Oldenburg - Jesus oder Judas? Während des Entstehens ihres Musicals „Jesus Christ Superstar” haben Texter Tim Rice und Komponist Andrew Lloyd Webber 1971 eine Weile erwogen, ihre Rock-Version nach dem Namen des Verräters zu benennen. Wer die gefeierte Oldenburger Premiere im Großen Haus des Staatstheaters erlebt hat, versteht das sofort. Judas ist neben Jesus und Maria Magdalena die herausragende Person.

Das liegt zum einen an der Rolle. Judas wird kirre am Gehabe des Erlösers und seiner Jünger. Er sieht die hehren Ziele zum Schaden des Volkes verraten. Rupert Markthaler ist ein glaubwürdiger Interpret dieses zwischen Verantwortungsgefühl und Zweifeln pendelnden Idealisten, sowohl darstellerisch als auch sängerisch.

Jesus, in seinen letzten sieben Lebenstagen ebenso ein Zweifler mit leicht neurotischen Zügen, wirkt dagegen fast etwas statisch. Das überdeckt aber Oedo Kuipers rein schon mit der Kraft seiner Erscheinung und der Wendigkeit, Kraft und Tonhöhe, die der Musical-Jungstar in seine Stimme legt. In ihrer Innigkeit, aber auch, wenn sie aufdreht, dringt Martyna Cymerman als Maria Magdalena besonders dicht zu den Herzen der Zuhörer im ausverkauften Haus vor.

Auf einer Bühne, die einer Zirkusarena ähnelt, bringt Regisseur Erik Petersen zwei Stunden lang ohne Leerlauf das Oldenburger Ensemble, Chor, Extrachor und Tänzer ins Wuseln. Das wetterwendische Volk lässt sich schnell von der gerade angesagten Seite vereinnahmen. Kontemplative Momente unterdrückt Petersen trotzdem nicht.

Die Jesus-Christ-Superstar-Band unter Leitung von Jürgen Grimm heizt die Mischung aus Softrock-Balladen, Gitarrenriffs, Scratch-Sounds und Wiedererkennungs-Melodien angemessen forte aber noch verträglich an und bettet die Akteure immer wieder auf Klangteppiche. In dieser Form wird das Rockmusical im Großen Haus seinen Weg machen, weil es auf sakralen Kitsch verzichtet und Brücken in die heutige Zeit schlägt.

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