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Gianni Schicchi

Oper in einem Akt
Libretto von Giovacchino Forzano nach einer Episode aus dem 30. Gesang des Inferno aus La Commedia Divina (1321) von Dante Alighieri
Musik von Giacomo Puccini

Il tabarro

Oper in einem Akt
Libretto von Giuseppe Adami nach dem Schauspiel La Houppelande (1910) von Didier Gold
Musik von Giacomo Puccini


in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Aufführungsdauer: ca. 2h 30' (eine Pause)

Halbszenische Aufführung
Premiere im Opernhaus Bonn am 1. Januar 2018


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Theater Bonn
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Ein Tag- und ein Nachtstück

Von Stefan Schmöe / Fotos von Thilo Beu


Mit "semikonzertanten" Aufführungen hat die Oper Bonn durchaus schon ein glückliches Händchen bewiesen und gezeigt, dass Reduktion nicht zwingend einen Verlust bedeuten muss, so bei Piazollas Maria de Buenos Aires. So viel programmatischer Mut war wohl nicht im Spiel, als die Auswahl auf Puccinis Einakter Gianni Schicchi und Il tabarro fiel, also den eigentlich dreiteiligen Trittico, gekürzt um das an sich in der Mitte stehende Werk Suor Angelica. Puccini muss natürlich nicht "entdeckt" werden, auch nicht die seltener gespielten Werke, und gerade bei diesen Einaktern stellt sich ja die durchaus spannende Frage nach einer szenischen Lösung, die vermittelnd oder besser noch verbindend wirkt - da ist die halbszenische Version irgendwie doch eine Verlegenheitslösung.

pardon, Foto kommt später

Nichtsdestotrotz: Bei der famosen Komödie Gianni Schicchi, ganz unüblich an den Beginn (und nicht wie von Puccini geplant ans Ende) gestellt, funktioniert die von Mark Daniel Hirsch besorgte szenische Einrichtung ganz ausgezeichnet. Das Orchester sitzt auf der Bühne, davor befindet sich eine Spielfläche aus von unten weiß beleuchteten Platten. Das Bett mit dem verstorbenen Buoso Donati (der dummerweise sein Vermögen nicht der gierigen Verwandtschaft, sondern einem Kloster vermacht hat), dazu ein paar Stühle - das reicht vollkommen. Maria Strauch hat den Darstellern moderne Kostüme verpasst: Erbschleicherei ist wohl eine zeitlose Angelegenheit. Den Rest besorgt das ausgesprochen spielfreudige Ensemble. Renatus Mészár lässt als Schicchi (der sich für den Sterbenden ausgibt und dem eilig herbeigerufenen Notar schnell noch das "passende", allerdings auch sich selbst üppig bedenkende Testament diktiert) nicht nur den bauernschlauen Komödianten, sondern auch den sozialen Aufsteiger erkennen - keine ganz große Stimme, aber doch mit der erforderlichen Präsenz und dem rechten Maß an Esprit. Das zeigen auch durchweg die übrigen Protagonisten, die kaum Wünsche offenlassen. Mit Christian Georg als höhensicherem, beweglichem und nicht zu leichtem Tenor Rinuccio und Sumi Hwang als großformatiger, souverän auftrumpfender Lauretta gibt es dazu ein formidables Liebespaar. Das sehr gute Beethoven Orchester unter der Leitung von Jacques Lacombe begleitet mit der erforderlichen Leichtigkeit. Kurzum: Das Konzept geht auf.

pardon, Foto kommt später

Läuft die flotte Komödie Gianni Schicchi quasi von selbst (tut sie natürlich nicht, denn gerade solche vermeintliche Leichtigkeit muss erst einmal erarbeitet werden), so ist Il tabarro (Der Mantel) als veristische Eifersuchtstragödie doch recht sperrig. Den Grund für die Aufführung liefern hier in erster Linie die Sänger der drei Hauptpartien: Yannick-Muriel Noah als frustrierte und ziemlich resignative Kapitänsgattin Giorgetta, Mark Morouse als eifersüchtiger Gatte Michele und George Oniani als Liebhaber Luigi sind stimmgewaltige, ganz ausgezeichnete Besetzungen (und weil sie ja vorne an der Rampe agieren, wird es ziemlich laut - das ist aber schon das einzige, was es auszusetzen gibt). Zudem treffen sie den Tonfall dieser düsteren Musik gut, und punkten auch als raue, vom Schicksal nicht eben verwöhnte Charaktere. Ceri Williams (in Gianni Schicchi bereits eine resolute Tante) gibt eine beeindruckende Charakterstudie der im Müll wühlenden Frugola, Christian Georg und Martin Tzonev singen nicht minder überzeugende Hilfsarbeiter an Bord des Seine-Schleppkahns. Aufhorchen lässt die junge Ava Gesell in den kleinen Partien der Nella (in Gianni Schicchi) und einem verliebten jungen Mädchen im Tabarro. Dirigent Jacques Lacombe unterschlägt keineswegs die großen Ausbrüche, betont aber Puccinis wie Wellen kreisende Motivik, die zum Ausdruck der Eintönigkeit und Ausweglosigkeit wird, und gibt dem Einakter jenseits des Verismo eine vom Symphonischen her gedachte Form.

pardon, Foto kommt später

Szenisch allerdings bleibt es bei der eher banalen Dreiecksgeschichte mit finalem Mord aus Eifersucht. Es liegt natürlich nahe, schon des fehlenden Bühnenbildes wegen das Stück nicht als sozialkritische Milieustudie zu erzählen, sondern es als Ausdruck der seelischen Verarmung der Protagonisten zu zeigen. So sitzt Giorgetta ziemlich lange allein auf einem Stuhl auf der (hier nachtblau ausgeleuchteten) Spielfläche, noch bevor der erste Ton erklingt (das Publikum wird da schon unruhig). Die anderen Protagonisten laufen immer wieder schwer beladen über die Bühne. Falsch ist das nicht, doch es bleibt eben recht klischeehaft. Den titelgebenden Mantel (der einst das gemeinsame, längst verstorbene Kind von Michele und Giorgetta schützte, am Ende der Oper den Leichnam des von Michele erwürgten Luigi verdeckt) setzt Hirsch ziemlich plakativ ein, was das etwas bemühte Pathos der Situation noch verstärkt. Von hinten schaut Puccini als großformatige Fotografie ein wenig skeptisch zu.

pardon, Foto kommt später


FAZIT

Musikalisch eine tolle Produktion; die halbszenische Umsetzung gelingt bei Gianni Schicchi überzeugend, Il tabarro bleibt arg holzschnittartig.




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Produktionsteam

Musikalische Leitung
Jacques Lacombe

Inszenierung / Raumkonzept
Mark Daniel Hirsch

Kostüme
Maria Strauch

Licht
Friedel Gras

Videografik
Agnes Wittig-Latoszewski


Chor des Theater Bonn

Beethoven Orchester Bonn


Solisten

* Besetzung der Premiere

Gianni Schicchi

Gianni Schicchi
Renatus Mészar

Lauretta
Sumi Hwang

Zita
Ceri Williams

Rinuccio
Christian Georg

Gherardino
Louis Bungartz /
* Maximilian Teschner

Nella
Ava Gesell

Betto von Signa
Leonard Bernad

Simone
Martin Tzonev

Marco
Fabio Lesuisse

Ciesca
Anjara I. Bartz

Il tabarro

Michele
Mark Morouse

Luigi
George Oniani

Il Tinca
Christian Georg

Il Talpa
Martin Tzonev

Georgette
Yannick-Muriel Noah

La Frugola
Ceri Williams

Ein Liederverkäufer
Johannes Mertes

Ein Liebespaar / Sopran
Ava Gesell

Ein Liebespaar/Tenor
David Fischer

Löscher
Ivan Krutikov /
Johannes Mertes /
Leonard Bernad /
David Fischer

Midinettes
Marie Heeschen /
* Ava Gesell /
Anjara I. Bartz /
* Sumi Hwang



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