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Das große Liebesduett zwischen Hoffmann (Franz Supper) und Antonia (Anne-Fleur Werner) in der Oper »Hoffmanns Erzählungen« im Salzburger Landestheater. (Foto: Landestheater/Anna-Maria Löffelberger)

Glänzender Saisonauftakt im Salzburger Landestheater

Als erste Produktion der neuen Spielzeit ist dem Salzburger Landestheater mit der Oper Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach ein bejubelter Publikumserfolg gelungen.


Die Regisseurin Alexandra Liedke hat das vielschichtig schillernde Sujet entschlackt, ohne ihm den fantasiereichen Zauber zu nehmen. In einer deutschsprachigen Bühnenfassung erzählt sie die Geschichte vom Dichter und seinen glücklosen Lieben in heutig lebensnaher Darstellungsform, die den komplexen Handlungsfaden ebenso spannend wie gut überschaubar und verständlich vermittelt. Die große Beliebtheit dieser Oper hat zweifellos ihre Wurzeln in der eingängigen Musik mit dem leicht operettigen Einschlag mit so beliebten Nummern wie der Barkarole, dem Lied des Kleinzack, dem Couplet der Olympia oder Antonias Lied von der entflohenen Taube.

Offenbach hat zum Teil Eigenzitate aus anderen Stücken verwendet, aber das Werk nicht zu Ende bringen können. So wurde es von Ernest Guiraud vollendet und im Laufe der Zeit entstanden viele unterschiedliche Fassungen, auch mit Musik anderer »Vollender« oder auch mit der oft praktizierten Umstellung der Aktreihenfolge. So manches davon, wie etwa Dapertuttos berühmte Spiegelarie, ist nicht mehr wegzudenken, wenngleich nicht Offenbachsches Original. Alexandra Liedke bringt eine Fassung, die so offenbachisch wie möglich und gleichzeitig so aktuell überzeugend wie möglich anmutet. Die Szene ist angenehm schlicht gehalten, klar strukturiert (Bühne Falko Herold) und konzentriert sich auf die Charakterisierung der Personen.

Die Handlung, die sich an den Erzählungen des Dichters E.T.A. Hoffmann orientiert und gleichzeitig als sein Porträt gelten kann, schildert den Titelhelden, wie er während einer Aufführung von Don Giovanni in der Theaterkantine, in Abwandlung von Luthers Weinkeller, sitzt und seine Schreibblockade im Alkohol ertränkt. Die Muse, hier identisch gekleidet wie Hoffmann, kann somit als sein höheres Selbst, sein künstlerisches Gewissen und sein eigentlicher Genius gesehen werden.

Sie bringt ihn dazu, seine Sehnsucht nach der Idealfrau, die er in der Opernprimadonna Stella sehen möchte, niederzuschreiben und in seine Kunst einzubringen. Somit bleibt es ambivalent, ob seine Erzählungen Produkte seiner dichterischen Fantasie sind oder Erinnerungen an wahre Erlebnisse. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass nur durch die Leiderfahrung der nicht lebbaren Liebe seine Muse, die Kunst, die wahre Gefährtin seines Lebens ist.

Hoffmann erzählt von den drei Frauen, die das dreifache Wesen in der einen schildern. Franz Supper, der langjährige, verdiente Haustenor des Landestheaters, reüssiert als Hoffmann mit markantem tenoral leuchtenden Einsatz und gibt ein präsentes und überzeugendes Rollenporträt. Mit der rosa Brille, die ihm der zwielichtige Coppelius verabreicht und die ihn die Realität verkennen lässt, verliebt er sich in die Puppe Olympia, die, seelenlos, nur nach automatischem Mechanismus funktioniert. Tamara Ivani singt Olympia koloraturgewandt in französisch, im deutschsprachigen Umfeld damit ihre »Andersartigkeit« unterstreichend.

Hoffmanns Liebe zur Sängerin Antonia wird vom dämonischen Doktor Mirakel zunichte gemacht. In eine überdimensionale Strickdecke gehüllt und an medizinischen Schläuchen hängend, ist sie »verstrickt« in das Erbe ihrer Mutter und wird im Zwiespalt zwischen Liebe und Künstlerin von Mirakel zum verbotenen Singen animiert und in kranker Verbundenheit mit der Mutter zu Tode gebracht. Anne-Fleure Werner ist eine berührende Antonia, stimmlich klangintensiv und strahlend. Die Kurtisane Giulietta, die Hoffmann und sein Spiegelbild und damit um sein Selbst bringt, spielt hier statt in venezianischem Ambiente in neutral gehaltenem Rotlichtmilieu. Passend und anschaulich effektvoll die Videoprojektion zum Verlust des Spiegels. Angela Davis fügt sich stimmlich und darstellerisch ins Konzept. George Humphreys leiht seinen sonoren Bariton und seine imponierende Statur den dämonischen Kräften von Lindorf, Coppelius, Dappertutto und Mirakel.

Hoffmanns guter Geist, die Muse Niklas hat in Carmen Seibel eine ebenso sympathische wie gesanglich und darstellerisch bestens reüssierende Verkörperung. Der Chor singt prächtig und das große brillante Schlussensemble, bei dem nochmals das Barkarole-Thema anklingt, ist eine Art brillante Apotheose. Das Mozarteumorchester unter Adrian Kelly hat einen großen Abend mit klanglicher Delikatesse, vielen Feinheiten und gibt der Partitur die richtige Mischung aus schwelgerischer Ohrwürmigkeit und melodisch klangschattierter Opernqualität. Elisabeth Aumiller