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Rossini Opera Festival

Pesaro
10.08.2017 - 22.08.2017


Torvaldo e Dorliska

Dramma semiserio in zwei Akten
Libretto von Cesare Sterbini
Musik von Gioachino Rossini

In italienischer Sprache mit italienischen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 3 h (eine Pause)

Wiederaufnahme-Premiere im Teatro Rossini in Pesaro am 12. August 2017 (Produktion von 2006)
(rezensierte Aufführung: 15.08.2017)


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Liebesdrama im Märchenwald

Von Thomas Molke / Fotos: © Studio Amati Bacciardi (Rossini Opera Festival)

Rossinis Dramma semiserio Torvaldo e Dorliska war die erste Oper, die der Schwan von Pesaro für Rom komponierte, und stellte die erste Zusammenarbeit mit dem Librettisten Cesare Sterbini dar, der kurz darauf das Libretto zu der komischen Oper Il barbiere di Siviglia verfasste, die bei der Uraufführung noch aufgrund des prominenten Sängers des Almaviva, Manuel García, den Titel Almaviva o sia L'inutile precauzione trug. Obwohl Torvaldo e Dorliska bei der Uraufführung nur ein mäßiger Erfolg beschieden war, folgten bis 1838 zahlreiche weitere Aufführungen in Italien, wobei die Oper dabei häufig in einer auf einen Akt gekürzten Fassung und dann zusammen mit Rossinis Farsa L'inganno felice gespielt wurde. Im Rahmen der Rossini-Renaissance ist dem Werk seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden. Bei Rossini in Wildbad stand das Werk 2003 erstmals wieder auf dem Programm, und das Rossini Opera Festival in Pesaro widmete sich sogar erst 2006 diesem Stück, das der Rossini-Biograph Stendhal als "ziemlich mittelmäßige Opera semiseria" bezeichnete. Nun steht die damalige Inszenierung von Mario Martone erneut im Teatro Rossini auf dem Spielplan.

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Der Herzog Ordow (Nicola Alaimo) will Dorliskas (Salome Jicia) Liebe erzwingen.

Die Handlung beruht auf dem Roman Vie et amours du chevalier de Faublas von Jean-Baptiste de Coudray, der bereits als Vorlage für die beiden Lodoïska-Opern von Luigi Cherubini und Johann Simon Mayr diente, und spielt auf dem Schloss des Herzogs Ordow in Polen in einer nicht näher festgelegten Vergangenheit. Der tyrannische Herzog hat sich in die schöne Dorliska verliebt, die jedoch gerade mit Torvaldo vermählt ist. Noch an ihrem Hochzeitstag hat der Herzog mit seinen Truppen die Hochzeitsgesellschaft überfallen, um Dorliska zu entführen. Dabei konnte Dorliska fliehen, während Torvaldo für tot gehalten wurde. Zu Beginn der Oper durchforstet der Herzog mit seinen Soldaten auf der Suche nach Dorliska den Wald. Diese landet Hilfe suchend vor dem Tor des Schlosses und findet in dem Schlossverwalter Giorgio und seiner Schwester Carlotta, denen die Grausamkeit des Herzogs schon lange missfällt, zwei Vertraute, die ihr Hilfe zusichern. Allerdings werden sie vom zurückkehrenden Herzog überrascht, der Dorliska einsperren lässt. Torvaldo, der Unterschlupf bei einem Hirten gefunden hatte, gelangt ebenfalls zum Schloss und plant, gemeinsam mit Giorgio, Dorliska zu befreien. Doch der Versuch schlägt fehl und Torvaldo landet im Kerker des Schlosses. Mittlerweile organisiert Giorgio mit den Bauern des Dorfes den Aufstand gegen den tyrannischen Herzog. Carlotta führt unterdessen Dorliska heimlich in Torvaldos Kerker. Als das doppelte Spiel des Schlossverwalters und seiner Schwester auffliegt, droht der Herzog, alle zu töten, doch die rechtzeitige Ankunft der Aufständischen kann die drohende Katastrophe vermeiden. Der Herzog wird abgeführt, und Torvaldo und Dorliska preisen ihr wiedergewonnenes Glück.

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Glückliches Ende vor traumhafter Kulisse: vorne: Torvaldo (Dmitry Korchak) und Dorliska (Salome Jicia), dahinter in der Mitte: Carlotta (Raffaella Lupinaci) und Giorgio (Carlo Lepore) mit dem Chor und der Statisterie

Das Regie-Team um Mario Martone verzichtet auf eine Aktualisierung des Stückes und wählt einen sehr traditionellen Ansatz mit einem märchenhaften Bühnenbild und aufwändig gestalteten Kostümen. Sergio Tramonti hat einen dunklen, Wald auf die Bühne gestellt, der mit seinen hochgewachsenen und weit verwurzelten Bäumen direkt aus Grimms Märchen stammen könnte. Davor führt ein Tor in das Schloss des Herzogs. Der Zuschauersaal wird ebenfalls mitbespielt. So zündet Carlotta zu Beginn der Oper im Saal mehrere Fackeln an, und Giorgio führt im zweiten Akt die aufständischen Bauern mit ihren Hacken ebenfalls durch das Publikum auf die Bühne. Aus der ersten Loge auf der rechten und linken Seite kann jeweils eine Treppe auf den Steg vor dem Orchestergraben herabgelassen werden, die in das Verlies führt, in das Torvaldo gebracht wird. Die Zuschauer dieser Logen sind kurzerhand auf der rechten und linken Seite der Bühne platziert. Das Verlies kann hochgefahren werden und stellt einen riesigen Käfig dar. Dienstbare Geister verwandeln die Bühne mit zwei Tischen und einigen Requisiten schnell in einen Saal des Schlosses, in dem der Herzog vergeblich versucht, Dorliskas Herz zu gewinnen.

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Giorgio (Carlo Lepore, rechts) leidet unter dem tyrannischen Verhalten des Herzogs Ordow (Nicola Alaimo, links).

In diesem schönen Ambiente macht den Sängern das Spiel sichtlich Spaß. Carlo Lepore sorgt als cleverer Schlossverwalter Giorgio mit großem Spielwitz für die komischen Momente in der ansonsten doch eher ernsten Geschichte. Bereits in der Introduzione begeistert er mit absolut textverständlichem, dunklem Bass, wenn er in beweglichem Parlando-Ton die Launen seines Herrn beschreibt und mit seiner Imitation den Bediensteten ebenfalls Angst einjagt. In seinem Spiel lässt sich Lepore auch von dem geschienten linken Arm nicht beeinträchtigen. Dem Herzog, der von Nicola Alaimo mit profunden Tiefen absolut autoritär präsentiert wird, tritt er dabei auf Augenhöhe entgegen. Großartig werfen sich die beiden im Terzett mit Dmitry Korchak als Torvaldo in halsbrecherischem Parlando-Ton die Bälle zu, während der Herzog durch den vermeintlichen Tod des Rivalen hofft, Dorliskas Herz mit Hilfe des Boten zu gewinnen und Giorgio hingegen plant, den Herzog zu überlisten und die beiden Liebenden wieder zusammenzuführen. Auch im Duett im zweiten Akt, wenn der Herzog von Giorgio den Schlüssel einfordert, den dieser allerdings an seine Schwester Carlotta gegeben hat, glänzen Alaimo und Lepore stimmlich und darstellerisch.

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Liebe auch im Kerker: Torvaldo (Dmitry Korchak) und Dorliska (Salome Jicia)

Das Liebespaar ist mit Salome Jicia als Dorliska und Dmitry Korchak als Torvaldo ebenfalls hochkarätig besetzt. Jicia begeistert bei ihrer Auftrittskavatine "Tutto è vano; niun m'ascolta", wenn sie völlig verzweifelt am Schloss ankommt, durch dramatische Höhen und großartige Koloraturen. Auch bei ihren kämpferischen Auseinandersetzungen in den beiden Duetten mit Alaimo präsentiert sich Jicia mit großer Beweglichkeit in den Läufen und weist die Avancen des Herzogs mit stupenden Spitzentönen von sich. Korchak punktet als Torvaldo mit großer Strahlkraft in den Höhen und lässt die leidenschaftliche und bedingungslose Liebe des jungen Mannes zu seiner Dorliska spürbar werden. Ein Glanzpunkt stellt seine Auftrittskavatine "Fra un istante a te vicino" dar, in der er hofft, seine Frau in dem Schloss wiederzufinden. Mit großer Intensität trägt er auch seine große Arie im zweiten Akt, "Dille, che solo a lei", vor, in der er Giorgio im Kerker mitteilt, was dieser der geliebten Dorliska von ihm alles ausrichten soll. Auch hier begeistert Korchak mit sauber ausgesungenen Höhen. Im Duett mit Jicia findet er zu einer betörenden Innigkeit.

In den kleineren Partien überzeugen Raffaella Lupinacci als Carlotta und Filippo Fontana als Ormondo. Lupinacci punktet mit warmem Mezzosopran. So verwundert es nicht, dass sie in ihrer Arie "Una voce lusinghiera" Giorgio gegen dessen Überzeugung dazu bringen kann, ihr den Schlüssel für den Kerker zu geben, um Dorliska zu ihrem geliebten Torvaldo zu bringen, was letztendlich fast zur Katastrophe führt. Fontana darf neben seinen tenoralen Fähigkeiten auch noch seine Kletterkünste unter Beweis stellen, da er während seiner Arie im ersten Akt, in der auch er seine Bedenken über das Verhalten des Herzogs äußert, auf einen Baum im Bühnenbild klettert und sich dann mit großem Vertrauen auf die Herren des Chores in deren Arme hinabfallen lässt. Sein im Libretto vorgesehener Wandel zum Guten wird ihm in der Inszenierung allerdings verwehrt. Während Ormondo eigentlich am Schluss vom Herzog den Schlüssel bringt, um Torvaldo aus dem Kerker zu befreien, ist diese Szene in der Inszenierung gestrichen. Stattdessen fällt er mit den anderen Soldaten im Kampf gegen die aufständischen Bauern.

Die Herren des Chors des Teatro della Fortuna M. Agostini unter der Leitung von Mirca Rosciani schlüpfen stimmgewaltig und mit großem spielerischen Einsatz in die Rollen der Soldaten und Bauern. Francesco Lanzillotta rundet mit dem Orchestra Sinfonica G. Rossini den Abend musikalisch wunderbar ab, so dass es für alle Beteiligten lang anhaltenden Applaus gibt.

FAZIT

Diese Oper mag zwar dramaturgisch nicht zu den Meisterwerken Rossinis zählen. In dieser Inszenierung und mit diesem Ensemble verdient sie aber trotzdem das Prädikat "absolut sehenswert".

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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Francesco Lanzillotta

Regie
Mario Martone

Bühne
Sergio Tramonti

Kostüme
Ursula Patzak

Licht
Cesare Accetta

Chorleitung
Mirca Rosciani



Orchestra Sinfonica G. Rossini

Chor des Teatro della Fortuna M. Agostini


Solisten

Duca d'Ordow
Nicola Alaimo

Dorliska
Salome Jicia

Torvaldo
Dmitry Korchak

Giorgio
Carlo Lepore

Carlotta
Raffaella Lupinacci

Ormondo
Filippo Fontana

 


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