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Kritik - Wagners "Tannhäuser" an der Bayerischen Staatsoper Erfolgreiche Debüts für Spitzen-Wagner-Interpreten

Kirill Petrenko und Klaus Florian Vogt sind längst gefeierte Wagner-Interpreten. Gestern Abend gaben sie beide ihr "Tannhäuser"-Debüt. Dabei trafen sie an der Bayerischen Staatsoper auf "Tannhäuser"-Altmeister wie Christian Gerhaher und Anja Harteros. Ein musikalisches Highlight. Weniger überzeugen konnte hingegen Regisseur Romeo Castellucci.

Szenenbild aus der Wagner Oper "Tannhäuser" an der Bayerischen Staatsoper | Bildquelle: © Wilfried Hösl

Bildquelle: © Wilfried Hösl

Die Kritik zum Anhören

Romeo Castelluccis Inszenierung entzieht sich Zeit und Raum, ist Wahntraum. Wie in einer Ausstellung beeindrucken viele installationsgleiche Bilder: eine drehende Scheibe, auf der fließende rote Farbe tolle Figuren bildet, ehe sich alles zur Einheitsmasse verdickt. Oder die kunstvollen weißen Gazevorhänge im 2. Aufzug. All das ist hochästhetisch, modern, sehr aufwendig und wunderbar anzuschauen. Allein: so entsteht viel dramatischer Leerlauf. Die Protagonisten werden zu singenden Statisten. Und zu Tannhäusers Erlösung fehlt dann das Bild: Wolfram singt: Heinrich, Du bist erlöst! Die Asche der Liebenden kommt in eine gemeinsame Urne: So einfach geht das. Selten dagegen wurde die Übersättigung Tannhäusers im Venusberg so schlüssig dargestellt. Die Liebesgöttin ist ein zerfließendes Fleisch-Haut-Gebilde und erinnert an die Venus von Willendorf. Klar, dass Tannhäuser da unbedingt weg will, sich nach Leben und Geist sehnt, bevor er selbst zur leeren, ausgezuzelten Hülle wird.

Heldenhafter Tannhäuser: Klaus Florian Vogt

Die Besetzung ist insgesamt herausragend. Anja Harteros verleiht der Elisabeth ein musikalisches Profil, das dieser Figur oft verwehrt bleibt: glutvoll, liebend, emotionsgeladen. Ihre jubelnden Höhen haben an markanter Dramatik gewonnen, wunderbar lässt sie ihre Stimme fluten und kann doch nach wie vor, wie beispielsweise im auffallend langsamen Gebet, ihre Piani im Raum schweben lassen.

Georg Zeppenfeld knüpft als Landgraf an größte Rollenvorgänger an. Elena Pankratova als Venus imponiert mit wendigem Mezzo und hochdramatischen Höhen. Bei Klaus Florian Vogt in der Titelpartie muss sich das Ohr erst an seinen glockenhellen Tenor gewöhnen. Nach etwas nervösem Beginn findet er mit kluger Gestaltung seinen Weg zu dieser mörderischen Rolle: mit starken lyrischen Momenten, heldischem Format im "Erbarm dich mein" und ungeheurer Kondition.

Bilder von der "Tannhäuser"-Inszenierung an der Bayerischen Staatsoper

Wolframs "Lied an den Abendstern" ist für Christian Gerhaher ein Heimspiel. Es scheint, als wäre es für ihn geschrieben. "Blick ich umher" im zweiten Aufzug lotet er in allen erdenklichen Farben aus und verleiht seinem Gesang echtes dramaturgisches Format. Ein so artifizieller, durchdachter Vortrag muss den Lustmenschen Tannhäuser auf die Palme bringen. Im Finale hat Gerhaher dann auch die Dramatik und das nötige Stimmvolumen, eine Glanzleistung.

Musikalische Glanzleistung von Kirill Petrenko

Kirill Petrenko hat eine ungewohnte, aber schlüssige Mischfassung gewählt. In der Ouvertüre dosierte er den bacchantischen Rausch und häufig, wie im Abendstern überraschte der sonst so virile mit sehr gedehnten Tempi. Ungemein vielschichtig gelingt ihm und dem Bayerischen Staatsorchester das Vorspiel zum dritten Aufzug. Und Petrenko in den Ensembles und bei der Arbeit mit dem Chor der Bayerischen Staatsoper zu beobachten, wie er Randstimmen hervorhebt, Emotionen einfordert und Farben zum Leuchten bringt, ist wieder einmal Genuss pur!

Wagners "Tannhäuser"

Mit Georg Zeppenfeld, Klaus Florian Vogt, Christian Gerhaher, Anja Harteros und Elena Pankratova
Regie und Bühne: Romeo Castellucci
Musikalische Leitung: Kirill Petrenko
in der Bayerischen Staatsoper

Premiere:
Sonntag, 21. Mai 2017

Weitere Termine:
Donnerstag, 25. Mai, 16.00 Uhr
Sonntag, 28. Mai, 16.00 Uhr
Sonntag, 4. Juni, 16.00 Uhr
Donnerstag, 8. Juni, 17.00 Uhr
Sonntag, 9. Juli, 18.00 Uhr

Sendung: "Allegro" am 22. Mai 2017, 06.05 Uhr auf BR-KLASSIK.

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