Krassimira Stojanowa sang die Titelpartie der Donna Lucrezia Borgia, Marco Armiliato dirigierte das Mozarteumorchester Salzburg.

Foto: Salzburger Festspiele / Marco Borre

Salzburg – Eine männermordende Sopranistin mit gut versteckter Menschlichkeit, die sich in den eigenen Intrigen verfängt. Ein unbedarfter Tenor mit selbstgefährdendem Hang zur Freundestreue, der aus Solidarität das Gegengift nicht schlucken will: Es sind Mutter und Sohn.

Die Salzburger Festspiele bieten für die beiden konzertanten Aufführungen von Gaetano Donizettis Oper Lucrezia Borgia zwei Stars für die Hauptrollen und haben für die kleineren Partien eine handverlesene Truppe ge castet.

Krassimira Stoyjanowa in der Titelrolle lässt die widersprüchliche Persönlichkeit der Lucrezia Borgia – skrupelloser Machtmensch, der sich nach Liebe und Menschlichkeit sehnt – mit al-
len Registern ihrer so facettenreichen Stimme lebendig werden. Technisch souverän wie immer entwickelt sie die widerstreitenden Emotionen bruchlos zwischen den Registern, geschmeidig und betörend weich in allen Lagen. Die Koloraturen der bra vourösen Schlussarie lässt sie mit überwältigender Grandezza strömen.

Geschmeidig planlos

Juan Diego Flórez ist als Jüngling Gennaro ein genau so sou veräner Lieferant geschmei diger Kantilene und strahlender Spitzentöne, wie man es von ihm erwartet. Tatsächlich scheint er die Partie dieses törichten Unschuldslammes mit mehr Facetten in Lautstärke und Power auszustatten, als man es von ihm gewohnt ist: Ein junger Mensch, planlos und auf der Suche steht da plötzlich hinter dem Notenpult.

Das Libretto zu Gaetano Donizettis "Melodramma in einem Prolog und zwei Akten" basiert auf dem Drama Lucrèce Borgia von Victor Hugo, das so hanebüchen nicht sein kann, wie der Opernplot daherkommt: Lucrezia Borgia, derzeit in vierter Ehe ver heiratet, hat den Sohn wie im Märchen bei einem armen Fischer aufwachsen lassen. Jetzt ist er angekommen in der High Society zwischen Venedig und Ferrara – und ist das gesellschaftliche Zentrum einer Gruppe junger Burschen, von denen die nachtragende Lu crezia Borgia sich be leidigt fühlt …

Das Mozarteumorchester Salzburg musizierte in großen organischen Bögen und ließ dabei zahlreiche feine Details aufstrahlen: immer wieder die Bläser, wie etwa Hörner und Fagotte im Vorspiel zum zweiten Akt, oder die Soloklarinette in der "Abschiedsarie" Gennaros. Marco Armiliato am Dirigentenpult schien sich mit gestaltenden Impulsen nicht weiter einmischen zu wollen.

Das Ergebnis jedenfalls war farbenreicher Orchesterschmelz, eine federnd anregende Basis für die Solisten. (Heidemarie Klabacher, 28.8.2017)