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Fidelio

Oper in zwei Aufzügen
Libretto von Joseph Sonnleithner und Friedrich Treitschke nach Jean-Nicolas Bouilly
Musik von Ludwig van Beethoven


in deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 40' (eine Pause)

Premiere im Staatenhaus Köln-Deutz (Saal 1) am am 11. Juni 2017



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Oper Köln
(Homepage)

Verhaltener Jubel

Von Thomas Tillmann / Fotos von Paul Leclaire


Michael Hampe mag an das "Fanal einer von Unterdrückung, Folter und Schreckensherrschaft befreiten Menschheit" am Ende des Fidelio nicht recht glauben angesichts des Umstandes, dass - von wenigen Ausnahmen abgesehen - "fast alle Freiheitsbewegungen gescheitert" seien oder "sich in kurzer Zeit in neue Systeme von Zwang und Unterdrückung verkehrt" hätten: "Während die Menschen noch jubelten, haben sich bereits neue Mauern um sie aufgebaut." Und das tun Hampe und sein Ausstatter am Ende auch (Kostümbildner Darko Petrovic hatte die etwas undankbare Aufgabe übernommene, die Bühnenbildentwürfe des 2016 verstorbenen John Gunter umzusetzen, eine Ästhetik, die nicht mehr die heutige ist und die Assoziationen zu Open-air-Produktionen mit kleinem Budget beim Rezensenten aufkommen ließ, ebenso wie die sehr braven, "klassischen" Kostüme, bei denen der Ausstatter doch einen Kontrast zur wuchtigen Szene hätte setzen können). Nur Leonore und Florestan schaffen es gerade noch ins Freie, bevor sich die Tore wieder schließen - "Zwei sind durch Mut und Glück davongekommen", erklärt der Regisseur. Quasi als Wiedergutmachung für das Verweigern eines echten "happy end" und um "Beethovens immer vernehmbares, utopisches Menschheits-Pathos nicht außer Acht zu lassen", stellt Hampe dem Abend "die gewaltige Leonore III Ouvertüre" voran - eine in musikalischer Hinsicht gute Entscheidung, denn schon hier lief das Gürzenich-Orchester Köln unter Leitung von Alexander Rumpf zu Höchstform auf und avancierte zum Hauptdarsteller dieses ansonsten eher mittelprächtigen Abends (in Erinnerung bleibt ein wunderbar warmer, kompakter, aber sehr transparenter Orchesterklang, klug aufgebaute Steigerungen, fein austarierte Tempi).


Szenenfoto

Leonore alias Fidelio (Emma Bell) macht bei Gefängniswärter Rocco einen guten Job.

Es ist eine Inszenierung, an der nichts wirklich falsch ist, dazu hält sich Hampe zu genau an das Libretto, aber sie bleibt vielleicht gerade deshalb zu konventionell, zu hausbacken und brav, zu wenig temporeich und spannend, um 2017 wirklich packen zu können, große Gefühle freizusetzen und aufzuwühlen. Zu gekünstelt wirkt das Bühnengeschehen, zu einstudiert, zu routiniert abgespult. Dies ist eine Produktion, in die man 15 Minuten vor Vorstellungsbeginn einen Gast einweisen kann und über die sich der Musiklehrer oder die Musiklehrerin freut, der oder die den Schülerinnen und Schülern nach dem Aufführungsbesuch nicht erklären möchte, warum denn alles so ganz anders war als in der vorausgehenden Behandlung des Werkes im Unterricht. Angesichts des Lebenswerkes von Michael Hampe, der ab 1975 zwanzig Jahre lang die Kölner Oper immens geprägt hat, waren die Bravorufe des Premierenpublikums wohl eher als generelles Dankeschön zu verstehen, die vereinzelten Buhs waren zwar irgendwie nachvollziehbar, aber doch auch unhöflich.


Szenenfoto

Rocco (Stefan Cerny) und vor allem seine Tochter Marzelline (Ivana Rusko) sind begeistert von Fidelio.

Für Emma Bells Leonore gilt vieles von dem, was ich 2015 über ihre Kölner Arabella geschrieben habe: "Die Stimme der Britin ist nicht mehr die eines jungen Mädchens, sie hat besonders in der üppigen Mittellage eine durchaus reife Färbung, bei manchem Ton ... war das Vibrato auch recht ausladend", man freute sich aber auch erneut über die "dunkel leuchtenden Spitzentöne, die wunderbar ausgespannten Phrasen, die Innigkeit des Ausdrucks" und viele schöne Pianomomente, nicht nur in der sorgfältig gestalteten Arie, sondern auch später im Duett mit Florestan. Schauspielerisch kam sie über Klischees nicht hinweg, vielleicht fehlte ihr da auch ein wenig Inspiration seitens der Regie.


Szenenfoto

Der abscheuliche Pizarro (Samuel Youn) verbreitet Angst und Schrecken.

Ein noch ziemlich junger, vielleicht etwas zu sympathischer Rocco war Stefan Cerny, aber in jedem Fall ein mit stattlichem, aber doch schlank geführten Bass prächtig singender und vor allem auch als einziger wirklich ohne Abstriche den Text umsetzender. Über viel Applaus konnte sich auch seine Bühnentochter Ivana Rusko freuen, die beim Rollendebüt nicht nur die Arie mit leuchtendem, nicht zu kleinen Ton bemerkenswert souverän meisterte, sondern auch in den Ensembleszenen für schöne Akzente sorgte und durch ihr sehr natürliches Spiel für sich einnahm. David Pomeroy, der im Herbst in Köln auch die Titelrolle im Tannhäuser geben wird, überzeugte als Florestan mit sicherer Höhe und hörbar an italienischen Partien geschulter Phrasierung, sein Spintotenor hat Glanz und Durchschlagskraft. Eine riesige Enttäuschung war dagegen Samuel Youn, der mit ausgebleichter Stimme, Konsonantenspuckerei und bellendem Sprechgesang einerseits und darstellerischer Einfallslosigkeit andererseits so gar nichts aus der Figur des Pizarro zu machen verstand.


Szenenfoto

Leonore (Emma Bell) und Florestan (David Pomeroy) sind wieder vereint.

Opernstudiomitglied Dino Lüthy sang durchaus überzeugend seinen ersten Jaquino, Lucas Singer war ein ordentlicher, hoch gewachsener Minister mit nicht allzu einprägsamer Stimme und wenig Kraft in der Tiefe (auch er sang seine Rolle zum ersten Mal, vielleicht wächst er hinein). Sehr ordentlich gestalteten Young Woo Kim und Matthias Hoffmann ihre Soloparts im Gefangenenchor, den man schon differenzierter und berührender gehört hat als an diesem Abend, und auch der Schlusschor entfaltete nur wohldosierten Jubel.


FAZIT

Der Hauptdarsteller bei diesem Fidelio war von Anfang das wunderbare Gürzenich-Orchester unter der kompetenten Leitung von Alexander Rumpf - die altbackene Inszenierung des gleichwohl immens verdienten Michaelk Hampe rechtfertigt den Besuch im Staatenhaus eigentlich nicht. Im November erhält das Kölner Publikum übrigens in einer halbszenischen Aufführung in der Philharmonie unter Leitung von René Jacobs Gelegenheit, Beethovens Leonore mit der späteren Fassung zu vergleichen (Marlis Petersen singt dann die Titelpartie, Maximilian Schmitt den Florestan).


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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Alexander Rumpf

Inszenierung
Michael Hampe

Bühne
Darko Petrovic (nach dem
Konzept von John Gunter)

Kostüme
Darko Petrovic

Licht
Andreas Grüter

Chor
Andrew Ollivant

Dramaturgie
Georg Kehren


Chor der Oper Köln
Statisterie der Oper Köln
Gürzenich-Orchester Köln


Solisten

Don Fernando
Lucas Singer

Don Pizarro
Samuel Youn

Florestan
David Pomeroy

Leonore
Emma Bell

Rocco
Stefan Cerny

Marzelline
Ivana Rusko

Jaquino
Dino Lüthy

1. Gefangener
Young Woo Kim

2. Gefangener
Matthias Hoffmann



Weitere
Informationen

erhalten Sie von der
Oper Köln
(Homepage)



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