Neuinszenierung von "Semele" eröffnet Karlsruher Händel-Festspiele

18. Februar 2017 - 13:18 Uhr

Karlsruhe – Nach 1741 schrieb Georg Friedrich Händel keine Opern mehr. Der deutsch-britische Barock-Komponist feierte dann mit seinen Oratorien Erfolge beim englischen Publikum. Immer wieder reizt es Opernregisseure heute, diese Oratorien in Opern-Form auf die Bühne zu bringen. "Semele" aus dem Jahr 1744 ist dafür wie geschaffen. Am Freitagabend hatte die Neuinszenierung des Dramas unter dem Dirigat von Christopher Moulds Premiere am Badischen Staatstheater in Karlsruhe. Es war der Auftakt der diesjährigen Händel-Festspiele.

"Semele"

"Semele"

Semele, eine schöne Sterbliche, verfällt in dem Drama den Reizen des Gottes Jupiter. Der entführt sie in sein Liebesnest – Göttergattin Juno ist entsetzt. In der antiken Mythologie endete die Sache bekanntlich tödlich.

Regisseur Floris Visser zeigt mit der alten Geschichte auch Parallelen zur Gegenwart – mit der Übertragung des Stoffs auf den früheren US-Präsidenten Bill Clinton und seine Praktikantin Monica Lewinsky. So spielt die Karlsruher "Semele" im "Oval Office" des Weißen Hauses. Sex und Macht – ein zeitloses Thema. Nur wird das in der Gegenwart ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt, wie das Stück zeigt.

In Vissers Inszenierung wird pausenlos gefilmt und fotografiert. Nicht einmal Jupiters Bett ist vor den Paparazzi sicher. Und so präsentieren die Zeitungen Fotos mit der Schlagzeile "Sex-Skandal im Weißen Haus". Vissers Regie überzeugt mit einer Fülle einfallsreicher, witziger Details. Das Bühnenbild und die Kostüme von Gideon Davey fangen die Atmosphäre des Regierungssitzes in Washington perfekt ein. Die Inszenierung politischer Macht gerät zu einer pausenlosen Medienshow.

Die Karlsruher "Semele" überzeugt auch musikalisch. Jennifer France singt und spielt die tragische Titelheldin mit ihrem glänzenden Sopran, höhensicher und mit atemberaubenden Koloraturen. Ed Lyon macht aus der Rolle des "Präsidenten" Jupiter eine kabarettreife Politiker-Nummer. Er kokettiert mit den Kameras, schüttelt pausenlos Hände, zeigt sein gut einstudiertes Dauerlächeln. Im Gegensatz zu den echten Politikern verfügt er aber auch noch über einen strahlenden Tenor. Terry Wey (Athamas), Katharine Tier (Juno) und Dilara Bastar (Ino) komplettieren das festspielreife Solistenensemble.

Die Deutschen Händel-Solisten – das festivaleigene Barockorchester – laufen unter der Leitung von Christopher Moulds zu großer Form auf. Überzeugend entfalten sie das dramatische Potenzial aus Händels reifer Partitur. Eine Klasse für sich ist der Händel-Festspielchor (Leitung: Carsten Wiebusch). Er wurde eigens für dieses Festival gegründet, denn die Händel-Festspiele finden zum 40. Mal statt. Die 25 jungen Sängerinnen und Sänger, viele von ihnen Studenten der Hochschule für Musik Karlsruhe, singen und spielen mit Witz und Engagement.

Bis zum 5. März wird sich während der Händel-Festspiele in Karlsruhe alles um den deutsch-britischen Komponisten drehen. Am 24. Februar soll die Wiederaufnahme der Oper "Arminio" folgen. Daneben stehen mehrere Konzerte auf dem Programm. Die ersten Händel-Festspiele am Badischen Staatstheater rund um den Geburtstag des Barock-Musikers am 23. Februar gab es 1977, zunächst noch als Händel-Tage. Im vergangenen Jahr kamen nach Angaben von Generalintendant Peter Spuhler mehr als 15.000 Besucher.

(Von Martin Roeber, dpa/MH)

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