigen Aufführungen nicht gelingt. Man konnte nachvollziehen, dass ihm Solveig seine Blödheiten und sein unentschlossenes Handeln verzieh.
Die Sänger fügten sich in den gelungen Abend perfekt ein, so war Dshamilja Kaiser eine lockend-glutvolle Anitra und Tatjana Miyus eine strahlende Solveig. Eine gute Figur machten auch Dariusz Percazak (Peer Gynt) sowie die Senerinnen (Sieglinde Feldhofer, Sonja Saric, Yuang Zhang). Von dieser Kombination aus gut ausbalancierter Musik und außergewöhnlicher Textgestaltung hätte es ruhig noch mehr sein dürfen.