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Premiere in Oldenburg Staatstheater begeistert mit „Jesus Christ Superstar“

Mit ihrer Version von „Jesus Christ Superstar“ erzählt das Oldenburgisches Staatstheater eine moderne Leidensgeschichte und blickt kritisch auf den modernen Starkult.
30.10.2017, 15:16 Uhr
Lesedauer: 2 Min
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Von Wolfgang Denker

Oldenburg. Was für ein Abend! Standing Ovations und rhythmisches Klatschen bis zum Abwinken – eine Publikumsbegeisterung, wie man sie nur selten sieht. Der Anlass war das Musical „Jesus Christ Superstar”, das in einer hinreißenden Produktion am Oldenburgischen Staatstheater präsentiert wurde.

Andrew Lloyd Webber hat sein 1971 in New York uraufgeführtes Werk als „Rockoper“ bezeichnet. In Oldenburg hat man den Focus mehr auf „Rock“ und weniger auf „Oper“ gelegt, was sich vor allem in der Wahl der Fassung ausdrückt. Es gibt kein großes Orchester, lediglich fünf (ausgezeichnete) Musiker kommen zum Einsatz: Jürgen Grimm (Keyboard und Leitung), Tobias Deutschmann (Keyboard), Peter Engelhardt (Gitarre), Rainer Wind (Bass) und Robert Walla (Schlagzeug). Sie liefern Sound und Drive von allererster Güte.

Die musikalische Fassung korrespondiert bestens mit der Interpretation von Regisseur Erik Petersen. Bei ihm ist Jesus der Sänger einer Rockband mit dem Namen „The Prophets“. Zu den Bandmitgliedern zählen Judas, Petrus und Magdalena. Jesus ist eine charismatische Persönlichkeit mit Weltverbesserungs-Visionen, aber er ist auch ausgebrannt, spürt sein nahes Ende.

Petersen hat die Leidensgeschichte Jesu sinnvoll in unsere Zeit übertragen und wirft ein Schlaglicht auf den modernen Starkult. Auch Popstars werden von ihren Fans oft wie ein Messias verehrt und dann schnell wieder fallengelassen. Wie leicht die Massen zu beeinflussen sind und wie dicht hysterische Begeisterung und fanatischer Hass beieinanderliegen, wird in dieser Inszenierung erschreckend deutlich. Judas ist dabei nicht einfach nur der Verräter, sondern genauso auch ein kritischer Beobachter, der deutlich spürt, dass die Ideale von Jesus zunehmend dem Starkult geopfert werden.

Die Regie bleibt der Spritzigkeit und der Turbulenz, die von einem Musical erwartet werden, nichts schuldig, was sich auch in der lebendigen Choreografie von Yoko El Edrisi und in der ironisierenden Personenführung etwa von Herodes und dem Priester Kaiphas ausdrückt. Aber von der Auspeitschung Jesu bis hin zur finalen Kreuzigung schlägt die Stimmung um. Zwar ist das Kreuz mit roten Lampen ausstaffiert (Bühne von Sam Madwar), aber die Szene wird so intensiv gestaltet, dass am Schluss nur noch das Mitleid mit einer wahrhaft geschundenen Kreatur bleibt. Dieses bedrückende Ende geht direkt unter die Haut.

Getragen wird die Aufführung von einem hervorragenden Ensemble, allen voran von Oedo Kuipers in der Titelpartie. Er gestaltet seinen Part mit flexibler, wandlungsreicher Stimme und bestechender Bühnenpräsenz. Den Charakter der Figur zwischen Verzweiflung, Jähzorn und Zuversicht zeichnet er mit feinsten Nuancen. Nicht weniger eindrucksvoll agiert Rupert Markthaler als sein Gegenspieler Judas Ischariot, der gesanglich wie darstellerisch die Vielschichtigkeit der Figur verdeutlicht. Mark Weigel gibt den Pontius Pilatus als perfiden Zyniker. Aus dem Opernensemble sind Martyna Cymerman (Magdalena), Paul Brady (Herodes) und Henry Kiichli (Kaiphas) dabei. Cymerman setzt vor allem in ihrer ruhigen, emotionalen Ballade „I Don’t Know How To Love Him“ mit ebenmäßigem Sopran einen besonderen Höhepunkt. Paul Brady hat sich den Musical-Ton ganz zueigen gemacht und liefert mit „Try And See“ als Herodes eine perfekte Show-Nummer, während Henry Kiichli da doch ein paar Probleme hat. Der Chor in der Einstudierung von Thomas Bönisch gefällt mit Klangfülle und sehr individualisiertem Spiel.

Nächste Termine: Montag, 13. November, sowie Dienstag, 14. November, jeweils um 19.30 Uhr. Alle Termine unter www.staatstheater.de

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