Mit einer grandiosen Vorstellung von Händels Ariodante melden sich die Salzburger Pfingstfestspiele in diesem Jahr einmal mehr zurück und feiern einen beispiellosen Erfolg. Sowohl musikalisch als auch szenisch verspricht die Neuproduktion im Haus für Mozart einen überaus überzeugenden Abend.

Mit einer Dauer von gut 4 Stunden fordert das Werk sein Publikum heraus, jedoch schafft es Christof Loy mit einer mit Leben und Aussagekraft gefüllten optisch wundervollen Inszenierung, den Abend sehr kurzweilig zu gestalten. Mithilfe eines eigens für die Produktion engagierten Tanzensembles unter der choreographischen Leitung von Andreas Heise, gelingt der Abend zu einem wahren Spektakel aus packender Musik, aufgepeitschtem Drama und einer ausgezeichneten Symbiose von Musik, Tanz und Schauspielkunst.

Für Aufruhr sorgte vor der Premiere, dass Cecilia Bartoli als Frau mit Bart auf Produktionsbildern zu sehen war und somit ein Vergleich zu Conchita Wurst nahelag. Dieser Vergleich stellt sich im Laufe des Abends jedoch als fehlerhaft dar, da er lediglich auf optischen Tatsachen beruht und die Idee, die dahintersteckt weitaus überlegter ist.

Musikalisch lag der Abend in den Händen des italienischen Dirigenten Gianluca Capuano und den Les Musiciens du Prince aus Monaco. Das Ensemble und der Dirigent konnten mit einer fein ausgearbeiteten Interpretation der Partitur überzeugen und überaus gekonnt begleiteten sie die Sänger nicht nur, sondern musizierten mit diesen auf höchstem Niveau.

Das Sängerensemble war ebenfalls ein weiterer Beweis, zu welchen musikalischen Höhen Cecilia Bartoli die Pfingstfestspiele in den letzten Jahren gehoben hat. Einmal mehr beweist die künstlerische Leiterin des Festivals, dass sie ein Gespür für exzellente Produktionen hat.

Von den Sängern brillierte vor allem die amerikanische Sopranistin Kathryn Lewek als Ginevra. Mit einer grandios ausbalancierten und in allen Lagen wohlklingenden Stimme überzeugte sie ebenso, wie mit ihrem außergewöhnlichen szenischen Talent. Sandrine Piau und Norman Reinhardt sangen mit klangschönen und fein timbrierten Stimmen, während Nathan Berg mit einer beeindruck dunklen Bassbaritonstimme und Christophe Dumaux mit seinem einzigartigen Countertenor zu überzeugen wussten.

Bartoli zeigte in der Titelrolle einmal mehr, dass sie die unbestrittene Königin der Koloraturen ist. Nur sie kann Schluckauf in einer charmant-eleganten Art und Weise in ihre Tonkaskaden einbauen, ohne dabei billig und manieriert zu wirken. Mit ihrer intelligenten Interpretation umging sie Schwierigkeiten mit Finesse und gab eine wahrlich ausgezeichnete Vorstellung.

Mein persönliches Highlight war zweifellos Leweks „Morte, dove sei tu?“ das so schlicht und bewegend war, dass wohl kein Herz im Auditorium nicht berührt wurde. Die dynamische und emotionale Bandbreite, die Lewek zu generieren verstand, nahm einem wahrhaftig den Atem und so hätte man während ihrer Szene eine Nadel fallen hören können.

Ein weiterer genialer Einfall war das Ende der Oper, als Ariodante mit seiner Ginevra über eine Hintertür die Bühne verließ, während Chor und Tänzer nach und nach, mechanischen Puppen gleich, zusammenbrachen. So verlässt Ginevra schlussendlich quasi das Märchen, in dem sie zuvor gelebt hatte, um mit dem ihr angetrauten Ariodante nun ins wahre Leben zu treten. Ein überaus geglückter Kunstgriff Loys, der eine charmante Wirkung hatte.

Alles in allem eine wundervolle Produktion, die im Rahmen der Sommerfestspiele nochmals zu sehen sein wird. Nach der grandiosen Premiere kann ich nur meine wärmsten Empfehlungen aussprechen!

*****