Veranstaltungen & Kritiken Musiktheater |
|
|
Ein Kessel BuntesVon Stefan Schmöe / Fotos von Björn Hickmann / Stages Pictures GmbHDie Zauberflöte ein Machwerk? Aber nein. Das Programmheft zu dieser Produktion führt an prominenter Stelle Hegel als Kronzeugen für die Qualitäten von Schikaneders Libretto an, dann auch Goethe, und schließlich niemand Geringeres als das Publikum, das die Oper zur meistgespielten überhaupt macht. Nur ausgerechnet Regisseur Stefan Huber scheint nicht ganz überzeugt. Weisheit exklusiv für eine Männerkaste, die Frauen verachtet und Sklaven hält, das scheint ihm (auch das ist im Programmheft nachzulesen) doch ein wenig fragwürdig. Also doch Spuren von Machwerk? Sarastros Priester als etwas durchgeknallten, sektenähnliche Gesellschaft - das war in der Rezeptionsgeschichte der Zauberflöte mal ziemlich populär, ist aber hinreichend oft durchgespielt worden. Da ist Hubers Regie, die im Übrigen diese Herrenriege mehr schrullig als gefährlich zeichnet, schon bei der Premiere etwas in die Jahre gekommen. Tamino und die drei Damen
"Außer den beiden Menschen Tamino und Pamina begegnen wir hier vor allem Fabelwesen, Feen, Geistern und Dämonen." Ach ja? Laut Libretto handelt es sich um Priester und Sklaven, eine Königin samt drei Dienerinnen, einen recht menschlichen Vogelfänger und drei Knaben. Gut, Märchenfiguren sind auch das (aber auch Prinz Tamino und Königinnentochter Pamina). Auf der Suche nach zeitgemäßen Märchenwelten haben Huber und Ausstatter Jose Luna das Walt-Disney-Imperium durchforstet und zitieren sich munter durch diverse Filme und Comics. Das ist gelegentlich hübsch und witzig (etwa bei den drei Damen der Königin oder der Königin der Nacht selbst), öfter ziemlich misslungen (so bei den drei Knaben, die als Schweinchen-Verschnitt herhalten müssen, oder Papageno). So sieht es zwar quietschbunt und dadurch ein bisschen modern aus auf der Bühne, ist aber im Grunde erzkonservativ und mit wenig Überraschungen nacherzählt. Die Dialoge sind gestrafft und teilweise etwas abgeändert, wohl des Erzählflusses wegen. Tamino mit Zauberflöte und wilden Tieren
Nicht zuletzt der nicht unbedingt besonders originellen, aber sorgfältigen Personenregie wegen läuft der Abend einigermaßen kurzweilig ab. Die Figuren allerdings verschwinden hinter ihren aufwendigen Kostümen - oft wirkt diese Zauberflöte leblos mechanisch. Es bleibt letztendlich eine bunte Revue. Manchmal erinnert das an Barrie Koskys und Susanne Andrades (originellere) Inszenierung an der Komischen Oper Berlin (von der Düsseldorfer Rheinoper übernommen - unsere Rezension), die sich in der Stummfilm-Slapstick-Ästhetik bewegt. Aber wirklich etwas zu sagen zur Zauberflöte hat Huber nicht. (Weiten Teilen des Premierenpublikums hat's trotzdem gefallen.) Pamina vor dem Brandenburger Tor und anderen bekannten Bauwerken
GMD Gabriel Feltz ist mit den guten Dortmunder Philharmonikern um eine flotte und flüssige musikalische Lesart bemüht und wählt zügige, oft aber auch hektische Tempi, mitunter zu schnell für die Sänger. Dadurch bekommt die Musik etwas Ruheloses, auch wenn Feltz mit entschlacktem Klang und genauer Feinzeichnung viele schöne Details dirigiert. Sängerisch kann die Oper Dortmund ein Ensemble ohne Ausfälle aufbieten, angefangen beim zuverlässigen Chor (Einstudierung: Manuel Pujol). Papageno und Papagena
Joshua Whitener ist ein zunehmend sicherer Tamino in Pfadfinderkluft mit beweglichem, leicht metallischem Tenor. Asley Thouret besticht als stimmlich mehr frauliche als lyrisch mädchenhafte Pamina mit beeindruckend sicheren, substanzvollen Pianissimo-Tönen; vom Charakter her ist sie der Partie entwachsen, da schwingt mehr als nur eine Spur Traviata mit. Karl-Heinz Lehner als Sarastro mit Showmaster-Attitüde singt mit sonorem, ein wenig altmodisch anmutendem Bass, folgt aber aufmerksam den flüssigen Tempi des Dirigenten (fast) ohne zu schleppen (wozu die meisten Kollegen neigen).Marie-Pierre Roy ist eine Königin mit wenig dramatischem Aplomb und einer ungenauen ersten Arie, aber in der populäreren zweiten "Der Hölle Rachen kocht in meinem Herzen" singt sie Koloraturen wie Spitzentöne glasklar aus. Morgan Moody ist ausgezeichneter, stimmlich schlanker Papageno, der seinem unsäglichen Kostüm noch einigen Spielwitz abtrotzt, Hannes Brock geht es mit Mickey-Mouse-Maske nicht besser, aber gesungen ist das sehr ordentlich. Mit selbstbewusstem, klaren Klang präsentieren sich die drei Knaben (Joshua Krahnefeld, Vincent Schwierts, Nick Esser, alle drei Solisten des Knabenchores der Chorakademie Dortmund). FAZITDiese bunte Zauberflöte gibt sich, wäre sie nicht doch lang, beinahe kindergeburtstagstauglich, bleibt aber szenisch an der Oberfläche - das muss nicht jedem gefallen. Musikalisch ist die Produktion mit ein paar Abstrichen hörenswert. Ihre Meinung Schreiben Sie uns einen Leserbrief (Veröffentlichung vorbehalten) |
Produktionsteam
Musikalische Leitung
Inszenierung
Ausstattung
Licht
Choreinstudierung
Dramaturgie
Solisten* Besetzung der Premiere
Sarastro
Tamino
Sprecher
Königin der Nacht
Pamina
Erste Dame
Zweite Dame
Dritte Dame
Papageno
Papagena
Monostatos
Erster Geharnischter
Zweiter Geharnischter
Erster Priester
Zweiter Priester
Drei Knaben
|
© 2016 - Online Musik Magazin
http://www.omm.de
E-Mail: oper@omm.de