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„faust“-Premiere In Bremen Alte Leiden in neuen Welten

Horst Hollmann

Bremen - Ungarn gilt derzeit nicht als angesagtes Land für Events mit, sagen wir mal: übernationalem Charakter. Doch Regisseur Paul-Georg Dittrich haben natürlich keine politischen Hintergedanken dazu verleitet, die dramatische Legende „La Damnation de Faust“ von Hector Berlioz von dort abzuziehen. Den berühmten „Ungarischen Marsch“ bekommt das Publikum im Bremer Theater trotzdem zu hören. Und es feiert die Neuinszenierung dieses alle Genregrenzen zwischen Oratorium, Oper und sinfonischer Musik sprengenden Zwitters gebührend und ausgiebig.

Schlüssige Deutung

Was sich Berlioz 1846 an künstlerischen Freiheiten herausgenommen hat, gestattet sich Dittrich 2017 ebenso. Er hebt in einer globalisierten futuristischen Welt Raum und Zeit auf. Doch auch hier rotten sich archaische Bürgermassen zusammen, die Kreuze abwehrend gegen Neues und Fremdes recken.

Der depressive Faust leidet in der neuen Welt wie schon in der alten: an Burnout, Stress und Überdruss. Regenerierung sucht er in einer Natur, von der nur ein Bonsai-Bäumchen in einem gläsernen Rucksack übrig geblieben ist. Der einstige Erkenntnissucher muss Sauerstoff aus diesem Behältnis tanken.

Wie sehr es in der Zukunftswelt an diesem Lebenselixier fehlt, erläutert der Chor stimm- und bildgewaltig. Weiß getüncht zeigt sich die ganze Umgebung, weiß gekleidet das Personal – bis auf farblich abgehobene Außenseiter.

Die szenische Umsetzung der Episoden aus Goethes Faust I stellt jede Regie vor Probleme. Gegenüber dem Original sind die Charaktere von Faust und Gretchen entschärft. Es gibt keinen logisch geflochtenen Handlungsstrang. Dem Regisseur gelingt eine schlüssig wirkende Deutung und Präsentation. Faust, Mephistophelès und Marguerite könnten zusammen den neuen Menschentyp für die neue Welt ergeben. Mephisto birgt einen Teil des Bösen aus Fausts Psyche, Marguerite die Seele, die Faust in sich vermisst.

Ein Steg führt zu einer Plattform weit ins Parkett. Videofilmer nehmen dort alle Bewegungen Fausts auf. Filmbilder, Traumbilder und Wirklichkeit verschwimmen zweieinhalb Stunden lang ineinander. Gegen die Flächigkeit der Projektionen schafft der Ausleger in den Zuschauerraum Nähe und Tiefe.

Kühner Erneuerer

Claudio Otelli als Mephistophelès füllt die Szene mit seinem wirklich diabolisch gefärbten Bariton. Chris Lysack teilt den Lyrismus seines Tenors so klug ein, dass er stabil und wendig durch die herausfordernde Partie kommt. Theresa Kronthaler singt eine fremdgesteuert wirkende, aber keine naive Marguerite. Ihr sicher tragender Mezzo befähigt sie im „König von Thule“ und in „Meine Ruh’ ist hin“ zu vielen Schattierungen.

Markus Poschner, der nach Linz wechselnde Generalmusikdirektor, beflügelt die Bremer Philharmoniker zu einer zauberhaften atmosphärischen Charakteristik des Geschehens. Rhythmische Sicherheit, Scharfkantigkeit und weit ausgesungene Melodiebögen halten sich sicher in der Waage. Warum Berlioz als kühnster Musik-Neuerer vor Wagner gilt, in Bremen ist es zu erfahren.

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