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Oldenburg beginnt mit dem „Rheingold“ seinen ersten kompletten „Ring des Nibelungen“ Wagner im Schweizer Bergdorf

Oldenburg. 2021 soll es soweit sein: Pünktlich zum hundertjährigen Jubiläum des dortigen Opernbetriebs wird im Oldenburgischen Staatstheater zum ersten Mal Richard Wagners komplette Tetralogie „Der Ring des Nibelungen“ über die Bühne gehen. Bis dahin soll jeweils einer der vier Abende des Mammutwerkes pro Spielzeit erarbeitet werden.
06.02.2017, 00:00 Uhr
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Von GERHART ASCHE

Oldenburg. 2021 soll es soweit sein: Pünktlich zum hundertjährigen Jubiläum des dortigen Opernbetriebs wird im Oldenburgischen Staatstheater zum ersten Mal Richard Wagners komplette Tetralogie „Der Ring des Nibelungen“ über die Bühne gehen. Bis dahin soll jeweils einer der vier Abende des Mammutwerkes pro Spielzeit erarbeitet werden. So wie jetzt „Das Rheingold“, das am Sonnabend im Großen Haus seine begeistert aufgenommene Premiere erlebte.

Fast hätte es vor gut 40 Jahren schon einmal einen „Ring“ in Oldenburg gegeben. Aber der wurde dann 1973 kurz vor seiner Vollendung abgebrochen, nachdem die als Brünnhilde engagierte hochdramatische Isabel Strauß zusammen mit dem Oldenburger Generalmusikdirektor Fritz Janota wegen (so drückt es das Sängerlexikon von Kutsch/Riemens aus) „familiärer Schwierigkeiten, die ihnen ausweglos erschienen“, freiwillig in den Tod gegangen war. Und zwar in einem Schweizer Waldstück in der Nähe der Stadt Bern.

Ob dieses Ereignis zumindest im Unterbewusstsein des Regisseurs eine Rolle dabei gespielt hat, dass er das neue Oldenburger „Rheingold“ jetzt in der Schweiz ansiedelt? Man wird es nicht ergründen können. Eine offizielle Erklärung geht dahin, dass Teile des „Rings“ und seiner Konzeption in der Schweiz entstanden seien. Wesentlicher allerdings erscheint die inhaltliche Komponente, wenn der Regisseur davon spricht, dass er das Werk reduzieren wolle und es deshalb in „einer Welt der kleinen Leute“ in einem Bergdorf spielen lasse.

Das geht, soweit es das „Rheingold“ betrifft, im Wesentlichen denn auch auf. Die großen Emotionen, die den Handlungen der mythologischen Gestalten in Wagners „Vorabend“ untertitelten Einakter zugrunde liegen, lassen sich durchaus übertragen auf die Schweizerischen Bauern, die uns Regisseur Paul Esterhazy auf der Oldenburger Bühne vorführt. Zumal es ihm und seinem Bühnen- und Kostümbildner Mathis Neidhardt gelingt, eine fesselnde, realistisch-bodenständige Geschichte zu erzählen, ohne Wagners Intentionen zu verfälschen.

Die Rheintöchter etwa der ersten Szene sind zu Waschfrauen umfunktioniert, in deren dörfliches Idyll der grobe Alberich hineinplatzt. Der war (Achtung: Provokation!) gerade auf seinem Plumpsklo und findet – ein etwas unappetitlicher Einfall – in dessen Tiefen auch das Gold, um das es im Weiteren gehen wird. Es folgen Wotan und Fricka im Ehebett, bewacht von der Urahne Erda (Ann-Beth Solvang), die bereits das Schwert Notung, später Siegmund und Siegfried zugedacht, in ihren Händen hält. Von solchen Anspielungen lebt Esterhazys Inszenierung, die für den vollen Genuss den wissenden Wagnerianer voraussetzt, dem nicht wissenden Noch-Nicht-Wagnerianer aber doch auch genügend Stoff zum Denken gibt.

Das kulminiert in einer in leicht überladen wirkenden Schluss-Apotheose, wenn zum Gesang der Rheintöchter Wotan zu Erda ins Ehebett steigt, um die Walküren zu zeugen, dann die Zwillinge Siegmund und Sieglinde als Babys präsentiert werden und Wotan sich schließlich anschickt, das Schwert Notung in den Eschenstamm zu stoßen, aus dem es Siegmund im ersten Akt der „Walküre“ wieder herausziehen wird. Möglich macht solch schnelle, filmisch wirkende Szenenfolge ein Drehbühnenaufbau, der in technischer Perfektion an die dreißig Räume ineinander schachtelt.

Musikalisch präsentiert sich im Oldenburger „Rheingold“ ein intaktes, weitgehend aus dem eigenen Bestand besetztes Ensemble, aus dem Johannes Schwärsky (dem dortigen Publikum bereits als Falstaff bekannt) als dräuender Alberich mit einer markanten Ring-Verfluchung und Timothy Oliver als bauernschlauer Loge mit intelligenter Diktion herausragen. Daniel Moon als in der Artikulation des Deutschen nicht ganz sicherer Wotan steht stimmlich eindeutig unter dem Pantoffel seiner gesanglich resoluteren Gattin Fricka. Gut geführt der leichte Tenor von Philipp Kapeller als Froh, der in der Rolle des salbadernden Pfaffen zur Regenbogenmusik die Weihe des neuen Hauses Walhall vornimmt. Schön im Zusammenklang die drei Rheintöchter (Sooyeon Lee, Anna Avakian, Julia Faylenbogen).

Hendrik Vestmann am Pult hielt sein Orchester zu durchweg flüssigem Spiel an, mit dem er das Werk in die Nähe des Konversationsstückes rückte. An der Durchlichtung des Klanges könnte weiter gearbeitet werden. Aber insgesamt eine beachtliche Leistung, die auf die Fortsetzung gespannt macht.

Nächste Vorstellungen vom „Rheingold“ im Oldenburgischen Staatstheater: 15. Februar, 25. Februar, 4. März sowie 10.März, jeweils um 19.30 Uhr, und am 19. März um 18 Uhr.
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